Interview: Fusion führt nicht zur Optimierung der Verwaltungsebene

Manderscheid. Der Ministerrat des Landes Rheinland-Pfalz hat einer Fusion der beiden Verbandsgemeinden Manderscheid und Wittlich-Land zugestimmt. Die Eifel-Zeitung sprach mit dem Manderscheider Verbandsbürgermeister Wolfgang Schmitz über die Auswirkungen auf den Gebietsstand. schmitz_wolfgang_29_13EAZ: Als Gründe für die Reform nennt die Landesregierung vor allem die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen. Bringen diese teilweise nicht auch erhebliche Veränderungen der Bedeutung und des Umfangs öffentlicher Aufgaben mit sich?
Schmitz: Zweifellos gibt es auch in der Verbandsgemeinde Manderscheid ein demografisches Problem. Die Anzahl der Menschen wird in unserem ganzen Lande weniger und die Menschen werden – Gott sei Dank – älter. Dies führt zu großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, vor allem in unseren ländlichen Regionen. Die Kommunalpolitik wird Lösungen anbieten und künftige Entwicklungen aufzeigen müssen, damit es auch in den kommenden Jahrzehnten attraktiv bleibt, hier auf dem Lande zu wohnen und zu leben. Eventuell wird es auch einen verstärkten Zuzug von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern geben, denn auch in Zukunft werden wir hier vor Ort qualifizierte Arbeitsplätze benötigen, um unser gutes Lebens- und Wohnniveau auf Dauer aufrecht zu erhalten. Außerdem sind die Preise für Wohneigentum im Vergleich zur Stadt immer noch sehr günstig, was sich gegebenenfalls sehr positiv für den ländlichen Raum auswirken könnte. Also, die öffentlichen Aufgaben auf dem Lande werden sich teilweise erheblich verändern und es bedarf neuer intelligenter und innovativer Prozesse, um die Zukunft erfolgreich zu gestalten.

EAZ: Die Kommunal- und Verwaltungsreform erstreckt sich im Wesentlichen auf die drei Hauptthemen Optimierung der Zuständigkeiten für die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, von Verfahrensabläufen und der kommunalen Gebietsstrukturen. Sollen durch diese „Optimierungen“  die Verbandsgemeinen zukunftsfähig gemacht werden?
Schmitz: Man spricht immer wieder von Optimierungen von Verwaltungsprozessen, ohne jedoch dies weiter zu konkretisieren. Auch redet  man von einer verbesserten Effizienz des Verwaltungshandelns. Letztlich geht es aber immer nur um Geld oder finanzielle Ressourcen, die eingespart werden sollen. Allerdings hat man bisher die tatsächlichen Verwaltungskosten im Vergleich zu größeren Verwaltungen bewusst nicht verglichen. Die Verbandsgemeinde Manderscheid könnte nämlich beweisen, dass sie im Kernbereich wesentlich günstiger arbeitet wie viele andere Verwaltungen. Diese Tatsache wurde jedoch seitens des Landes völlig ignoriert und man hat zu diesem Punkt keine Stellung bezogen. Ob große oder übergroße Verwaltungen tatsächlich effektiver und kostengünstiger sind, darf – auch nach Meinung vieler Experten – sehr bezweifelt werden. Auch die Nähe zum Bürger geht nachweislich zunehmend verloren. Letztlich gehen die politischen Mitwirkungsmöglichkeiten auf der gesamten Selbstverwaltungsebene auf Dauer zum großen Teil verloren. Dies ist für eine größere ländliche Region auf Dauer sicherlich nicht förderlich und führt zu weiterer Politikverdrossenheit. Deshalb kann von einer Optimierung der Verwaltungsebene Verbandsgemeinde eigentlich keine Rede sein.

EAZ: Manderscheid hat seine Zukunftsstrategie völlig in Richtung Tourismus ausgelegt, dieses Thema wird in der VG Wittlich-Land eher auf Sparflamme geköchelt. Was bedeutet die Fusion für den Tourismusbereich?
Schmitz: Die Verbandsgemeinde Manderscheid ist nicht allein im Bereich Tourismus unterwegs, sondern hat sich insgesamt wirtschaftlich hervorragend entwickelt. Dies belegen die vielen kleinen und größeren Gewerbegebiete in unserer VG. Die früher durch die Landwirtschaft geprägte Region verfügt über eine erstklassige Infrastruktur und hat nur eine minimale Arbeitslosenquote. Der Tourismus spielt natürlich eine wichtige Rolle und sichert annähernd 800 Vollarbeitsplätze bei einer Bruttowertschöpfung von fast 17 Mio. € jährlich. Um diesen Wirtschaftsbereich muss man sich auch zukünftig kommunalpolitisch intensiv kümmern. Deshalb gilt es die bisherigen vielen Aktivitäten auf den unterschiedlichen Ebenen auch künftig nachhaltig zu unterstützen und bestmögliche Rahmenbedingungen dauerhaft zu verankern.

EAZ: Mit dem Thema Windkraft ist man in Manderscheid sehr sensibel umgegangen, obwohl auf der Gemarkung etliche Windräder gebaut und hohe Einnahmen erzielt werden könnten. Wird jetzt ein Umdenken stattfinden?
Schmitz: Das Thema „Windenergie“ wird derzeit in der Verbandsgemeinde Manderscheid, wie auch andernorts, sehr heftig diskutiert. Bisher gibt es auf keiner Gemarkung unserer Ortsgemeinden ein Windrad. Viele Ortsgemeinden wollen jedoch die Windenergie, insbesondere zur Verbesserung ihrer gemeindlichen Finanzen nutzen. Derzeit wird an einer Aktualisierung des Flächennutzungsplanes gearbeitet und es wird eine spannende Frage sein, ob und wie viele Windkraftanlagen in der Verbandsgemeinde Manderscheid möglich sein werden. Vieles wird im Rahmen der Fortschreibung des Flächennutzungsplanes überprüft werden müssen. Hier spielen sehr viele Gesichtspunkte eine Rolle. Vom Natur- und Landschaftsschutz, über Bauschutz- und Kontrollzonen zu den Flugplätzen Spangdahlem und Büchel bis hin zum Wetterradar in Neuheilenbach gibt es sehr unterschiedliche  Konfliktpotentiale.  Sehr wichtig wird aber das gesetzliche Kriterium „landesweit bedeutsame historische Kulturlandschaften“ sein, was derzeit für den Bereich der Vulkaneifel gutachterlich bewertet wird. In diesem Punkt warten viele Ortsgemeinden auf die Vorlage eines vom Land Rheinland-Pfalz beauftragten Gutachtens, was im August 2013 der Regionalen Planungsgemeinschaft in Trier zur endgültigen Gebietsfestlegung vorgelegt werden soll.

EAZ: Auch auf die Ansiedlung störender Gewerbebetriebe wurde bisher in Manderscheid verzichtet. Werden sich nun doch Gewerbebetriebe hier ansiedeln?
Schmitz: Der Stadt Manderscheid war es bisher wichtig, durch ihre besondere Funktion im Tourismus bzw. der guten Wohnqualität möglichst auf große störende Gewerbegebiete bzw. Gewerbeansiedlungen zu verzichten. In Manderscheid wurden in den letzten Jahrzehnten insbesondere im Rahmen der Städtebauförderung fast alle Straßen „verkehrsberuhigt“ hergestellt. Dies sollte die vorhandenen Verkehrsströme durch das „kleine Städtchen“ positiv beeinflussen, was auch gelungen ist. Die Ansiedlung künftiger Gewerbebetriebe wird sicherlich immer auf den Einzelfall bezogen sorgfältig geprüft und von den politischen Vertretern abgewogen werden müssen.

EAZ: Wäre, aus Ihrer Sicht, eine Fusion mit der Verbandsgemeinde Daun die bessere Alternative gewesen?
Schmitz: Ob eine mögliche Fusion mit der Verbandsgemeinde Daun eine bessere Alternative wäre, ist zum heutigen Zeitpunkt sehr schwer zu beantworten. Die Verbandsgemeinde Manderscheid ist zwar eine kleine, aber sehr gut aufgestellte, nicht überschuldete Verbandsgemeinde, die nach Auffassung der überwiegenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nicht aufgelöst werden sollte, sondern auch in Zukunft – vielleicht in vergrößerter Form – weiterbestehen bleiben sollte. Die politisch Verantwortlichen werden jedenfalls mit aller Konsequenz dafür kämpfen.

EAZ: Danke für das Gespräch!

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