Rudolf Meimberg

Wirtschaftswissenschaftler aus Prüm

Wie beim Raketenpionier Oscar Holderer oder beim Rechtswissenschaftler Heinrich Lehmann, so hing der Geburtsort Prüm auch beim Ökonomen Meimberg mit der dienstlichen Tätigkeit des Vaters zusammen. Rudolf Meimberg war ein Sohn des in Münster geborenen Juristen Dr. Alfred Meimberg, der im Sommer 1912 wenige Monate vor Rudolfs Geburt Regierungsrat in der Eifler Abteistadt geworden war. Alfred Meimberg, der sich zum hochqualifizierten Fachmann für Bodenkulturfragen entwickelte, beendete seine Berufslaufbahn als Oberverwaltungs¬gerichtsrat. Ein Bruder Rudolf Meimbergs war der in Düren geborene Agrarwissenschaftler Paul Meimberg (1916-1978); Professor Paul Meimberg gehörte als Präsident der Universität Gießen und in anderen Funktionen zu den Führungspersönlichkeiten der westdeutschen Universitätsgeschichte. Merkwürdigerweise wird dieses Verwandtschaftsverhältnis fast nirgendwo genannt, und auch die beiden Professorenbrüder scheinen auf dessen Erwähnung keinerlei Wert gelegt zu haben. Eventuell hat dieser Umstand mit dem im meimbergschen Elternhaus gepflegten preußischen Beamtenethos zu tun: Man wollte von der eigenen Person möglichst wenig Aufhebens machen.

Nachdem sein Vater versetzungsbedingt Prüm verlassen hatte, besuchte Rudolf Meimberg Gymnasien in Aachen, Münster und Potsdam. Auf das Abitur 1931 folgte das Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Innsbruck, Berlin und Göttingen. Die universitäre Ausbildung endete mit zwei Abschlüssen: 1934 wurde Meimberg Diplom-Volkswirt, 1936 legte er das erste juristische Staatsexamen ab. Die wissenschaftliche Weiterqualifizierung erfolgte in Berlin. Meimberg wurde dort Assistent des stark an bäuerlichen Fragen interessierten Nationalökonomen Jens Jessen (1895-1944). Mit einer knapp 60-seitigen Dissertation zur wirtschaftlichen Basis der neu geschaffenen bäuerlichen Erbhöfe promovierte Meimberg 1938 zum Dr. rer. pol. Er untersuchte in dieser Abhandlung die zwiespältige Kreditsituation der im NS-Staat ideologisch stark überhöhten Erbhofbauern. Auch wenn das Institut des Erbhofs nach Kriegsende nicht mehr fortbestand, so galt Meimberg seit seiner Promotion als ausgezeichneter Experte in kreditwirtschaftlichen Fragen; diesen Ruf baute er durch zahlreiche Veröffentlichungen aus. Dazu zählte bereits 1939 die ebenfalls an der Friedrich-Wilhelms-Universität (heute: HU Berlin) vorgelegte Habilitationsschrift Meimbergs; in ihr thematisierte der erst 26-jährige Nationalökonom das Verhältnis privater und öffentlicher Realkreditinstitute.

Die Weltkriegsjahre waren für Meimberg vom Wechsel zwischen Dozententätigkeit und Einberufungen zur Wehrmacht gekennzeichnet. 1944 erfolgte seine Ernennung zum Ordinarius an der Technischen Hochschule im besetzten Prag. Wie der Jungprofessor Meimberg damals auf das Stauffenberg-Attentat reagierte und auf die Hinrichtung seines im Widerstand aktiven Doktorvaters Professor Jessen ist noch ebenso wenig erforscht wie seine generelle Einstellung gegenüber dem NS-Staat. Nach Kriegsende und Rückkehr nach Berlin fokussierte sich die Arbeit Meimbergs auf den wirtschaftspraktischen Bereich. Banken, aber auch staatliche Stellen, machten sich das Wissen des Kredit- und Währungsspezialisten zunutze. Seine Einschätzungen waren nicht zuletzt auch bei politisch bedeutsamen Finanzfragen, die mit der Teilung Deutschlands aufkamen, gefragt. Von 1948 bis 1952 war Meimberg Direktor bei der Berliner Zentralbank, von 1953 bis 1960 in Frankfurt Mitglied des Direktoriums der Süddeutschen Bank und der Deutschen Bank. Die neben diesem Hauptberuf wahrgenommenen Lehraufträge an Universitäten traten bis Ende der 1950er Jahre in den Hintergrund. Erst ab 1960 widmete sich der Ökonom aus Prüm beruflich fast ausschließlich der universitären Arbeit. Bis zu seiner Emeritierung 1979 wirkte Meimberg als Ordentlicher Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Mainz, davon die letzten sechs Jahre als Direktor des Seminars für Rechts- und Wirtschaftswissenschaft.

Kennzeichnend für die geistige Produktivität Meimbergs war die thematische Koexistenz von spezifisch volkswirtschaftlichen Problemen und philosophischen Fragestellungen. Einerseits schrieb er etwa über nationale und internationale Investitionsanreize in Verbindung mit Kreditaspekten oder Wechselkursschwankungen, andererseits grübelte er über „Probleme des Richtigen im Leben der Gesellschaft“ (1952). Publikationen zur konkreten Geldwertentwicklung wechselten sich ab mit Überlegungen zu werttheoretischen Grundsatzfragen.

Eher ungewöhnlich für deutsche Verhältnisse war das Engagement Meimbergs als Stifter. Auf ihn gehen unter anderem der Rudolf-Meimberg-Preis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz zurück sowie die 1994 gegründete Peregrinus-Stiftung, die der Förderungen von Studierenden der Universität Mainz dient und mit einem Preis für Top-Dissertationen verbunden ist. Bemerkenswert ist die Rudolf-Meimberg-Stiftung zugunsten bedürftiger Senioren der Gemeinde Rimsting am Chiemsee; dort verbrachte Meimberg seinen Lebensabend. Der 1999 mit der Leibniz-Medaille geehrte Professor Rudolf Meimberg starb im November 2011 wenige Wochen vor seinem 99. Geburtstag. 

Verfasser: Gregor Brand

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