Interview: Es gibt keinen Durchmarsch

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Knut Wichmann

Gerolstein. Drei Kandidaten stellen sich zur Wahl des neuen Stadtbürgermeisters in Gerolstein: Der amtierende Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos), Heinz Weber (FWG), bekannt als Gewerbevereinsmitglied und Friedhelm Bongartz (CDU). Die Sichtweisen der drei Kandidaten sind, was die Stadt Gerolstein betrifft, sehr unterschiedlich. Mit dem Bonus des amtierenden Stadtbürgermeisters ausgestattet, könnte Bernd May einen kleinen Vorteil haben. Die Eifel-Zeitung hat einmal mit May’s Gegenkandidat von der letzten Wahl aus 2010 gesprochen. Lesen Sie mal, warum Herr Wichmann nicht mehr als Kandidat angetreten ist und  wie sein Blickwinkel auf die anstehende Stadtbürgermeisterwahl aussieht:

EAZ: Sie waren 2010 Kandidat für die Stadtbürgermeisterwahl in Gerolstein und dem Amtsinhaber Bernd May unterlegen. Für die zurückliegenden 3½ Jahre zieht Herr May aus seiner Sicht eine positive Bilanz. Wie sieht denn Ihre Bilanz als “Nicht-Bürgermeister“ aus?

Wichmann: Ja, Gerolstein hat sich im Herbst 2010 für Bernd May entschieden und mich “auf die Couch“ geschickt. Monate danach standen die ersten Unzufriedenen bei mir, enttäuscht wegen der “überheblichen“ Art ihres Bürgermeisters bei der Bürgerinformation, den “Rätseln“ beim Postgebäudeverkauf und der erlebten Ignoranz in Sachen Bürgerbeteiligung beim Rondellbrunnen. Nein, helfen konnte ich da nicht wirklich, die “Würfel“ waren gefallen und das hatte ich zu respektieren. Aber Vorwürfe, einen des fairen Miteinanders wegen sehr zurückhaltenden Wahlkampf geführt zu haben, mache ich mir schon bis heute.
Da ich selbst kein Ratsmitglied bin, habe ich kein unmittelbares Mitwirkungsrecht und musste oft als Zuhörer die “Faust im Sack“ machen, konnte meine Stimme nicht erheben, musste mit ansehen, wie Wahlversprechen von Transparenz, Offenheit, Beteiligung und Miteinander immer mehr vergessen wurden. Wenn ich mir dann heute die Liste des Erreichten ansehe, dann frage ich mich schon, wie kann sich das ein Einzelner ans Revier heften?
Der Wähler vergisst zwar ziemlich schnell, er durchschaut aber, wenn sich einer alle Erfolge zu eigen macht, obwohl vom “Grundstein – der Idee – bis hin zur Realisierung“ das Ringen um bezahlbare und tragfähige Lösungen die Leistung vieler Hände und Köpfe war, oft sogar gegen das Votum des Stadtoberhauptes.

EAZ: Sie hätten ja noch einmal antreten und sich zur Wahl als Stadtbürgermeister stellen können. War das eine Option für Sie oder warum haben Sie sich dagegen entschieden ?

Wichmann: Einmal “Rote Karte“ reicht doch, oder ? Gerolstein hat mir doch eindeutig zu verstehen gegeben, dass meine Vision vom transparenten, offenen und ehrlichen, uneigennützigen Miteinander zum Wohle Gerolsteins, seiner Bürgerinnen und Bürger wie auch unserer Gäste, der Gewerbetreibenden, Geschäftsleuten sowie der Verwaltung nicht gewollt ist. Unzufriedenheit und Kritik ist das eine, die Alternative aber wäre, Ärmel hoch und mit anpacken. Und das genau war mein Angebot 2010, vorne weg zu gehen und alle mitzunehmen. Als Team. Mit einem klar definierten Leitbild als Zielvorgabe. Jeder wusste, wo es hingehen soll, aber auch, dass er selbst mitmachen muss. Schade. Gerolstein wollte lieber das “weiter so“. Ja, ich hatte ernsthaft überlegt, mich ein weiteres Mal anzubieten, den Neustart für das “Team Gerolstein – alle machen mit“ als Teamleiter auf den Weg zu bringen. Vielfach wurde ich auch aufgefordert, nochmal anzutreten. Aber auch 2010 hatten mir hunderte fest zugesagt, mich zu unterstützen. Diese Unterstützung blieb dann aber am Wahlsonntag schon auf der Strecke. Gerolstein ist scheinbar noch nicht “reif“ für das Leitbild “Team-Stadt“.

EAZ: Und welchen Wahlausgang erwarten Sie? Wer macht das Rennen, wird Stadtbürgermeister?

Wichmann: Ich bin ja kein Prophet, aber ich glaube nicht an einen “Durchmarsch“ eines Kandidaten schon am 25.Mai. Bernd May ist wenig geliebt, hat aber den Bonus des Amtsinhabers. Friedhelm Bongartz ist Kandidat der Mehrheitspartei, gute Voraussetzungen, eine Wahl zu gewinnen. Und Heinz Weber ist kein Unbekannter als ehemaliger Vorsitzender des GeroTeams und Investor. Es wird auf eine Stichwahl am 08. Juni hinauslaufen und dabei könnte der amtierende Stadtbürgermeister Bernd May durchaus “auf der Strecke“ bleiben. Es ist alles offen!

EAZ: Wie haben Sie sich selbst entschieden, wer von den dreien bekommt Ihre Stimme?

Wichmann: Ich habe ja auch öffentlich keinen Hehl aus meiner Sympathie für Friedhelm Bongartz gemacht : Der Mann überzeugt mich, weil er absolut unabhängig und integer ist, ein “Drahtseilakt“ zwischen Broterwerb und Amtsführung bei ihm ausgeschlossen werden kann. Er ist aktiv und topfit – körperlich wie geistig – , offen für neue Ideen und Wege, geht auf die Bürger zu, bindet sie ein und beteiligt sie. Ganz sicher bin ich nicht der typische CDU-Wähler, mit Friedhelm Bongartz hat Gerolstein nach meiner Bewertung aber die beste Perspektive. Ich vertraue ihm.

EAZ: Sie selbst ziehen sich nicht aus der Kommunalpolitik zurück, Ihr Name findet sich auf den BUV-Listen für Stadtrat und Verbandsgemeinderat Gerolstein sowie für den Kreistag Vulkaneifel. Ein Politik-Ausstieg kommt für Sie nicht in Frage ?

Wichmann: Nein, selbstverständlich nicht. Ich halte an meinem Leitbild “Teamstadt Gerolstein – alle machen mit“ fest und werde auch weiter daran arbeiten. Und was den Kreistag angeht, müssen dort Gerolsteiner Stimmen die Zukunft unserer Stadt mitbestimmen? Wer weiß heute schon, ob es den Vulkaneifelkreis “morgen“ überhaupt noch gibt? Wenn die Gerolsteiner das wollen, dann werde ich mich in diesen Gremien für sie engagieren. Dann will ich dort gerne “Bürgers Stimme“ sein und mich für sie stark machen, Ratskollegen überzeugen, den Verwaltungen “auf die Finger schauen“. Als Gerolsteiner für Gerolstein, als Vulkaneifler für die Vulkaneifel und immer das eine Ziel vor Augen : Zum Wohle aller.

EAZ: Wir bedanken uns für die offenen Worte und wünschen im Falle Ihrer Wahl in den Kreistag – gutes Gelingen!

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