Otto Follmann

Dass Alexander von Humboldt noch im hohen Alter die Eifel bereiste und bestaunte, war kein Zufall. Der geniale Naturforscher wusste, dass dieses Mittelgebirge in naturkundlicher Hinsicht eine der eindrucksvollsten Landschaften Europas ist. Im gleichen Jahr 1845, als der 75-jährige Humboldt die Vulkangruppe des Mosenberg besichtigte, unterrichtete wenige Kilometer entfernt in Landscheid Hilarius Follmann die Dorfjugend. Der aus Niederkail stammende Lehrer machte sich nicht nur um die Förderung seines bekanntesten Schülers, des Eifeldichters Peter Zirbes, verdient. Er ließ sich zusätzlich zum Wiesenbaumeister ausbilden und entwickelte sich in diesem alten Beruf, in dem es um die Verbesserung der landwirtschaftlichen Bodenbeschaffenheit ging, zum hochqualifizierten Experten. Hilarius Follmanns kluge Meliorationspläne wurden über die Eifel hinaus mit großem Erfolg in Anspruch genommen, so etwa von dem Wallerfanger Großgrundbesitzer von Galhau oder der Entwässerungsgesellschaft St. Wendel. Am 11. Dezember 1856 wurden Follmann, der einer seit Jahrhunderten im Raum Arenrath beheimateten Familie entstammte, und seine Ehefrau Barbara geb. Nefziger in Landscheid Eltern eines Sohnes, der sich wie kaum ein anderer um die Erforschung der erdgeschichtlichen Vergangenheit seiner Eifelheimat verdient machte und insofern Alexander von Humboldts Werk fortsetzte: Otto Follmann.

Nach dem Abitur am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Trier (1878) studierte der junge Follmann in Berlin, Münster und Bonn Naturwissenschaften und spezialisierte sich dabei auf Geologie. In diesem Fach entwickelte er sich zum weltweit beachteten Experten für die Eifel. Seine Doktorarbeit von 1882 galt den „unterdevonischen Schichten von Olkenbach“ und auch in seinen weiteren wissenschaftlichen Veröffentlichungen spielte dieser devonische Abschnitt der Erdgeschichte – vor etwa 400 Millionen Jahren – eine führende Rolle. Bemerkenswert ist dabei, dass Follmann seine Forschungen nicht als Hochschullehrer erbrachte. Zwar war er nach der Promotion zunächst Assistent am Bonner Geologischen Institut gewesen, aber der hoch begabte Mann vom Dorf verfügte nicht über die finanziellen Mittel für den beschwerlichen Weg zur Professur. So nahm er zunächst eine Hilfslehrerstelle in Bonn und schließlich 1889 eine Stelle als Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Koblenz an. In den folgenden Jahrzehnten bis zu seiner Pensionierung 1923 arbeitete Follmann als menschlich und fachlich geschätzter Pädagoge und Forscher zugleich. Bereits 1908 hatte ihm die Universität Bonn aufgrund seiner wissenschaftlichen Verdienste den Professorentitel ehrenhalber verliehen. Otto Follmanns von Fachleuten bis heute geschätztes Werk umfasst neben zahlreichen Abhandlungen mehrere Bücher, darunter „Die Eifel“ (1894, 1912) und „Abriß der Geologie der Eifel“ (1915). Die internationale Anerkennung seiner Studien spiegelt sich in der Benennung zahlreicher Fossilien mit seinem Familiennamen: So gibt es nicht nur die Muschelart Follmannia, sondern weitere faszinierende Lebensformen der Erdgeschichte tragen den Eifler Namen Follmanns.

Zu den Herzensanliegen des unermüdlich tätigen Landscheiders gehörte es, seine Eifelheimat werbewirksam auch als Touristenziel attraktiv zu machen. Er verfasste nicht nur den „Vulkanwegführer von Gerolstein nach Andernach“, sondern ließ diese Wanderstrecke auch durch 300 Basaltsäulen markieren. Hier wie bei anderen Projekten arbeitete er eng mit dem Eifelverein zusammen, zu dessen Hauptvorstand er ab 1911 gehörte. Follmann selbst, der mit seiner Familie in Koblenz lebte, war unzählige Male sammelnd und mit Geologenausrüstung in der Eifel forschend unterwegs und suchte so oft es ging sein geliebtes Heimatdorf Landscheid auf. Für viele Menschen war die Begegnung mit der bescheidenen Gelehrtenpersönlichkeit ein eindrucksvolles Erlebnis, an das sie sich – wie etwa der Schriftsteller Peter Krämer oder der Follmann-Experte Karl Krames – noch Jahrzehnte später erinnerten. Der Eifelverein ehrte bereits 1928 Professor Dr. Follmann in Landscheid mit einem Denkmal und in Koblenz trägt eine Straße seinen Namen. In dieser Stadt, deren geologische Umgebung er vorbildlich erforscht hatte, war Otto Follmann 1926 nach schwerer Krankheit gestorben. Seine letzte Ruhe fand dieser große Sohn der Eifel auf dem Hauptfriedhof von Koblenz.

 Verfasser: Gregor Brand
 

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