Trotz Milliardenüberschüssen: Finanzkraft der Kommunen driftet immer stärker auseinander

Die Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland haben in den Jahren 2017 und 2018 historische Überschüsse erwirtschaftet. Dank anhaltend starker Konjunktur steigen Steuern, Investitionen und Rücklagen, während die Kassenkredite schrumpfen. Dennoch nehmen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen starken und schwachen Kommunen immer größere Ausmaße an.

Die deutschen Städte, Gemeinden und Kreise haben 2018 im siebten Jahr in Folge Überschüsse in ihren Haushalten erzielt. Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung lagen die Kommunen in allen Flächenländern der Bundesrepublik 2017 und dann erneut 2018 insgesamt im Plus. Steuereinnahmen und Rücklagen erreichten neue Rekordwerte. Auch bei den Kassenkrediten, gewissermaßen der Dispo der Kommunen, zeichnet sich nach Jahrzehnten des Anstiegs eine Trendwende ab. Doch hinter den guten Gesamtzahlen verbirgt sich ein wachsendes Gefälle. Das zeigt unser Kommunaler Finanzreport 2019. Wie aus der Auswertung hervorgeht, klaffen Steuereinnahmen, Investitionen, Rücklagen und Verschuldung der Kommunen zunehmend auseinander.

Auffällig sind dabei regionale Unterschiede. Während Städte, Gemeinden und Kreise vor allem in Bayern und Baden-Württemberg überdurchschnittlich gut dastehen, gibt die wirtschaftliche Lage vieler Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und im Saarland Anlass zur Sorge.

Konjunktur vergrößert die Unterschiede in der Steuerkraft

Bundesweit befinden sich die Kommunen seit 2012 in einer Phase außerordentlicher Stabilität, bedingt durch eine anhaltend starke Konjunktur. Dies spiegelt sich in den Steuereinnahmen der Gemeinden wider, die seitdem um 36 Prozent angestiegen sind. Obwohl das Steueraufkommen flächendeckend wuchs, fiel der Anstieg in den wirtschaftsstarken Kommunen umso höher aus. Die ohnehin bestehenden regionalen Unterschiede verschärften sich weiter. An der Spitze der Steuereinnahmen lagen 2018 die Kommunen in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg. Die ostdeutschen Kommunen erreichten dagegen im Durchschnitt nur 61 Prozent des westdeutschen Niveaus.

Trendwende bei den Kassenkrediten, aber regional kritische Werte

Die Kassenkredite gelten als zentraler Krisenindikator. Vom Gesetzgeber als Mittel zur kurzfristigen Überbrückung von Haushaltslücken vorgesehen, sind sie in vielen Kommunen zum dauerhaften Finanzierungsinstrument geworden. Sie gehen im Regelfall einher mit hohen Sozialausgaben und Steuersätzen, niedrigen Investitionen und allgemein geringen Handlungsspielräumen für die Lokalpolitik. Bundesweit erreichten diese Kredite 2015 ihren Höchststand mit rund 50 Milliarden Euro. Nach über 20 Jahren des kontinuierlichen Anstiegs setzte ab 2016 eine Trendwende ein, infolge derer die Kassenkredite auf aktuell 36 Milliarden Euro gesunken sind.

Die Belastung aus Kassenkrediten variiert jedoch deutlich zwischen den Ländern. Rund die Hälfte der bundesdeutschen Kommunen ist nahezu frei von Kassenkrediten; am geringsten sind sie in Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen. Das Land Hessen hat 2018 die sogenannte Hessenkasse eingerichtet, um seine Kommunen bei der Entschuldung zu unterstützen. In den Ländern Saarland, Rheinland-Pfalz und NRW liegen hingegen weiterhin bedrohlich hohe Bestände vor. 2017 befanden sich von den 20 Kommunen mit den höchsten Kassenkrediten 19 in Rheinland-Pfalz und NRW.

20 Kommunen mit den höchsten Kassenkrediten je Einwohner 2017

Rangliste                      Name                                       Kassenkredite

in Euro je EW

1                      Pirmasens (kreisfr. Stadt)                      8.239

2                      Oberhausen (kreisfr. Stadt)                   7.634

3                      Kaiserslautern (kreisfr. Stadt)                6.843

4                      Mülheim an der Ruhr (kreisfr. Stadt)  6.241

5                      Hagen (kreisfr. Stadt)                             5.763

6                      Remscheid (kreisfr. Stadt)                     5.314

7                      Zweibrücken (kreisfr. Stadt)                  5.228

8                      Ludwigshafen am Rhein (kreisfr. Stadt) 4.638

9                      Kusel (Gesamtkreis)                               4.222

10                    Trier (kreisfr. Stadt)                                4.178

11                    Essen (kreisfr. Stadt)                               3.864

12                    Wuppertal (kreisfr. Stadt)                      3.691

13                    Worms (kreisfr. Stadt)                            3.630

14                    Herne (kreisfr. Stadt)                              3.605

15                    Solingen (kreisfr. Stadt)                         3.374

16                    Frankenthal (Pfalz) (kreisfr. Stadt)     3.230

17                    Regionalverband Saarbrücken             3.151

18                    Mönchengladbach (kreisfr. Stadt)      3.115

19                    Mainz (kreisfr. Stadt)                            3.114

20                    Birkenfeld (Kreis)                                  3.028

(Quelle: Wegweiser Kommune)

 

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