Kein jüdischer Friedhof in Daun

Von Alois Mayer

Bereits mehrmals wurde ich befragt, was es mit dem Friedhof auf sich habe, der dort unter hohen Bäumen an der Bitburger Straße zu sehen ist. Er sei doch sicher ein jüdischer Friedhof. Nein. In Daun hat es nie einen jüdischen Friedhof gegeben. Diese kleine Gräberstätte ist der  sogenannte Evangelische Friedhof, auf dem jedoch keine Bestattungen mehr erfolgen, denn alle Toten der Gemeinde Daun, gleich welcher Konfession, finden ihre letzte Ruhe auf dem Städtischen Friedhof am Rosenberg.

Der Evangelische Friedhof ist auf Veranlassung des Dauner Eifelvereins seit 1980 unter Denkmalschutz gestellt. Heute ist er ein interessanter Beweis der kultur- und lokalhistorischen Geschichte der evangelischen Gemeinde und der Stadt Daun.  Dereinst war er der Gewürzgarten des Apothekers Ludwig Biehaut, einem der wenigen protestantischen Mitbürger der damaligen kleinen Kreisstadt Mitte des 19. Jahrhunderts.

Damals hatten er und seine übrigen Glaubensbrüder keinen leichten Stand unter all den Katholiken, die jedem Andersgläubigen zumindest mit viel Misstrauen und Ablehnung begegneten.  Noch bis nach dem Ersten Weltkrieg war die Frage: „Wo beerdigt man eigentlich einen protestantischen Verstorbenen? Doch nicht in der geweihten Erde eines rein katholischen Friedhofes?“ ein großes Problem.

Dieses Thema, das uns Heutige schmunzelnd den Kopf schütteln lässt, bewegte hingegen das Tagesgeschehen unserer Dauner Vorfahren in heftigem Maße. Streitereien waren nicht selten. Mehr als einmal wurden kirchliche und weltliche Behörden zu Rate gezogen und um eine Entscheidung gebeten. Notlösungen mussten her. Eine davon war die Separierung der evangelischen Toten von den katholischen.

Das bischöfliche Generalvikariat in Trier entschied 1852, dass ein Platz für 15 bis 20 Leichen vom katholischen Friedhof abgetrennt werden solle. Eine kleine ungeweihte Ecke an der Friedhofsmauer rund um die St. Nikolauskirche, an der sonst nur Selbstmörder oder ungetauft verstorbene Kinder begraben wurden. Dieses konnte und wollte Apotheker Biehaut nicht mehr länger dulden.

Denn es betraf auch seine Frau Juliane, geborene Schwarze, die nach einer Totgeburt ebenfalls am 9.11.1851 im Kindbett ihr junges Leben lassen musste. Seine geliebte Frau mitsamt dem Totgeborenen an so unwürdiger Stelle beisetzen? Er stellte bei der Stadt Daun den Antrag auf Neuanlegung eines konfessionseigenen „evangelischen Friedhofs“ außerhalb der Stadt. Dort besaß er selbst einen eigenen Garten, in dem er neben Nutzpflanzen viele Teesorten und Heilkräuter anpflanzte.

Diesen Platz stellte er der Stadt zur Verfügung. Die Verwaltungsmühlen arbeiteten langsam. Biehaut blieb zäh und fordernd. Nach vielem Hin und Her gestattete die Stadt Daun im Jahre 1862 der kleinen evangelischen Gemeinde die Anlage einer Begräbnisstätte. Biehaut selbst fand am 6.2.1883 dort ebenfalls seine letzte Ruhestätte.

Dieses Kulturdenkmal stellt heute eine kleine Oase der Ruhe und Besinnung an der vielbefahrenen Bitburger Straße dar. Etliche über hundert Jahre alte und erhaltenswerte Steinkreuze erheben sich noch aus dem vermoosten Grund, Dokumente einer Begräbniskultur  und –architektur, die der katholischen Pfarrkirche verloren gingen, als im Januar 1945 kriegerische Bomben das Gotteshaus und den um es liegenden Friedhof gänzlich vernichteten.

 

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