Matthias Josef Hayn

 Gutsbesitzer und Großkaufmann aus Cochem

hayn_24_16Man nannte ihn „Moselkönig“: Matthias Josef Hayn gehörte als Großkaufmann und Eigentümer ausgedehnten und wertvollen Grundbesitzes in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu den wohlhabendsten und prominentesten Bürgerpersönlichkeiten zwischen Trier und Koblenz. Die Grundlagen seines späteren Reichtums legte er bereits in jungen Jahren. Hayn, geboren 1770 in Cochem als Spross einer Familie von Moselschiffern und –Holzhändlern, zog 1791 in die Moselhauptstadt Trier und wurde als Spezereiwarenhändler in die Krämerzunft aufgenommen; im gleichen Jahr heiratete er Maria Anna Winter. Aus der Ehe ging die nach Hayns Mutter Anna Christina Klippel benannte Tochter Anna Christina (1793- 1878) hervor, die 1812 auf dem familieneigenen Graacher Josefshof den Trierer Gutsbesitzer, Bankier und Politiker Peter Ludwig Mohr (1790-1872) heiratete. Mehrere ihrer Kinder – also Hayns Enkel – wurden 1821 von dem in vornehmen Kreisen geschätzten Porträtisten Franz Seraph Stirnbrand gemalt. 

Die Verlegung seines Lebensmittelpunkts nach Trier war unter den damaligen politischen Umständen ein Wagnis. In Frankreich steuerten die revolutionären Umwälzungen auf ihren blutigen Höhepunkt zu, das grenznahe Trier wurde zusehends Frontstadt gegen die anrückenden französischen Revolutionstruppen. Aber während insbesondere viele Adlige und Geistliche sich zur Flucht rüsteten, erwarb Jungkaufmann Hayn 1792 das Eschermannsche Haus am Trierer Hauptmarkt und setzte damit ein deutliches Signal seines Bleibewillens. Nachdem die Franzosen im Hochsommer 1794 Trier erobert hatten, wurde schnell sichtbar, dass der geschäftstüchtige Cochemer kein Problem mit den neuen Herren hatte. Im Gegenteil: Noch vor Antritt des neuen Jahrhunderts wurde der noch nicht einmal dreißigjährige Hayn „Regisseur des fonds de l‘octroi municipal“ – also Verwalter der Stadtrente, bald auch Stadtrat im nun französischen Trier. Als führender Steuerpächter und Kaufmann konnte er bereits beträchtliches Vermögen anhäufen, aber seine wirklich große Stunde schlug erst, als die Franzosen nach 1802 dazu übergingen, den säkularisierten Kirchen- und Klosterbesitz zu versteigern. Unter den zahlreichen bürgerlichen und bäuerlichen Aufkäufern in der Eifel und an der Mosel ragte Hayn als Kirchengutkäufer heraus, so dass in der neueren Geschichte vieler ehemaliger Kirchen- und Klosterbesitzungen der Name Hayn auftaucht. Mühlen wie etwa die Klostermühle Springiersbach, umfangreiche – an der Mosel oftmals mit bekannten Weinlagen verbundene – Ländereien oder traditionsreiche ehemalige Klosterhöfe – wie der für seine Weine berühmte Erdener Meulenhof – gingen in den Besitz des neuen „Moselkönigs“ über, der dann anschließend oft weitere lukrative Immobiliengeschäfte damit machte. Mit gewisser Berechtigung hätte man den Neutrierer Hayn auch „Eifelkönig“ nennen können, denn eine Vielzahl seiner Erwerbungen lag in der Eifel; so kaufte er beispielsweise zusammen mit dem Trierer Advokaten Wilhelm Fritsch den bei Udler gelegenen Sangweiher.  Kein Wunder, dass sich die in Saarbrücken lehrende Historikerin Gabriele B. Clemens bei ihren Studien zur sozial- und wirtschaftsgeschichtlichen Bedeutung der Grosskäufer bei den Nationalgüterversteigerungen besonderes Augenmerk auf Hayn legte. Die hervorgehobene soziale Stellung, die sich Hayn in der Franzosenzeit erwarb, zeigte sich auch darin, dass er bei Napoleons Besuch in Trier die Ehrengarde anführte und in Paris bei der feierlichen Taufe von dessen Sohn das Saar-Departements vertrat. Auch der Umstand, dass sich bei der von Napoleon für Juden angeordneten Familiennamenwahl 1808 manche jüdischen Cochemer für „Hayn“ entschieden, spricht dafür, dass der Name im Moselland mit besonderem Ansehen verbunden wurde. Nicht zuletzt war auch Hayns Rolle in der Trierer Freimaurerloge „Réunion des Amis de l’Humanité“, wo sich die deutsche und französische Führungsschicht Triers traf, Ausdruck seiner Stellung. Sie war 1805 ins Leben gerufen worden und ging maßgeblich auf die Initiative von Hayn zurück, der zu diesem Zeitpunkt als reichster Weinhändler des Mosellandes galt. Hayn reiste öfters nach Paris; so logierte er 1806 zusammen mit dem Trierer Bürgermeister Anton Josef Recking (1744-1817) im Pariser Hotel L’Europe.

Nach dem Ende der napoleonischen Zeit nahm unter preußischer Herrschaft Hayns Ansehen eher noch zu, was sich in vielen Auszeichnungen spiegelte. Kommerzienrat Hayn galt als Lebemann, der mit seinem Reichtum nicht knauserte. Prunkvolle Feste waren für ihn ebenso typisch wie die großzügige Förderung von Kunst und Kultur. Von seinem Mäzenatentum profitierten die Maler Johann Velten (1807-1883) aus Graach und Johann Anton Ramboux (1790-1866) aus Trier, deren Ausbildung beziehungsweise Auskommen er unterstützte. Hayn beauftragte Ramboux mit der Ausgestaltung des Festsaales in seinem Trierer Wohnhaus in der Dietrichstraße.  Neben seinem künstlerischen Mäzenatentum finden bis heute auch Hayns Bemühungen um Verbesserungen im Weinbau Beachtung.  Nach seinem Tod in Trier im Jahr 1839 wurde „Moselkönig“ Hayn auf dem Hauptfriedhof in einer repräsentativen Grabstätte beigesetzt. Ω

Verfasser: Gregor Brand

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