Graf Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim

Kinder der Eifel aus anderer Zeit142_salentin_23_13

Wenn man die für die Eifler Geschichte so wichtige Manderscheider Grafenfamilie durch eine einzige Persönlichkeit verkörpern müsste, so bietet sich dafür niemand besser an als Graf Salentin Ernst. Allein schon durch seine Abstammung war er ein Manderscheider durch und durch. Er stammte nicht nur durch seinen Vater Johann Arnold aus diesem Adelsgeschlecht, sondern seine Mutter Antonia Elisabeth von Manderscheid-Gerolstein gehörte ebenfalls der gleichen Adelsfamilie an – und das wiederum zweifach: durch ihren Vater Karl von Manderscheid und ihre Mutter Anna Salome von Manderscheid-Schleiden, eine Urenkelin des berühmten Grafen Dietrich IV. von Manderscheid-Schleiden. Auch wenn manche vielleicht naserümpfend von „Inzucht“ sprechen, so hat die mit diesem Begriff oft verbundene Kritik hier jedenfalls keine Berechtigung. Graf Salentin Ernst erwies sich als vorbildlicher Herrscher von außerordentlicher Vitalität und Tüchtigkeit.

Salentin Ernst kam mitten im Dreißigjährigen Krieg 1630 auf Schloss Blankenheim zur Welt. Als Zweitgeborener – von insgesamt elf Kindern – war für ihn eine geistliche Karriere vorgesehen, aber nach dem frühen Tod des Vaters und seines älteren Bruders trat er selbst 1644 als Vierzehnjähriger die Herrschaft in Blankenheim an. Während seiner außerordentlichen langen Regierungszeit von 50 Jahren bestimmte er „wie kaum eine andere Persönlichkeit die Geschicke seiner Untertanen zu ihrem Besten“ (Hubert Pitzen). Besonders am Herzen lag ihm die Förderung von Wirtschaft und Bildung. Modern muten seine Maßnahmen zur Anlockung von Gewerbetreibenden an: Steuerbefreiung und Steuererleichterungen, Hilfen beim Erwerb von Wohnräumen und Gewerbeflächen. Als weitaus wichtigste und folgenreichste Maßnahme des Grafen erwies sich die 1687 erfolgte Gründung eines Eisenhüttenwerks „in unserer reichsfreien Herrschaft Jünkerath an der Kyll“, das bis in die Gegenwart hinein unzähligen Menschen lebenswichtige Erwerbsquelle wurde. Im Umfeld dieser Werksgründung erließ der Graf zahlreiche wohldurchdachte Bestimmungen, die von der Waldnutzung und Holzkohlegewinnung bis zur umsichtig organisierten Versorgung mit Eisenstein den dauerhaften Bestand des Werkes sichern sollten; dem Hüttenmeister wurden dabei viele Freiheiten gewährt.

Bei der Förderung des Bildungswesens drängte Graf Salentin auf Einführung von Schulunterricht. Der Erlass einer Schulordnung geht ebenso auf ihn zurück wie Schulgründungen in Blankenheim, Wiesbaum und Glaadt. Besonders bemerkenswert ist die Errichtung einer Mädchenschule im Jahr 1691 in Glaadt; der Unterricht erfolgte durch Schwestern des Ursulinenordens. Überhaupt setzte der Graf bei dem Ausbau des Erziehungswesens stark auf die Mitarbeit der Geistlichkeit und hielt die Pfarrer nachdrücklich an, Unterricht zu erteilen. Das Grafenhaus Manderscheid-Blankenheim war in den Religionskämpfen katholisch geblieben; Graf Salentin gründete zwar neue Klöster, neigte aber nicht zum Fanatismus. Seine erste Ehefrau, die Gräfin Ernestine von Sayn-Wittgenstein, war Protestantin; die fünf aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder wurden katholisch erzogen, aber der Graf verpflichtete sich, auch den Protestanten in seinem Herrschaftsgebiet Religionsfreiheit zu lassen. Zum Eifler Machtbereich war durch die Heirat die westerwäldische Herrschaft Sayn-Hachenburg hinzugekommen. Eigentlich sollte Erbgraf Maximilian Johann Ferdinand, der einzige Sohn aus dieser Ehe, diese Herrschaft erhalten, aber er starb als 21-Jähriger auf einer Romreise. Ein 1675 geschlossener Erbvertrag sah seine vier Schwestern als Erben vor. Später kam es unter den Nachfahren zu einem langwierigen Streit um Sayn-Hachenburg, der bis zum Reichshofrat ging.

Salentins erste Ehefrau verstarb 1661, ein Jahr später heiratete er – mit ausdrücklicher päpstlicher Erlaubnis – erneut eine Protestantin, die Gräfin Christina Elisabeth von Erpach. Dieser zweiten Ehe entsprossen weitere 13 Kinder, darunter Johann Moritz Gustav, der Erzbischof von Prag wurde. In den folgenden Generationen gingen aus der Nachkommenschaft Graf Salentins bedeutende Persönlichkeiten hervor; auch die heutigen europäischen Königsfamilien gehören zu den Abkömmlingen dieses Manderscheider Grafen. 1694, zwei Jahre nach dem Tod der Gräfin Christina, übertrug Salentin die Regierungsgeschäfte an seinen Sohn Franz Georg und verbrachte seine letzten Lebensjahre bis zu seinem Tod 1705 vorwiegend auf dem Jagdschloss in Glaadt. Seine sterblichen Überreste befinden sich in Blankenheim, eine meisterliche Holzplastik im Kloster Marienstatt vermittelt bis heute einen realistischen Eindruck dieses verdienstvollen Eifelherrschers.
Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen