Karl Otto Theodat Freiherr von und zu Gymnich

Kurkölnischer Staatsminister aus Eifler Adel

Vielen Deutschen ist der Name des Wasserschlosses Gymnich noch ein vertrauter Begriff aus den letzten Jahrzehnten der alten „Bonner“ Bundesrepublik. Von 1971 an nutzte die Bundesregierung das ansehnliche Gebäude zur Unterbringung zahlreicher Staatsgäste. Das auf dem Gebiet des heutigen Erftstadt gelegene Schloss gehörte sowohl nach als auch vor dieser Zeit vielen Besitzern, am längsten jedoch der altadeligen Familie von Gymnich, die dort über Jahrhunderte hinweg ihren Sitz hatte. Zu den namhaftesten Vertretern dieses sich auf viele Zweige verteilenden Adelsgeschlechts zählt Freiherr Karl Otto Theodat von Gymnich. Er bekleidete in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts führende Ämter im Kurfürstentum Köln.

Karl Otto Theodat (auch: Deodatus) kam 1715 als Sohn des kurfürstlichen Oberst-silberkämmerers Maximilian Heinrich Freiherr von Gymnich (1684 –1727) und dessen Gattin Maria Theresia von Loë zur Welt. Er studiert Jura an der weltberühmten niederländischen Universität Leiden; die Wahl dieses Studienfachs in Verbindung mit seiner Herkunft signalisiert, dass er in der absehbaren Ämterlaufbahn für jede Position fachlich gerüstet sein wollte. Frühe Verwaltungserfahrungen sammelte der junge Freiherr als Amtmann des kurkölnischen Amtes Liedberg. Ein für ihn nicht unerheblicher Zuwachs an Besitz trat ein, als ihm sein Vetter Carl Caspar Wilhelm von Gymnich, Domherr in Mainz, 1737 schenkungsweise das unweit von Altenahr gelegene Wasserschloss Vischel samt der zugehörigen Herrschaft übertrug und ihn als Erben einsetzte. Zwar waren einige Verwandte mit dieser Zuwendung nicht einverstanden, und es kam zu Rechtsstreitigkeiten, aber letztlich konnte sich Karl Otto Theodat in seinem neuen Besitztum behaupten. Dieser Erfolg, der äußerlich gewissermaßen sichtbar wurde durch vom neuen Eigentümer initiierte Verschönerungen des Schlosses, verstärkte das soziale Prestige des Freiherrn und vergrößerte seine weiteren Karrieremöglichkeiten ebenso wie die Heiratschancen. Sehr willkommen war ihm der Erwerb der Herrschaft Gymnich-Vischel auch deswegen, weil seine Familie hochverschuldet war. Karl Otto Theodat heiratete Katharina Elisabeth Freifrau von und zu Franckenstein, Angehörige eines uradeligen Geschlechts von Edelfreien aus Hessen und Franken. Aus der Ehe Gymnich-Franckenstein gingen mehrere Söhne und Töchter hervor.

In den 1740er Jahren wurde Freiherr von Gymnich vom Kölner Kurfürsten Clemens August (1700 –1761) zum Vizepräsidenten des Hofrats ernannt. Damit rückte er in die Verwaltungsspitze des Kurfürstentums Köln auf. Nach der 1597 erlassenen Hofratsordnung war der Hofrat nicht nur oberste kurkölnische Instanz in Zivil- und Strafverfahren, sondern als oberste Verwaltungsbehörde auch für fast alle Verwaltungsaufgaben zuständig; zudem kümmerte sich der Hofrat um außenpolitisch-diplomatische Angelegenheiten. Für Kurköln ging es dabei immer wieder um das seit jeher konfliktreiche Verhältnis zur Stadt Köln. Um Unterstützung in diesem Konflikt zu finden, reiste Hofratsvizepräsident Freiherr von Gymnich im Sommer 1750 an die kurfürstlichen Höfe in Koblenz, Mainz und Mannheim sowie zum Reichskammergericht in Wetzlar. Die Bemühungen waren insoweit erfolgreich, als es Ende 1753 zu einem Vergleich zwischen Kurköln und der Stadt Köln kam. Kurz zuvor war Freiherr von Gymnich zum Hofratspräsidenten befördert worden. In den folgenden Jahrzehnten war er damit zusammen mit Kaspar Anton Graf von Belderbusch (1722–1784, seit 1766 Staatsminister) nach dem Kurfürsten die führende Regierungspersönlichkeit in Kurköln. In seinen Anfangsjahren als Hofratspräsident hatte er es erneut mit dem schwierigen Verhältnis zur Stadt Köln zu tun, da der alte Konflikt diesmal wegen Streitigkeiten um Zölle und Wegegeld wieder aufbrach. Außenpolitisch bedeutsamer war in jenen Jahren des Siebenjährigen Kriegs das Verhältnis Kurkölns zum verbündeten Frankreich. Einen Monat, nachdem Kurfürst Klemens August unerwartet auf der Reise nach Bayern im Februar 1761 in Ehrenbreitstein verstorben war, besetzten die Franzosen die kurkölnische Residenzstadt Bonn.

Nach dem Tod Belderbuschs im Januar 1784 wurde der inzwischen fast 70-jährige Freiherr von Gymnich zum Staatsminister – also Regierungschef – Kurkölns berufen und erreichte damit die Spitze seiner Karriere. Im April des gleichen Jahres erhielt Kurköln mit Maximilian Franz von Österreich (1756 –1801), dem jüngsten Sohn der Kaiserin Maria Theresia, einen neuen Kurfürsten. Zu dessen ersten Maßnahmen gehörte die Berufung des angesehenen Freiherrn Johann Christian von Waldenfels (1742 –1796) an den kurfürstlichen Hof in Bonn. Waldenfels, später selbst Staatsminister, sollte dem schon kränkelnden Freiherrn von Gymnich als „wirklicher geheimer Staats- und Konferenzrat“ mit Rat und Tat zur Seite stehen, um so auch Hofintrigen gegen den Kurfürsten effektiver abwehren zu können.

Am 27. Juli 1785 starb Freiherr von Gymnich, der außer den hier genannten noch manche anderen Ämter innegehabt hatte, an Brustwassersucht. Sein ältester Sohn Clemens August (1739–1806), kaiserlich-königlicher Generalmajor und Gouverneur von Mainz, war der letzte Vertreter dieser Linie der Freiherrn von Gymnich im Mannesstamm.

Verfasser: Gregor Brand

 

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