Eduard Profittlich

Erzbischof und Märtyrer aus Birresdorf

Der am 11.09.1890 geborene Eduard Profittlich, Sohn des Landwirts Markus Profittlich und dessen aus Andernach gebürtiger Ehefrau Dorothea Seiwert, war das achte von zehn Kindern einer seit dem 17. Jahrhundert in Birresdorf (heute Grafschaft/LK Ahrweiler) nachweisbaren Familie. Eduards Schulbildung begann in der Volksschule in Leimersdorf. Auf Rat seines Lehrers sowie des Pfarrers wurde der intelligente Bauernsohn auf das Progymnasium in Ahrweiler vorbereitet, in das er als Quartaner eintrat. Ab der Oberstufe besuchte er das Gymnasium in Linz, wo er mit 21 Jahren Abitur machte. Dass Eduard Profittlich Geistlicher werden wollte, war nach Ansicht des Grafschafter Heimatforschers Ottmar Prothmann nicht verwunderlich; er verwies darauf, dass es in dessen Verwandtschaft viele Geistliche gab, an denen sich Eduard orientieren konnte – darunter sein Bruder Peter (1878 – 1915), der Jesuitenmissionar in Brasilien war. Obwohl Eduard sofort dem Jesuitenorden beitreten wollte, begann er auf Wunsch der Eltern zunächst ein Theologiestudium in Trier, beharrte aber auf seinem Ordenswunsch. „Die Eltern waren bitter enttäuscht über diesen Entschluß, glaubten sie doch, von ihm als Weltgeistlichen in ihren finanziellen Nöten ein wenig unterstützt werden zu können“ (O. Prothmann). Im April 1913 trat Profittlich ins Noviziat der Jesuiten im holländischen Heerenberg ein, ein Jahr später schickte der Orden ihn auf die Jesuitenhochschule nach Valkenburg, wo er – unterbrochen von seiner Kriegsdienstzeit als Krankenpfleger – bis 1922 blieb.

1923 kam Profittlich erstmals in den europäischen Osten, der zu seinem Schicksalsraum wurde. Der Generalobere der Jesuiten, Graf Wladimir Ledóchowski, wollte für die Missionierung des marxistisch gewordenen Russland neue Kräfte gewinnen – Profittlich folgte seinem Aufruf. Er begab sich zum Weiterstudium nach Krakau, wo er 1923 zum Doktor der Philosophie und 1924 zum Doktor der Theologie promoviert wurde. Weitere Stationen als Volksmissionar und Seelsorger führten ihn nach Oppeln und Hamburg. Nach Ablegung seines jesuitischen Ordensgelöbnisses 1930 wurde er durch den Apostolischen Administrator für Estland zum Pfarrer von St. Peter und Paul in Tallinn/Estland berufen; er trat sein Amt im Mai 1931 an. Bereits ein Jahr später wurde Profittlich selbst Apostolischer Administrator und stand damit an der Spitze der estnischen katholischen Gemeinden.

Der Eifler Jesuit befand sich bei seiner Tätigkeit in Estland in einem dem Katholizismus fernstehenden Land. Die Esten wurden erst im Hochmittelalter mit kriegerischer Gewalt christianisiert und gehörten später zu den ersten, die sich der Reformation anschlossen. Katholiken stellten auch im 20. Jahrhundert nur eine ganz kleine Minderheit der Bevölkerung. In den 1930er Jahren gab es neben dem dominierenden Protestantismus und etlichen Glaubenslosen sogar eine erstarkende heidnische Glaubensbewegung. Im Dezember 1936 wurde Profittlich in Tallin zum Titularerzbischof konsekriert; er war der erste estnische katholische Bischof seit der Reformationszeit. Seinen Ämtern und Aufgaben entsprechend versuchte er, die Katholiken im Land zu stärken. Er konnte Erfolge erzielen: Nach Angaben von P. Christoph Wrembek SJ entstanden neue Pfarreien und katholische Einrichtungen, und die unter Profittlichs Leitung stehende Kirchenzeitung „Kiriku Elu“ fand viele Leser, nicht zuletzt unter den estnischen Intellektuellen.

Der Hitler-Stalin-Pakt 1939 und der Weltkrieg zerstörten blitzartig diese friedliche Welt. Bereits im Oktober 1939 marschierten Sowjetsoldaten in Estland ein, im Folgejahr wurde das kleine, stolze Land von der marxistischen Sowjetunion annektiert. Damit befand sich Erzbischof Profittlich, der freiwillig geblieben war, nun im Machtbereich einer aggressiv antichristlichen Diktatur. Verhaftungen, Deportationen in den stalinistischen Gulag und Überwachung durch den berüchtigten Geheimdienst folgten. Im Januar 1941 verließen alle Jesuitenpatres mit Ausnahme von Profittlich und zwei anderen das lebensgefährlich gewordene Land. Die sowjetischen Kommunisten gingen brutal besonders gegen die estnische Führungsschicht vor; es kam „zu einem unglaublichen Terror, in dessen Folge mehr als 60.000 Menschen verhaftet, deportiert, gefoltert und ermordet wurden“, (Lambert Klinke-Stamer).

Am 27. Juni 1941 wurde Bischof Profittlich unter fadenscheinigen Vorwürfen verhaftet und verschleppt. Keiner wusste wohin – man ließ Bekannte und Verwandte bewusst in bedrückender Ungewissheit. Erst nach der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit 1990 kam Licht in das Dunkel der Verfolgungszeit: Dr. Dr. Profittlich SJ war im November 1941 zum Tode verurteilt und in ein Lager bei Kirow fast 1.000 km östlich von Moskau verbracht worden, wo er am 22. Februar 1942 infolge „Entkräftung“ umkam. In einem Brief hatte er gottergeben über den Tod für Christus geschrieben: „Das wäre wohl der schönste Abschluß meines Lebens.“

Das Oberste Gericht in Estland rehabilitierte ihn 1990 vollständig von den Vorwürfen der stalinistischen Justiz. 2002 wurde ein Seligsprechungsverfahren für ihn eingeleitet. Im März 2019 wurden die Unterlagen in Rom eingereicht. Möglicherweise wird der standhafte Priester eines Tages der erste katholische Heilige Estlands.

Verfasser: Gregor Brand

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