Anton Oehmbs

Die auf dem Gebiet Spangdahlems gelegene frühere Brandenmühle war jahrhundertelang wichtige Bannmühle des Klosters Himmerod. Auf die dort im 16. Jahrhundert ansässige Müllerfamilie können viele Südeifler Familien namens Brand ihren Ursprung zurückführen. Ob auch der 1735 geborene Anton Oehmbs (auch Oehms, Oems etc.) Nachfahre dieser alten Brandenmüller-Familie war, steht trotz sehr interessanter neuerer Untersuchungen des Genealogen Karl Oehms zur Brandenmühle und zu seinem Verwandten Anton Oehmbs nicht fest. In den Wirren des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) war die Mühle für Jahrzehnte aufgegeben und verlassen worden.

Dennoch weiß man über Herkunft und Lebensgang des Theologen Anton Oehmbs mehr als über die allermeisten seiner Zeitgenossen. Oehmbs war ein Sohn aus der zweiten Ehe der Brandenmüllerin Anna Katharina Becker mit dem Manderscheider Nikolaus Oehmbs. Antons Mutter stammte von einer Schwester des Theologen Dr. Johannes Binsfeld ab und war insofern auch mit dem bekannten Hexentheoretiker und Weihbischof Dr. Peter Binsfeld aus dem gleichnamigen Südeifeldorf verwandt. Vielleicht erhoffte man sich auf der Brandenmühle für Anton eine ähnliche Karriere. Jedenfalls wurde er zum Studium von Philosophie und Theologie nach Trier geschickt, wo er knapp 17-jährig sein Bakkalaureat erwarb und bereits wenige Monate später durch Tonsur und niedere Weihen Kleriker wurde. Magisterstudium, Doktorat und schließlich 1758 die Priesterweihe waren weitere Stationen. Aber das Lernen hörte nicht auf: Oehmbs studierte nun weltliches und geistliches Recht und brachte es durch intensives Selbststudium zu großen Kenntnissen in den Bibelsprachen Altgriechisch und Hebräisch.

Der äußere Lohn dieser Mühen erfolgte 1764 mit der Ernennung zum Professor für Heilige Schrift, Exegese und orientalische Sprachen an der Universität Trier. Mit seinen Vorlesungen zur Auslegung der Bibel betrat er in Trier Neuland, denn die Exegese der biblischen Urtexte hatte bis dahin in der Ausbildung ein eher stiefmütterliches Dasein geführt. Oehmbs, Verfasser einer  Vielzahl von Schriften zu einer bemerkenswerten Bandbreite von Themen, gehörte rasch zu den angesehensten Trierer Theologen; zwischen 1768 und 1771 war er mehrfach Dekan. Aber nicht minder schnell kam es zum akademischen Karrierebruch: Bis zur Auflösung der Fakultät 1798 durch die Franzosen blieb er zwar Fakultätsmitglied, aber bereits 1774 zwang ihn Kurfürst Clemens Wenceslaus, seine Vorlesungen einzustellen. Hintergrund dieses Konflikts waren die theologischen Anschauungen, die Oehmbs zur Trinitätslehre, also zur Vorstellung von der dreifaltigen Natur Gottes, entwickelt hatte. Im Gegensatz zur herrschenden katholischen Auffassung sah der Südeifler in der Dreifaltigkeit kein unbegreifliches Mysterium, sondern hielt sie für rational begründbar und begreifbar. Das war seiner Ansicht aber nur möglich, wenn man die Idee einer numerischen Einheit von Gottvater, Sohn und Heiligem Geist aufgab. Jahrzehntelang kämpfte Oehmbs unter Aufbietung enormer Gelehrsamkeit unbeugsam für seine Theorie, für die er einerseits als Rationalist angefeindet, andererseits als Ketzer verspottet wurde. Mochte auch der Papst gegen ihn sein, für Oehmbs galt: „Ich werde von dieser Lehre nicht lassen, auch wenn ein Nero oder Diokletian mir mit dem Tode drohte.“ Auch sonst bewies Oehmbs, dass er ein unabhängiger Kopf war, der sich keineswegs dem aufklärerischen Zeitgeist anpassen wollte. Obwohl seine fortschrittsgläubigen Oberen von ihm erwarteten, dass er die „Wunderheilungen“ des Franziskanerpaters Knörzer als Humbug abqualifizieren würde, ließ Oehmbs nach Anhörung von Zeugen die Frage bewusst offen. Diesmal hatte dies seine Entlassung vom Amt als Fiskal des Generalvikariats zur Folge.

Dabei bestand nie Zweifel daran, dass der selbstbewusste Akademiker Oehmbs auch über vielseitige praktische Begabung verfügte. Viele Jahre lang war er ein gewissenhafter Verwalter des Stiftes St. Paulin, der seine Arbeiten mit penibler Handschrift erledigte. Der handwerklich und zeichnerisch begabte Oehmbs galt zudem als meisterlicher Schreiner und Drechsler, der kunstvolle Stücke sogar aus Elfenbein und Metall schaffen konnte. Trotz der teilweise bis heute anhaltenden Kritik an seiner „altmodischen“ Grundhaltung blieben dem charakterfesten Theologen gegen Lebensende äußere Ehrungen nicht versagt. 1809 starb der Professor von der Brandenmühle, der immer den Kontakt zu Verwandten und Bekannten in der Südeifel gepflegt hatte,  in Trier als Ehrendomherr und Domkapitular.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen