Felix de Merode

Belgischer Staatsmann aus Eifler Adel

Das zwischen Düren und Eschweiler gelegene Schloss Merode ist seit dem Hochmittelalter Stammsitz der Adelsfamilie von Merode. Im Lauf der Geschichte sind aus diesem Geschlecht immer wieder bedeutende Persönlichkeiten hervorgegangen. Zu ihnen gehört Graf Felix (frz.: Félix) de Merode, der zu den maßgeblichen Politikern bei der Erlangung der belgischen Selbständigkeit zählte.

Felix kam 1791 als zweiter Sohn von Graf Charles Guillaume de Merode und Gräfin Marie Joséphine d‘Ongnies de Mastaing in Maastricht zur Welt. Alle drei seiner Brüder spielten ebenfalls eine hervorgehobene Rolle in der belgischen Gesellschaft. Sein älterer Bruder, der Philosoph und Politiker Henri de Merode (1782 – 1847), stand im Mittelpunkt eines Kreises von konservativen Intellektuellen, die die französische Revolution entschieden ablehnten und für eine geistig-politische Erneuerung unter traditionell katholischen Vorzeichen eintraten. Felix` jüngerer Bruder Frédéric de Merode (1792 – 1830) starb im militärischen Kampf für die belgische Unabhängigkeit und wurde gefeierter belgischer Nationalheld. Auch Werner (1797 – 1840), der dritte der Merode-Brüder, war politisch sehr aktiv. Das Merode-Erbe war bei allen Geschwistern genetisch stark ausgeprägt, da sie nicht nur über ihren Vater, sondern auch über ihre Mutter vielfach von Merode-Vorfahren abstammten.

Seine frühen Lebensjahre verbrachte Felix als Emigrantenkind in deutschen Landen, da die Adelsfamilie infolge der Revolution aus dem französischen Machtbereich fliehen mussste. Erst 1800, als sich sich die Verhältnisse durch die Machtübernahme Napoleons stabilisierten, kehrten sie in ihre Heimatgebiete zurück. 1809 heiratete der 18-jährige Felix die französische Adlige Rosalie de Grammont (1793 – 1823). Nach dem frühen Tod seiner Frau schloss er acht Jahre später eine zweite Ehe mit deren jüngerer Schwester Philippine (1800 – 1847). Aus beiden Ehen gingen insgesamt fünf Kinder hervor. Nach seiner ersten Eheschließung lebte Felix überwiegend in Frankreich auf den Grammont-Besitzungen. Öfters reiste er zu seinem Vater nach Brüssel oder besuchte Verwandte auf den Schlössern der Familie. Da er aufgrund des Merode-Vermögens auf keine Berufstätigkeit angewiesen war, nutzte er die Zeit, um sich durch Lektüre vor allem in Fragen der Religion, Geschichte und Politik intensiv zu bilden. Hinzu kamen persönliche Kontakte zu Intellektuellen, die damals das geistige Klima in Belgien bestimmten. Bei deren Debatten ging es oft um das umstrittene Verhältnis des Katholizismus zum erstarkenden Liberalismus. Beeinflusst vom Publizisten Ferdinand Eckstein (1790 – 1861), dem zum Katholizismus übergetretenen Sohn eines jüdischen Kaufmanns aus Holstein, hielt Merode eine Verbindung von katholischen und liberalen Idealen für möglich. Mit eigenen Publikationen zu dieser Frage und zu anderen Themen machte er sich bis 1830 einen Namen als belgischer Intellektueller.

Ein noch hitzigeres Schlachtfeld wurde die Frage nach der politischen Zukunft Belgiens. Den belgischen Gebieten fehlte die staatliche Eigenständigkeit; seit dem Wiener Kongress 1815 waren sie als Südliche Niederlande Teil des niederländischen Gesamtstaates. Sowohl der Konfessionsgegenatz zum protestantischen Norden als auch die Ablehnung der autoritären Herrschaft des Königs schürten die Unzufriedenheit. Weitere Hauptstreitpunkte waren die wirtschaftliche Lage sowie der Sprachenkonflikt. Die französischsprachigen Belgier waren erbost, dass die Staatssprache Niederländisch bei Behörden und in Schulen dominierte und Französisch zu verdrängen drohte. 1830 spitzen sich die Verhältnisse zu. Ermutigt durch die französische Juli-Revolution kam es im August 1830 auch in Belgien zu gewaltsamen Unruhen, die sich im September zu Gefechten zwischen belgischen Unabhängigkeitskämpfern und der niederländischen Armee steigerten. Es bildete sich eine provisorische Regierung, im Oktober wurde die belgische Unanbhängigkeit erklärt und im November 1830 fanden Wahlen zu einem Nationalkongress statt, der eine neue Verfassung erarbeiten sollte. Bei diesen Kämpfen um die Unabhängigkeit stand Felix von Merode von Anfang an in vorderster Linie. Er gehörte wichtigen Bürgerkommittees an, war Mitglied der provisorischen Regierung, und sein Wort hatte bei den Verfassungsdiskussionen Gewicht. Als der Nationalkongress sich für die Einführung einer konstitutionellen Monarchie entschied, galt es, die Frage zu klären, wer König des neuen Staats werden solle. Liberale Katholiken liebäugelten mit dem Gedanken, den hochangesehenen Felix von Merode zum König zu machen. Bei der Wahl eines vorläufigen Staatsoberhaupts im Februar 1831 erhielt Merode die zweitmeisten Stimmen. Er selbst fand an der Idee einer Merode-Königsherrschaft allerdings kaum Gefallen, sondern beteiligte sich an den erfolgreichen diplomatischen Aktivitäten, den in England lebenden Prinzen Leopold von Sachsen-Coburg und Gotha 1831 zum ersten König der Belgier zu wählen. In den Folgejahren gestaltete Felix von Merode in unterschiedlichen Funktionen, darunter als Kriegsminister sowie als Finanz- und Außenminister, den Aufbau des belgischen Staates wesentlich mit. Seine Bedeutung als Mitgründer Belgiens wurde bei seinem Staatsbegräbnis 1857 in der Familien-Grabstätte beim wallonischen Merode-Schloss Rixensart allseits gewürdigt.

Verfasser: Gregor Brand

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