Heinrich II. von Finstingen

Erzbischof und Kurfürst aus Malberg

Heinrich II. von Finstingen
Heinrich II. von Finstingen

„Der schreckliche Heinrich von Finstingen“ – so nannte ihn der bedeutende  ostfriesische Historiker F. C. Schlosser (1776-1861).  Andere heben Heinrichs  Klugkeit und seine Tatkraft hervor. Fest steht jedenfalls, dass der um 1220 vermutlich auf Burg Malberg geborene Kirchenfürst schon zu Lebzeiten heftige Reaktionen hervorrief.Deutlich aus dem mittelalterlichen Dunkel hervor trat Heinrich von Finstingen erst, als er 1260 in Rom von Papst Alexander IV. zum Erzbischof von Trier ernannt wurde. Trotz spärlicher Quellenlage sind einige Bruchstücke aus seinen jüngeren Jahren bekannt. Seine Eltern waren Merbod II. von Malberg und dessen Gemahlin Ida; als Brüder sind Cuno und Brunicho bekannt. Das Malberger Adelsgeschlecht hatte seinen Einfluss schon seit mehreren Generationen über die Eifel hinaus ausdehnen können. In Lothringen waren die Malberger die Herren von Finstingen (Fénéstrange) geworden, und  Heinrichs Vater hatte dort eine Nebenlinie der Malberger begründet, was den Namen des späteren Erzbischofs erklärt.  Zu dieser lothringischen Herrschaftsbasis passen die Stationen der kirchlichen Karriere des Malbergers, die sich zunächst im Elsaß und in Lothringen entfaltete. Um 1240 wurde Heinrich Domherr in Straßburg, ein Jahrzehnt später war er als Kaplan und Kantor im deutsch-französischen Schicksalsort Verdun anzutreffen. Wiederum einige Jahre später nennen ihn die Dokumente als Domdekan in der lothringischen Hauptstadt Metz. Kaum etwas deutete zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass der Eifler Adlige Erzbischof von Trier werden würde, aber als über die Neubesetzung dieses Amtes 1260 in Rom verhandelt wurde, war der schlaue und ehrgeizige Malberger in der Ewigen Stadt vor Ort. Eigentlich hatte die Entscheidung über den neuen Erzbischof zwischen Heinrich von Bolanden und Arnold von Schleiden fallen sollen. Da sich die an den Verhandlungen Beteiligten nicht auf einen der beiden einigen konnten, gelang es Heinrich von Finstingen als lachendem Dritten, den Papst zu seiner Ernennung zu bewegen. Welche diplomatischen und möglicherweise auch weniger einwandfreien Mittel bei der Entscheidung über diese höchst einflussreiche  Trierer Machtposition im Hintergrund angewandt wurden, ist unbekannt. Viele Kirchenleute in Trier widersetzten sich jedenfalls dieser Papstentscheidung. In den folgenden Jahren kam es deswegen an der Mosel zu heftigen Auseinandersetzungen, bei denen Heinrich und seine bewaffneten Anhänger nicht zimperlich vorgingen. Mit Waffengewalt, aber auch mit enormem persönlichen Einsatz, der ihn mehrfach wieder nach Rom führte, hielt Heinrich an seinem Amt fest Zu seinen Hauptwidersachern gehörte die Abtei St. Matthias, was Heinrich dazu veranlasste, gewaltsam in deren Räume vorzudringen und den Abt festzusetzen. Kein Wunder, dass die von den Benediktinern von St. Matthias überlieferten „Gesta Treverorum“ (Taten der Trierer) wenig Gutes über ihn berichten. Darin heißt es, Erzbischof Heinrich habe sowohl die Welt- als auch die Ordensgeistlichen zutiefst gehasst und das Leben der Mönche verhöhnt und verspottet. Ob diese ungeheuerlichen Vorwürfe nun zutrafen oder nicht: 1272 kam es unter päpstlicher Vermittlung zur Einigung unter den Streithähnen; Heinrich war von da an definitiv anerkannter Erzbischof. In den verbleibenden 14 Jahren traf der „tatkräftige und begabte Fürst“ (H. Ries) eine Reihe von Entscheidungen, die das Leben der Menschen im Eifelraum nachhaltig beeinflussten. So gründete er unweit seines  familiären Stammsitzes 1276 das Stift Kyllburg, das kulturell und rechtlich die Westeifel maßgeblich mitprägte. Der Erzbischof wurde zudem zu einem der wichtigsten Burgenbauer in der Geschichte des Erzbistums. Auf ihn gehen die – seit dem 19. Jahrhundert so genannte und gegen den Kölner Machtbereich gerichtete – Genovevaburg in Mayen ebenso zurück wie die Burg Landshut bei Bernkastel oder die Alte Burg in Koblenz. Gerade die gegen den heftigen Widerstand der Koblenzer Bürgerschaft mit Waffengewalt durchgesetzte Errichtung dieser Zwingburg verdeutlichte erneut den Machtwillen des Erzbischofs. Steinere Zeugen dafür waren zudem etliche weitere Befestigungen im Erzbistum, die der Malberger umfassend ausbauen ließ. All das führte dazu, dass Heinrich „im Lande mehr gefürchtet als geliebt“ (L. von Eltester) war. Das galt nicht zuletzt auch für die jüdischen Bewohner des Erzstifts. Sie wurden sowohl stark für die immensen Ausgaben des Erzbischofs herangezogen als auch durch das – vermutlich um 1278 stattgefundene – Trierer Provinzialkonzil weiter diskriminiert. In dessen Statuten wurde den Christen verboten, sich von jüdischen Ärzten behandeln zu lassen und von Juden Heilmittel entgegenzunehmen. Dem Erzbischof selbst setzten in seinen letzten Lebensjahren Gicht und mehrere Schlaganfälle so schwer zu, dass er den beliebten Wallfahrtsort St. Josse an der französischen Küste aufsuchen wollte. Auf dieser letzten Reise ereilte ihn 1286 in Boulogne-sur-Mer der Tod.  Heinrichs Leichnam wurde nach Trier gebracht und im Dom beigesetzt.
Verfasser: Gregor Brand

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