Peter Quirin Wallenborn

Landwirt und Reichstagsabgeordneter aus Bitburg

Peter Quirin Wallenborn
Peter Quirin Wallenborn

Als Peter Quirin Wallenborn am 30. März 1848 in Bitburg als Sohn eines Gerbermeisters geboren wurde, befanden sich die Menschen in den deutschen Landen in gespanntester Erwartung und Hoffnung zugleich. In Frankfurt hatten sich fast 600 Vertreter aus den Einzelstaaten der noch nicht geeinten deutschen Nation versammelt, um am darauffolgenden Tag in der Paulskirche feierlich die erste Sitzung des Vorparlaments zur deutschen Nationalversammlung zu eröffnen. Blutige Revolutionsunruhen in Preußen und anderen europäischen Staaten hatten im Lauf des März 1848 die gewohnte Ordnung erschüttert. In Berlin waren bei gewaltsamen Protesten Hunderte Menschen ums Leben gekommen, in München musste König Ludwig I. abdanken. Auch die preußische Eifel war von diesen Unruhen erfasst; ein Bitburger, der Jurist und Landrat Nikolaus Thilmany, war sogar Mitglied des Vorparlaments.

Seiner sozialen Herkunft nach hätte Peter Wallenborn gut zu den bürgerlichen Revolutionären von 1848 gepasst. Sein Vater war angesehener Gerbereibesitzer und die Wallenborns gehörten seit dem 19. Jahrhundert zu den respektabelsten Bitburger Familien. Der noch in Kyllburg geborene Johann Peter Wallenborn (1784–1839) hatte die Bitburgerin Katharina Post geheiratet und eine Brauerei errichtet, die nach der Heirat der Tochter Elisabeth Wallenborn mit Ludwig Bertrand Simon Grundlage der heute weltberühmten Bitburger Brauerei wurde. Die Wallenborns waren bereits in Kyllburg Gerber und Brauer gewesen, vorher findet man Angehörige der Familie Wallenborn als Erbpächter auf Hof Eulendorf.

Peter Quirin Wallenborn besuchte zunächst die Volksschule zu Bitburg, danach die Gymnasien in Trier (1862–1864) und Münstereifel, wo er 1868 Abitur machte, bevor er im gleichen Jahr mit dem Studium der Klassischen Philologie und Philosophie in Bonn begann; Bonn war gerade damals mit Professoren wie Jacob Bernays und Hermann Usener ein Glanzlicht deutscher Klassischer Philologie. Die Fächerwahl deutet darauf hin, dass der junge Bitburger eine akademische Karriere anstrebte und vielleicht wäre aus ihm ein ähnlich bedeutender Gelehrter geworden wie dies bei einigen seiner Kommilitonen später der Fall war. Aber Wallenborn war, wie es später das Reichstags-Handbuch vermeldete, „durch langjährige Erkrankung genötigt, die Studien aufzugeben“. Welcher Art diese Krankheit war, ist unbekannt, aber sie hinderte Wallenborn offenbar nicht daran, am deutsch-französischen Krieg 1870/71 teilzunehmen. Danach widmete sich der Gerbersohn, der auch an der Geschichte des Bitburger Landes sehr interessiert war, der Landwirtschaft und dem Gartenbau in seiner Vaterstadt. Sein spezielles Interesse galt dem Obstbau, später gab er als Beruf „Baumschulenbesitzer“ an. Als Baumkenner wandelte Wallenborn teilweise auf den Spuren seines Vaters, dessen Rat als Lohe-Experte hoch geschätzt wurde. Wallenborns Einstieg in die Politik erfolgte über die Bitburger Kommunalpolitik.

Er wurde Erster Beigeordneter seiner Geburtsstadt und war von 1888 bis 1902 Mitglied des Kreisausschusses Bitburg. Weit über den lokalen Bereich hinaus erweiterte sich der politische Aktionsradius, als Wallenborn für die Zentrums-Partei sowohl Mitglied des Preußischen Landtags (seit 1893) als auch des Reichstags wurde. Im Reichstag vertrat Wallenborn ab 1896 über mehr als zwei Jahrzehnte den Wahlkreis 5 (Regierungsbezirk Koblenz). 1907 siedelte er nach Remagen über, ließ aber die Verbindungen zur Bitburger Heimat keinesfalls abreißen. Nach vielen Jahren als Stellvertreter wurde er 1911 Vorsitzender des Trierischen Bauernvereins. Die Landwirtschaftspolitik war zweifellos das Spezialgebiet des Eiflers, was 1916 mit der Ernennung zum Landesökonomierat gewürdigt wurde. Bereits 1913 hatte er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bitburg erhalten, fast genau 40 Jahre nach dem oben  genannten Nikolaus Thilmany, der sich wie Wallenborn besonders für die  heimische Landwirtschaft engagiert hatte. Erstaunliches Phänomen: Drei der vier seit 1913 bis heute hinzugekommenen Ehrenbürger Bitburgs sind als Nachkommen des Brauers Johann Peter Wallenborn mit dem Reichstagsabgeordneten verwandt.  Die letzten Lebensjahre Wallenborns wurden vom düsteren Geschehen des Ersten Weltkriegs dominiert und überschattet. Am 16. Mai 1917 verstarb der populäre Abgeordnete, der stets mit mehr als 85 % der Stimmen in den Reichstag gewählt worden war – zweimal sogar mit über 96%! Wallenborns Todestag fiel mit dem Ende der gigantischen Schlacht von Arras zusammen, einer der verheerendsten des Weltkriegs mit Hunderttausenden von Opfern. In seiner Heimatstadt ist eine Straße nach dem Politiker benannt, der während einer gescheiterten Revolution geboren wurde und während eines Krieges starb, der sich aber in der Zeit dazwischen um seine Heimat verdient gemacht hatte.

Verfasser: Gregor Brand

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