Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zu IHK-Vermögen

bffk fordert sofortigen Stopp der Beitragsveranlagung in mindestens 36 Industrie- und Handelskammern (IHKn)

Beitragsvolumen von mindesten 423 Millionen Euro betroffen

Am 22. Januar 2020 hat das Bundesverwaltungsgericht nach 2015 erneut den Klagen von IHK-Mitgliedern gegen die Beitragsveranlagung ihrer IHKn (Braunschweig und Lüneburg-Wolfsburg) stattgegeben. Laut der Pressemitteilung des Gerichtes handelt es sich hier aber um ein Grundsatzurteil, dass auch auf andere IHKn übertragbar ist. Die Kläger berufen sich stets darauf, dass eine Beitragsveranlagung deswegen unzulässig ist, weil die IHKn über sinn- und zweckfrei und damit rechtswidriges Vermögen verfügen. Im Mittelpunkt des Streits stand dabei das nach Feststellung des Gerichtes rechtswidrig gebildete Eigenkapital (Nettoposition) der Kammern und überhöhte Rücklagen.

Nach Recherchen des bffk (Bundesverband für frei Kammern) haben bundesweit mindestens 36 IHKn mit insgesamt fast 2,6 Millionen Mitgliedern eine solche rechtswidrige Anhebung des Eigenkapitals von insgesamt gut 60 Millionen Euro praktiziert. Betroffen ist hier allein ein Beitragsvolumen von über 420 Millionen Euro nur für das Jahr 2020. Dazu kommen sämtliche Nachveranlagungen früherer Jahre – ebenfalls im hohen 3-stelligen Millionenbereich, die mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nun genauso unzulässig geworden sind. Denn nach der Rechtsprechung wirken sich auch weit in der Vergangenheit rechtswidrig gebildete Rücklagen auf die aktuelle Beitragsveranlagung aus, solange diese Rücklagen weiter geschont werden. Da das Bundesverwaltungsgericht aber auch die Dotierung weiterer Rücklagen bemängelt hat, sind von dem Urteil weitere IHKn betroffen, sodass die Zahl der betroffenen Mitglieder erheblich höher liegen dürfte.

Bereits nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2015 haben bundesweit fast alle IHKn die rechtswidrige Praxis der Vermögensbildung fortgesetzt. Zwar gab es einen signifikanten Vermögensabbau. Der blieb hinter dem Notwendigen aber weit zurück. Da auch die Rechtsaufsichten der Länder nicht eingegriffen haben, blieb den IHK-Mitgliedern nur erneut der Gang vor die Gerichte. Aktuell betreut der bffk bundesweit ca. 380 Widerspruchs- und Klageverfahren.

Der bffk fordert die Industrie- und Handelskammern nun auf, die Beitragsveranlagung für das Jahr 2020 zu stoppen und ebenfalls von Nachveranlagungen abzusehen bis der notwendige Vermögensabbau vollzogen ist. „Die Millionen wurden von den IHK-Mitgliedern erwirtschaftet. Ihnen steht eine umgehende Erstattung zu“, unterstreicht bffk-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus. Er wiederholt auch die Aufforderung an die Rechtsaufsichten der Länder nun endlich ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Es sei ein Skandal, dass jahrelang tatenlos zugesehen worden sei, wie bereits die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2015 ignoriert wurde.

Nach Recherchen des bffk soll es sich bei den 36 IHKn, die eine rechtswidrige Erhöhung des Eigenkapitals vorgenommen haben, neben den vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelten Fällen der IHKn in Braunschweig und Lüneburg-Wolfsburg um die Kammerbezirke Aschaffenburg, Augsburg, Bayreuth, Bochum, Bonn, Bremen, Chemnitz, Darmstadt, Detmold, Lahn-Dill, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Erfurt, Essen, Flensburg, Fulda, Halle – Dessau, Hannover, Heilbronn, Kassel, Kiel, Koblenz, Köln, Leipzig, Limburg-Lahn, Rhein-Neckar, Nord-Westfalen, Nürnberg, Oldenburg, Osnabrück, Niederbayern, Potsdam, Siegen und Wiesbaden handeln.

 

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