Mehr Seelenleiden in den Landkreisen Vulkaneifel, Cochem-Zell und Rhein-Lahn

Ausfalltage über Landesdurchschnitt – Verbreitung von Burnout durch Job-Belastung wird überschätzt

Daun, 11. September 2013. Der Krankenstand in den Landkreisen Vulkaneifel, Cochem-Zell und Rhein-Lahn ist 2012 gesunken. Die Ausfalltage aufgrund von Erkrankungen nahmen wie in Rheinland-Pfalz insgesamt um 0,1 Prozentpunkte ab. Mit 4,2 Prozent lag die Region mit dem Krankenstand über dem Landesdurchschnitt (4,1 Prozent). Damit waren an jedem Tag des Jahres von 1.000 DAK-versicherten Arbeitnehmern 42 krankgeschrieben. Der höchste Krankenstand in Rheinland-Pfalz wurde mit 4,7 Prozent erneut in Pirmasens und dem Landkreis Südwestpfalz gemessen. Der niedrigste Krankenstand im Land wurde mit jeweils 3,8 Prozent in den Landkreisen Trier-Saarburg, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Ahrweiler, Neuwied, Mainz-Bingen und der Landeshauptstadt Mainz verzeichnet.

Wie aus dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport für die Landkreise Vulkaneifel, Cochem-Zell und Rhein-Lahn hervorgeht, nahmen im Vergleich zum Vorjahr bei einigen Diagnosen die Ausfalltage zu. Den größten Anstieg gab es bei den Erkrankungen des Verdauungssystems mit rund 21 Prozent. Auch aufgrund einer psychischen Erkrankung wie Depressionen und Angstzuständen waren rund 20 Prozent mehr Fehltage zu verzeichnen. Grund hierfür war eine um 33 Prozent längere Erkrankungsdauer gegenüber dem Vorjahr. Psychische Erkrankungen kletterten zudem auf den zweiten Rang. Weniger Ausfalltage gab es dagegen bei den Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie nahmen um rund 10 Prozent ab. Die meisten Krankschreibungen erfolgten aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenleiden.

„Der leicht sinkende Krankenstand in der Region ist ein positives Signal“, kommentierte Jürgen Wilhelm von der DAK-Gesundheit die Ergebnisse. „Damit sich die Entwicklung positiv umkehrt, sind Arbeitnehmer und Betriebe gefragt. Zu einem gesunden Leben gehört auch der wichtige Bereich der Arbeit. Durch ein gezieltes Gesundheitsmanagement können Unternehmen selbst dazu beitragen, dass der Krankenstand bei ihren Beschäftigten sinkt. Ansätze bieten zum Beispiel die Themen Ernährung, Entspannung und Bewegung. Hierzu beraten wir gerne.“

Aufklärung über Auswirkungen von Stress im Job

Einen Schwerpunkt setzt die Krankenkasse 2013 mit einer neuen Aufklärungskampagne über die Auswirkungen von Stress im Job: Eine aktuelle Langzeitanalyse für Rheinland-Pfalz zeigt, dass in den vergangenen zwölf Jahren die Fehltage bei psychischen Erkrankungen um 85 Prozent gestiegen sind. Gleichzeitig gingen die Krankschreibungen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Atemwegserkrankungen deutlich zurück.

Sind heute wirklich immer mehr Menschen psychisch krank? Oder haben sich nur die öffentliche Wahrnehmung und der Umgang mit Belastungen geändert. Nach Einschätzung von Experten nehmen die Krankschreibungen aufgrund psychischer Erkrankungen vor allem zu, weil Betroffene und Ärzte inzwischen anders mit seelischen Leiden umgehen. „Viele Arbeitnehmer werden heute mit einem psychischen Problem krankgeschrieben, während sie früher zum Beispiel mit der Diagnose chronische Rückenschmerzen arbeitsunfähig gewesen wären“, erklärt Wilhelm von der DAK-Gesundheit.

Burnout ist kein Massenphänomen

Vor zehn Jahren spielte auch das „Burnout“ bei Krankschreibungen kaum eine Rolle. Die aktuelle Diskussion über einen steilen Anstieg der Erkrankung in jüngster Zeit muss relativiert werden. So tritt bei Fehltagen zum Beispiel die Diagnose Depression acht Mal häufiger auf. 2012 haben die Ärzte in Rheinland-Pfalz nur bei jedem 740. Mann und jeder 430. Frau ein „Ausbrennen“ auf der Krankschreibung vermerkt. „Burnout ist offensichtlich kein Massenphänomen“, betont Wilhelm. „Es ist eine Art Risikozustand und keine Krankheit.“ Der Begriff sei aber durch viele Medienberichte positiver besetzt und sozial akzeptierter als eine Depression.

Ständige Erreichbarkeit führt zu Depressionen

Laut Studie der DAK-Gesundheit sind auch berufliche Telefonate außerhalb der Arbeitszeit sehr viel weniger verbreitet, als die öffentliche Debatte vermuten lässt. In Rheinland-Pfalz geben zum Beispiel fast 54 Prozent der Beschäftigten an, dass sie noch nie außerhalb der Arbeitszeit von Kollegen angerufen wurden. 67 Prozent der Befragten bekommen nach Feierabend auch keine E-Mails. Allerdings steigt mit dem Ausmaß an Erreichbarkeit auch das Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken. Jeder vierte Beschäftigte, der ständig erreichbar ist, leidet unter einer Depression. Wilhelm: „Für diese kleine Gruppe hat der Wegfall der Grenze zwischen Beruf und Privatleben einen hohen Preis.“

Obwohl psychische Erkrankungen meist zu sehr langen Ausfallzeiten führen, ist die Diagnose aus Sicht der Beschäftigten in vielen Unternehmen weiterhin eine Art Stigma. Ein Vergleich der DAK-Gesundheitsreporte für die Jahre 2004 und 2012 zeigt, dass aktuell das Verständnis von Mitarbeitern und Kollegen eher pessimistischer eingeschätzt wird. „Hier besteht dringender Handlungsbedarf für Betriebe und betroffene Mitarbeiter, das Thema aus der Tabuzone herauszuholen“, fordert  Jürgen Wilhelm von der DAK-Gesundheit. Neue Daten zeigen: Rund 42 Prozent der Beschäftigten in Rheinland-Pfalz würden es möglichst niemanden sagen, wenn sie an einer psychischen Erkrankung leiden.

Ärzte sehen mehrere Gründe für Anstieg

Die in die Studie einbezogenen Ärzte sehen in Arbeitsverdichtung, Konkurrenzdruck und langen Arbeitszeiten eine Ursache für mehr Krankschreibungen mit psychischen Diagnosen. Aus Sicht der Mediziner gibt es für nicht so leistungsfähige Mitarbeiter immer weniger Platz in der Arbeitswelt. Ferner führe fehlender sozialer Rückhalt außerhalb der Arbeitswelt zu mangelnder Widerstandsfähigkeit gegenüber psychischen Beschwerden.

Die DAK-Gesundheit hat rund 380.000 Versicherte in Rheinland-Pfalz.

 

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