Friedrich Anton Wyttenbach

– Maler aus Trier, Sohn eines Bausendorfers

Der 1812 in Trier geborene Maler Friedrich Anton Wyttenbach war eines von sechs Kindern der geschichtlich bedeutendsten Persönlichkeit aus Bausendorf: des in Trier wirkenden Stadtbibliothekars, Gymnasialdirektors und Gelehrten Johann Hugo Wyttenbach (1767–1848). Friedrichs Mutter Maria Anna (1780–1858) war eine Schwester des bedeutenden Trierer Malers Johann Anton Ramboux (1790–1866); die Ausstrahlung dieses Onkels spielte sicherlich eine Rolle beim frühen Berufswunsch Friedrichs, Künstler zu werden. Während die Ramboux-Familie durch Friedrich Antons Großvater, den savoyardischen Krämer Jean Baptist Ramboux, an die Mosel gekommen war, vereinigte sich in der Wyttenbach-Linie eifelmoselanische mit Schweizer Herkunft.
In sozialkultureller Hinsicht gehörte Friedrich Anton zu den Privilegierten seiner Heimatstadt. Dass er – wie kurz nach ihm Karl Marx – das von seinem Vater geleitete heutige Friedrich-Wilhelm-Gymnasium besuchte, war fast selbstverständlich. Wenig verwunderlich ist es auch, dass er dort „der gelehrten Bildung nicht seine ganze Kraft zuwandte“, wie der weitgereiste Autor und Privatlehrer Wilhelm von Waldbrühl (1803–1869) in einem Nekrolog auf F. A. Wyttenbach mutmaßte. Schon während seiner Schulzeit fokussierte sich Friedrich Anton auf seine augenscheinlich größten Begabungen: Zeichnen und Malen. Er erhielt Unterricht durch den Kunstlehrer Karl Ruben, den Vater des Trierer Malers Christian Ruben (1805 – 1875). Wyttenbach-Ramboux-Ruben – schon diese wenigen Namen illustrieren, dass der Malkunst damals in den gebildeten Kreisen Triers hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde. In diesem Trierer Netzwerk künstlerisch Begabter bewegte sich auch der junge Friedrich Anton. Dies hielt ihn nicht davon ab, sich bereits als 17-Jähriger 1829 an die Düsseldorfer Kunstakademie zu begeben. Er blieb drei Jahre lang am Niederrhein, ehe er in seine Geburtsstadt zurückkehrte. In Düsseldorf gehörte er zur ersten Studentengeneration der Kunstakademie, an der viele gerade auch für die rheinische Kunstgeschichte bedeutsame Maler ausgebildet wurden.
Im Gegensatz zu etlichen Bauernsöhnen aus der Eifel, die sich im 19. Jahrhundert scharenweise der preußischen Wehrpflicht entzogen und dafür nicht selten sogar lieber nach Amerika auswanderten, kam Friedrich Anton 1833 seiner Militärdienstpflicht nach. Grund war sicherlich der soziale Druck, nicht die Zustimmung zum preußischen Staat, dem der Trierer Bürgersohn kritisch gegenüberstand. Wyttenbach hatte anscheinend Probleme mit der militärischen Disziplin; mehrere Monate lang wurde er in Ehrenbreitstein inhaftiert. Der genaue Haftgrund ist nicht bekannt; nach Vermutung der Marx-Biographen Heinz Monz (1929– 2012) und Jonathan Sperber (geb. 1952) saß Wyttenbach wegen seiner radikalen Ideen und politischer Vergehen in Festungshaft. Trotz seiner staats- und religionskritischen Einstellung ist es nicht passend, Wyttenbach als „Revolutionsmaler“ zu kennzeichnen; sowohl sein Lebensweg als auch die Sujets seiner Bilder waren nicht revolutionär. Von Wyttenbachs Kunstwerken mit Trierer Thematik sind einige auch architekturgeschichtlich bedeutsam. Dazu zählt das „Portal der Liebfrauenkirche in Trier“; das sehr realistisch anmutende Gemälde befindet sich, wie viele weitere Werke Wyttenbachs, im Stadtmuseum Simeonstift Trier.
Im Spätjahr 1834 übersiedelte der junge Trierer Künstler nach München. Falls beim Wechsel nach Bayern eine antipreußische Aversion Wyttenbachs eine Rolle spielte, so beruhte sie jedenfalls nicht auf Zuneigung zur preußenfeindlichen katholischen Kirche. Im Gegensatz zur überwältigenden Mehrheit seiner trierländischen Zeitgenossen stand Wyttenbach dem Katholizismus ablehnend gegenüber: „So lang er Kraft hatte, verbat er sich die Besuche der für ihn in nächtlicher Finsternis wandelnden Priester“ (W. von Waldbrühl). In München wandte sich Wyttenbach zunehmend der Tiermalerei zu. Zu den beliebtesten Geschöpfen seiner Mal- und Zeichenkunst gehörten Füchse und Hasen, aber auch Hunde, die Wyttenbach als liebenswerte und treue Freunde des Menschen darstellte, bisweilen auch satirisch- humorvoll, etwa im Gemälde „Ein Pudel befreit alle von der Polizei inhaftierten, nicht maulkorbtragenden Hunde“ (1842). Keineswegs als Gegensatz zu seiner Tierliebe, sondern eher als Ausdruck von Naturverbundenheit, sah der in Bayern mit Spitznamen „Baron“ genannte Künstler seine Jagdleidenschaft. Sie lieferte ihm reiches Anschauungsmaterial für Tier- und Jagdszenen.
Obwohl Wyttenbach, Mitglied des Kunstvereins München, als Mensch und Maler in München geschätzt wurde, zog es ihn im Herbst 1844 zurück an die Mosel. Vermutlich ahnte er schon Schlimmes. Bis weit ins Jahr 1845 hinein war der erst 33-Jährige, dessen einziger Bruder Matthias Joseph (geb. 1804) als Leutnant jung gestorben war, trotz zunehmenden Leidens weiter produktiv, aber das Verhängnis ließ sich nicht aufhalten. „Die Schwindsucht erfaßte ihn mit verzehrender Gewalt; am 9. November 1845 starb er in den Armen zweier ihn treu pflegender Schwestern, und der tiefgebeugte Vater sah den letzten seiner Söhne zu Grabe tragen“ (Münchener Blätter für Kunst, schöne Litteratur und Unterhaltung, 1846).
Verfasser: Gregor Brand

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