Batti Dohm

„In unzähligen Versteinerungen hat die Erde die Geschichte eines starken Geschlechtes bewahrt, das mit dem Anfang des Lebens begann und mit der Urzeit unterging. Es ist das Volk der Dreilappkrebse. Einst lebten die schwarzen Dreilapper in den Golfen und Buchten der Urmeere und unternahmen ihre gewaltigen Heerfahrten um die halbe Welt. Übrig blieben von Glanz und Größe nur zu Stein gewordene Panzer, die in all ihrer Schönheit der Eifelboden heute wieder freigibt.“ Diese Sätze aus dem Vorwort des Romans mit dem merkwürdigen Titel „Stielauge der Urkrebs“ (1933) lassen vielleicht ahnen, dass man es mit einem Buch zu tun hat, in dem eine höchst bildkräftige Sprache und seltenes Spezialwissen eine einzigartige Verbindung eingehen. Verfasser dieses leider nur zu wenig bekannten meisterlichen Werkes über den heldenhaften Dreilappkrebs (Trilobiten) Stielauge war der Eifler Dichter, Natur- und Heimatforscher Dr. Batti Dohm (1897–1977).

Der Lektüre-Eindruck, dass Batti (eigentlich: Baptist) Dohm über ein eindrucksvolles Wissen der Erd- und Naturgeschichte verfügte, trügt nicht. Der Sohn des Geologen und Volkschullehrers Stefan Dohm (1862–1924) und dessen Ehefrau Elisabeth Sottong studierte nach dem Besuch des Regino-Gymnasiums und anschließender Teilnahme am Weltkrieg zunächst in Bonn Chemie, dann in Greifswald Geologie und Paläontologie. Seine brillanten Kenntnisse der Naturgeschichte der Vulkaneifel hatte er jedoch gewissermaßen schon in die Wiege gelegt bekommen. Batti Dohms Vater war in einem extrem tätigkeitsreichen Leben nicht nur zur großen Gerolsteiner Persönlichkeit seiner Zeit geworden, sondern hatte sich durch Selbststudium zum international anerkannten Topspezialisten für Geologie und Paläontologie der Eifel ausgebildet. Die von Stefan Dohm gesammelten Trilobitenpräparate aus Gerolstein galten als die besten der Welt. Nach dem Tod seines Vaters setzte Sohn Batti dessen Werk würdig fort. Das noch vom Vater errichtete und damals in Westdeutschland einzigartige „Geognostische Museum“ baute er aus, bis es 1944 Bombenangriffen zum Opfer fiel. Als Fossiliensammler arbeitete Batti weltweit mit Museen und Instituten zusammen und trug als Privatgelehrter mit wissenschaftlichen, aber auch für den Schulgebrauch bestimmten Veröffentlichungen zur besseren Kenntnis der Urzeit bei. Batti Dohms freiberufliche, von materieller Not nicht freie Forscherleidenschaft richtete sich aber nicht nur auf die ferne Geschichte der Erde. Nicht minder fasziniert war er von der Eifler Heimatgeschichte. Mit zahlreichen Aufsätzen und Büchern wurde er der Gerolsteiner Stadtchronist schlechthin. Von Dohms Heimatliebe motiviert war auch seine Mitwirkung bei der Gründung des Gerolsteiner Verkehrsvereins, dessen Anliegen es war, die Schönheit der Vulkaneifel touristisch zu erschließen. Als nach dem Zweiten Weltkrieg daraus das Gerolsteiner Verkehrsamt hervorging, wurde Batti Dohm von 1953 bis 1972 mit dessen Leitung betraut.

Die vorangegangene Zeit der NS-Herrschaft hatte Dohm zunehmend als dunkle und dämonische Zeit empfunden. Zwar soll Himmler Dohms „Stielauge“-Roman zur Lektüre empfohlen haben. Aber das hatte nur damit zu tun, dass Dohm in dem Buch sich positiv zur esoterischen Welteislehre Hörbigers äußerte. Was der SS-Führer wohl nicht wusste: Batti Dohms Ehefrau Liselotte, der er den Roman gewidmet hatte, stammte aus der Breslauer jüdischen Familie Freudenthal. Ihr Bruder, Battis Schwager Dr. Hans W. L. Freudenthal (1902–1997), emigrierte 1938 in die USA, wo er Literaturwissenschaft lehrte und sich hohe Auszeichnungen erwarb. Das Ehepaar Dohm war gegen Kriegsende eng mit dem Maler Pitt Kreuzberg befreundet. „Gemeinsam haßten wir den Krieg und besonders den Mann, der ihn ausgelöst hatte“, erinnerte sich Liselotte Dohm später. Batti Dohm selbst kam zeitweise in Gestapohaft, schaffte es aber, in dieser Zeit das Manuskript für ein weiteres Werk zu verfassen: „MADAME. Roman einer Landschaft und einer schönen Frau“. In diesem 1948 veröffentlichten Buch über eine pommersche Offizierstochter und ihren moselländischen Verlobten spielt auch wieder die Eifel eine wesentliche Rolle.
Nach dem Tod Dr. Dohms im Hochsommer 1977 wurde im Naturkundemuseum Gerolstein ihm zu Ehren eine Gedenkstube eingerichtet. Batti Dohm selbst hatte stets darauf vertraut, dass das Leben „seine Geschöpfe, wenn auch in verwandelter Gestalt, aus allem Untergang immer wieder zum Licht erhebt“.

Verfasser: Gregor Brand

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