August Weckbecker

Bildhauer, Altarbauer und Maler aus Münstermaifeld

„Ein gottbegnadeter Künstler“: So charakterisierte der Kunsthistoriker Michael Hartig (1878 – 1960) den am 28. Mai 1888 in Münstermaifeld geborenen August Weckbecker. Eine Einschätzung, die von zeitgenössischen Kennern und Freunden katholischer Kunst geteilt wurde – bis hin zu Papst Pius XII. Die Anfänge dieses auch von Ludwig III., dem letzten König von Bayern, bewunderten Künstlers, lagen in einer Handwerkerfamilie aus dem Eifler Maifeld. Die zahlreichen Weckbecker-Familien dieses Gebietes haben ihren Ursprung in dem dortigen Dorf Naunheim, wo der Name bereits im 16. Jahrhundert nachweisbar ist.

August, Sohn des aus dem benachbarten Gierschnach stammenden gelernten Lohgerbers Johann Peter Weckbecker und dessen Frau Helene Alt, besuchte zeitlebens alljährlich seinen Geburtsort, obwohl er dort nur seine Kinderjahre verbracht hatte. Die Familie mit ihren vier Kindern war noch vor 1900 nach Lorch (Rheingau) gezogen, in den Heimatort von Augusts Mutter. In Lorch ging er zur Volksschule, dann wechselte er auf die Rheingauschule Geisenheim. Aber am Unterricht fand er wenig Gefallen. Seine Begeisterung galt dem Schnitzen, Formen, Malen. So brach er die Schule ebenso ab wie eine kurze Kaufmannslehre und wurde Lehrling bei einem Steinbildhauer. Auf dem Weg zu seinem Traumberuf Künstler zog Weckbecker, der später als sehr lebhafter Rheinländer geschildert wurde, 1909 nach München. Die Aufnahmeprüfung an der Kunstakademie bestand er im zweiten Anlauf mit glänzendem Ergebnis. Ab 1910 gehörte er zur Klasse des Meisterbildhauers und Akademieprofessors Balthasar Schmitt (1858 – 1942). Wie Schmitt, so konzentrierte sich auch Weckbecker auf sakrale Kunst. Zu seinen ersten Schöpfungen gehörte um 1911/12 das Hauptportal-Tympanon der Dreifaltigkeitskirche in Wiesbaden. Nicht nur seine Familie, die seit etwa 1907 in Wiesbaden lebte, bewunderte dieses Werk, bei dem der verliebte Kunststudent Weckbecker das Gesicht der heiligen Elisabeth nach dem Vorbild seiner Braut, der Schweizerin Ottilie Schönenberger (geb. 1886), gestaltete. Die spätere Konzertviolinistin studierte damals am Konservatorium in München Musik (Violine); das Paar heiratete 1915 in Zug, dem Heimatort Ottilies. Ein Jahr später wurde Weckbecker, ohne davon Aufhebens zu machen, Benediktiner-oblate; er verpflichtete sich also, sein Leben im Geist des Benediktinerordens zu führen.

Zum Zeitpunkt der Hochzeit war der junge Weckbecker bereits ein recht bekannter Bildhauer, dessen Name bei den Spitzen der Münchener Gesellschaft einen besonderen Klang hatte. Im Juni 1917 besuchte ihn König Ludwig III. in seinem Atelier und verlieh dem erst 29-Jährigen den Professorentitel. Weckbecker wurde von kirchlichen und weltlichen Institutionen sowie wohlhabenden Bürgern mit Aufträgen überhäuft. 1922 konnte er in der Münchner Kaulbachstraße ein großes Wohnhaus erwerben, sein benachbartes Atelier wurde sein neues Schaffenszentrum. Von München aus unternahm er Reisen in die Kunstzentren Spaniens, Italiens und Frankreichs. Seine Schaffensbreite, die sich in Hunderten von teils sehr aufwändigen Werken zeigte, ist eindrucksvoll. Unter Verwendung ganz unterschiedlicher Materialien schuf er realistische Porträtbüsten, Schnitzaltäre, Holzplastiken, imposante Grabmäler. Sein Œuvre umfasst eine Büste von Papst Benedikt XV., für die ihm der Papst persönlich Modell stand, das Porträt des Komponisten Franz Schubert für die Ruhmesstätte Walhalla oder das Gnadenbild der Muttergottes im Speyerer Dom, vor dem Papst Johannes Paul II. 1987 kniete und betete.

Weckbeckers Werk enthält etliche Herz-Jesu-Figuren, was neben seiner persönlichen Herz-Jesu-Verehrung auch mit der Beliebtheit dieses Motivs seit dem ersten Weltkrieg in Verbindung gebracht wird: 1915 war die jahrhundertealte Herz-Jesu-Verehrung zum „offiziellen Kriegskult der katholischen Kirche avanciert“ (C. Schlager, 2014). Die bekannteste Herz-Jesu-Statue Weckbeckers zeigt in der St. Ursen-Kathedrale Solothurn einen muskulösen Christus, der körperliche mit spiritueller Kraft verbindet. Der Kunsthistoriker J. Kreitmaier SJ (1874 – 1946) urteilte, er kenne keine Herz-Jesu-Figur, die sich künstlerisch mit der von Weckbecker messen könne. In Zusammenhang mit der Herz-Jesu-Verehrung stand die Christkönigsverehrung; beim Bau eines Altars in Würzburg schuf Weckbecker eine
5 m hohe Christkönigsstatue.

Was Kunst- und Stilrichtungen angeht, so ist Weckbecker nicht leicht einzuordnen. Karl Busch in seiner grundlegenden Studie von 1963 oder auch der Münstermaifelder Lehrer Hans Gappenach nannten als neuere Einflüsse Neogotik, Naturalismus oder Jugendstil. Weckbeckers Kunstdenken war traditionell ausgerichtet, auf handwerkliche Meisterschaft angelegt, und hielt bewusst Distanz zur Moderne. Auch in seinem sozialen Umfeld dominierte das Katholische; so war er Mitglied mehrerer katholischer Künstlervereinigungen. 1934 wurde er von Papst Pius XI. zum Ritter des Ordens des Heiligen Gregor ernannt.

Professor Weckbecker erlag am 13. September 1939, erst 51-jährig, einem Herzinfarkt; bereits im ersten Weltkrieg war er wegen Herzschwäche vom Kriegsdienst zurückgestellt worden. Er wurde zunächst auf dem Waldfriedhof München beerdigt, aber dann in die Gruft der Grafen von Montgelas bei Schloss Egglkofen überführt.

Verfasser: Gregor Brand

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