Nikolaus Blum

Als Papst Johannes Paul II im Oktober 2003 den Priester Arnold Janssen heiligsprach, ehrte er nicht nur den Gründer der „Gesellschaft des Göttlichen Wortes“ (lateinisch: Societas Verbi Divini, SVD). Er würdigte damit zugleich das Lebenswerk eines Priesters aus dem weniger als 100 Seelen zählenden Vulkaneifelort Lammersdorf: Nikolaus Blum, der Janssens wichtigster Mitarbeiter und dessen erster Nachfolger als Generalsuperior gewesen war.

Der 1857 geborene Kleinbauernsohn Nikolaus Blum war als 19-Jähriger in das ein Jahr zuvor gegründete Missionshaus in Steyl (heute Venlo, NL) aufgenommen worden. Er gehörte zu den Pionieren der neuen missionarischen Bewegung, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Missionare für alle Kontinente auszubilden, die den Anforderungen der Moderne gewachsen waren. Aufgewachsen im Kreis von drei Brüdern, hatte der wissbegierige Nikolaus bereits mit fünf Jahren Schulunterricht im Nachbardorf Dohm erhalten, ehe er als Siebenjähriger nach Bolsdorf geschickt wurde, wo sein Onkel Zender Lehrer war. Dieser Mutterbruder Blums dürfte an seinem Neffen viel Freude gehabt haben, denn Nikolaus war nicht nur fleißig und zurückhaltend, sondern auch intelligent. Mit seinem exzellenten Gedächtnis konnte er die Sonntagspredigt zuhause beinahe Wort für Wort wiederholen – eine Leistung, wie sie etwa auch von dem Philosophen J. G. Fichte überliefert ist. Was lag da näher für die Familie, als schon frühzeitig im kleinen Nikolaus – der als Kind gern Messen im Spiel zelebrierte – den künftigen Priester zu erhoffen? Als jedoch der Vater früh starb, musste der nun elfjährige Nikolaus den Wunsch, Priester zu werden, erst einmal aufgegeben, da die Familie keine Möglichkeit sah, dies zu finanzieren. Möglich schien dagegen die kürzere Ausbildung zum Volksschullehrer, zumal ihn sein Onkel darauf vorbereiten konnte. Als sich jedoch dem zielstrebigen Bauernjungen die Möglichkeit einer Anstellung als Schreiber bei der Eisenbahn bot, griff er zu. Für zwei Mark Lohn am Tag arbeitete der jugendliche Blum nun fern der Heimat in Osnabrück. Hier las er überrascht und erfreut von dem neuen Missionshaus in Steyl – der Kindertraum vom Priesterberuf rückte wieder in den Bereich des Möglichen. Arnold Janssen, der nicht nur Priester, sondern auch Lehrer war, nahm ihn auf. Blum durfte in Steyl eine Gymnasialausbildung absolvieren sowie Theologie und Philosophie studieren. Mit Erfolg: Im Mai 1883 wurde der Lammersdorfer in Roermond zum Priester geweiht. Wie es H.-J. Lamberty und P. B. Steffen in ihrer Abhandlung über Nikolaus Blum so schön schildern, hatte sich an der Bescheidenheit Blums nichts geändert. Er selbst notierte über diesen Höhepunkt seines Lebens: „Zu meiner Primiz hatte ich nur meine Mutter und den Bruder Jakob eingeladen; ich fürchtete, lästig zu werden. Doch der Rektor lud selbst noch vier weitere Verwandte ein, so daß es ein rechtes Familienfest wurde.“ Der stille und spirituell ausgerichtete Vulkaneifler entwickelte sich zu einem hervorragenden Organisator und Verwalter. Nachdem er mehrere Jahre die Finanzgeschäfte des aufblühenden Ordens geführt hatte, wurde er 1891 zum Generalökonom der Steyler Missionare ernannt. Blum war damit Chef der Verwaltung eines inzwischen auf vier Kontinenten agierenden Ordens, der in hoher Auflage Druckwerke in alle Welt exportierte und sich um die Angelegenheiten von mehr als 1000 Priestern und Missionsbrüdern zu kümmern hatte. Im Jahr 1908 umfasste allein die in Steyl zu bearbeitende Post über 100 000 Eingänge.

Pater Blum galt auf seinem Posten als unersetzlich. Er blieb auch dann noch Generalökonom, als er 1909 zum Nachfolger Janssens gewählt wurde. Als neuer Generalsuperior unternahm Blum, der zudem stets auch als Seelsorger tätig war, beschwerliche Visitationsreisen nach Übersee ebenso wie Fahrten ins politische Zentrum Berlin. Unter Blums Führung gedieh das Missionswerk weiter, ehe es durch den Weltkrieg zu schwersten Belastungen kam. Über 200 Missionare überlebten die Kriegsjahre nicht; Steyler Geistliche wurden als Deutsche aus zahlreichen Ländern ausgewiesen. Blums Motto blieb: „Was der Herr tut, das ist wohlgetan. Daher ziemt es sich nicht zu murren.“ Als er im Oktober 1919 starb, hatte er keineswegs resigniert. Die Führung des Missionsordens blieb in treuen Eifler Händen: Der charismatische Wilhelm Gier aus Kronenburg führte das fromme Werk Janssens und Blums erfolgreich fort.

Verfasser: Gregor Brand
 

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