Felix Hoesch

Tierzüchter, Gutsbesitzer und Politiker aus Düren

Wie in anderen Bereichen, so hatte das prosperierende Kaiserreich bis zum Weltkrieg auch in der Landwirtschaft eine Spitzenstellung erreicht: Nirgendwo waren die Hektarerträge höher. Prominenter Vertreter der deutschen Tierzucht damals war der Eifler Felix Hoesch, der als Landwirt, Fachautor, Verbandsführer und Politiker die Entwicklung der Landwirtschaft maßgeblich beeinflusste.

Felix Alwin Hoesch kam 1866 in Düren als Sohn des Papierfabrikanten Carl Emil Hoesch und dessen Ehefrau Elise geb. Schleicher zur Welt. Die Familie gehörte zum Kern der Nordeifler Wirtschaftselite. Felix Hoesch, selbst protestantisch, war mit der Katholikin Ida Heimbach aus einer Dürener Tuchfabrikantenfamilie verheiratet. Nach dem Besuch der Gymnasien in Düren und Köln studierte Hoesch Ingenieurwissenschaft an der TH Braunschweig und Agrarwissenschaft an der Berliner Landwirtschaftlichen Hochschule. Er arbeitete als Landwirt in Hessen, Sachsen und Braunschweig und erwarb das westlich der Prignitz gelegene linkselbische Rittergut Neukirchen (Altmark). Auf diesem riesigen Besitz entwickelte er sich zu einem führenden Schweine- und Kaltblutzüchter. Hoesch verband praktische, oft mit Preisen ausgezeichnete Züchtungserfolge mit vielbeachteten Fachveröffentlichungen. Dazu zählten seine Schriften „Wie ist die Züchtung und Aufzucht kaltblütiger Pferde vorzunehmen?“ (1903), „Das deutsche veredelte Landschwein“ (1904) oder „Der Weidebetrieb in der Schweinezucht“ (1913) sowie das Lehrbuch „Die Schweinezucht“ (1911). Hinzu kamen Beiträge in der von ihm herausgegebenen Wochenschrift „Deutsche Landwirtschaftliche Tierzucht“.

Bei der Züchtung des deutschen veredelten Landschweins – wie die Rassebezeichnung seit 1904 lautete – spielte Hoesch eine prägende Rolle. Er kreuzte englische Schweinerassen mit deutschen Landschweinen so, dass eine neue Schweinerasse mit höherer Futterverwertung und Frohwüchsigkeit entstand; sie wurde schnell zur gefragtesten Schweinerasse in Deutschland (Falkenberg/Hammer, Züchtungskunde, 2007). Welche überragende Rolle Ökonomierat Dr. phil. h.c. (Universität Halle/Saale) Felix Hoesch unter den Nutztierzüchtern im frühen 20. Jahrhundert einnahm, verdeutlicht eine Aufzählung seiner Funktionen in wichtigen Tierzuchtverbänden. So war er von 1906 bis 1923 Gründungsvorsitzender (danach Ehrenvorsitzender) der Deutschen Gesellschaft für Züchtungskunde. Über viele Jahre hinweg leitete er den Deutschen Pferdezuchtverband und den Pferdezuchtverband für die Provinz Sachsen sowie die Zuchtgenossenschaft für das rheinisch-deutsche Kaltblutpferd. 1921 wurde Hoesch Vorsitzender des Reichsverbandes Deutscher Kaltblutzüchter.

In der Politik engagierte sich der Agrarier Hoesch von der kommunalen Ebene bis auf Reichsebene. Im Kreis Osterburg, wo sein Gut lag, saß er im Kreistag und war Kreisdeputierter. Als Deichhauptmann und Amtsvorsteher bestimmte er die lokalen Verhältnisse. Von Januar 1912 bis März 1914 war Hoesch Abgeordneter der Deutschkonservativen Partei (Wahlkreis Osterburg-Stendal) im Reichstag. Seine Redebeiträge galten fast ausschließlich Agrarfragen. Als die Partei nach dem Weltkrieg zerfiel, schloss sich Hoesch der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) an und vertrat diese von 1924 bis 1928 im Preußischen Landtag. Auch hier mischte sich der konservative Großagrarier kaum in ideologische Debatten ein, sondern fokussierte sich auf die Landwirtschaft, die seiner Ansicht nach von höchster nationaler Relevanz war.

Einen Einblick in Hoeschs politisch-ökonomische Überzeugungen liefert sein hoch informatives Buch „Die wirtschaftlichen Fragen der Zeit“ (1916). Deutschland stand damals infolge der Kriegslage und der verheerenden britischen Hungerblockade vor schwierigsten Versorgungsfragen. Die Frage nach dem richtigen Vorgehen zur Ernährungssicherung löste scharfe Debatten aus. Hoesch schrieb von „jener tief bedauerlichen Zwangsabschlachtung einer fast unglaublich großen Zahl mehr oder weniger schlachtunreifer Schweine“ und spielte damit auf eine Aktion an, die bei manchen noch Jahrzehnte später unter dem Stichwort „Schweinemord“ Empörung hervorrief. Von Dezember 1915 bis April 1916 waren auf staatlichen Druck hin nach Hoeschs Angaben fast 15 Millionen Schweine vorzeitig geschlachtet worden. Die Befürworter des „Schweinemords“ argumentierten, die zur Fütterung der Schweine verwendeten Futtermittel (Kartoffeln, Getreide) wären rationeller eingesetzt, wenn sie direkt den Menschen zur Verfügung gestellt würden und propagierten „die Rettung der Nation vor dem Kartoffelhunger der Schweine“. Zahlreiche Agrarfachleute warnten vergeblich davor, dass dieser massive Staatseingriff samt Höchstpreisverordnung die Preis- und Marktverhältnisse und die Produktion überhaupt in „sehr große Erschütterung“ zu Lasten der Verbraucher und Landwirte bringen würden. Auch Kühe wurden, wie Hoesch kritisierte, in unsinnig großer Zahl „dem Schlachtmesser zugeführt“ und standen damit der dringend benötigten Milchproduktion nicht mehr zur Verfügung.

In seiner Überzeugung, dass der Staat sich nicht ungestraft über ökonomische Gesetzmäßigkeiten hinwegsetzen könne, sah sich Hoesch während der Weimarer Republik vielfach bestätigt. Er starb 67-jährig am 17. September 1933 in Goslar.

Verfasser: Gregor Brand

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