Wirich Philipp Lorenz Graf von Daun

Österreichischer Feldmarschall und Statthalter aus Eifler Adel

Der 1669 in Wien geborene Reichsgraf Wirich Philipp von Daun gehört zu den historisch bedeutsamsten Persönlichkeiten, die aus diesem Eifler Adelsgeschlecht hervorgingen. Wirichs Vater war der wohl noch in Daun geborene Graf Wilhelm Anton von Daun (1621–1706), Dass sich die Familie im 17. Jahrhundert nach Österreich begab, hatte mehrere Gründe. Es hing nicht zuletzt auch mit den Verwüstungen zusammen, die Stadt und Burg Daun im 30-jährigen Krieg und danach erlitten. Wilhelm Anton wurde in Österreich hochangesehener Feldmarschall und begründete damit eine daunisch-habsburgische Offizierstradition, die sich in den folgenden Generationen ruhmvoll fortsetzte. Wirichs Mutter Anna Maria Gräfin von Althann (1635–1712) stammte aus einem begüterten niederbayerischen Uradelsgeschlecht. Erfolge und soziale Stellung der Eltern kamen Wirich bei seiner Karriere zugute, waren aber nicht ausschlaggebend für dessen eigene Lebensleistung. Altadelige Abstammung und Reichtum hatten viele aufzuweisen – da bedurfte es zusätzlicher Fähigkeiten, um in den kleinen Kreis der Führungsspitze aufzusteigen. Dass exzellente verwandtschaftliche Vernetzung allerdings nicht schadete, wusste auch diese Dauner Adelsfamilie nur zu gut. Wirich vermählte sich 1696 mit der Grafentochter Maria Barbara von Herberstein; zu den Kindern des Paares gehörte Leopold Joseph Graf Daun (1705–1766), der zu einem der bekanntesten Heerführer der österreichischen Geschichte wurde.

Die Militärkarriere von Wirich Philipp begann nach standesgemäßer Ausbildung und Reisen durch Europa mit dem Eintritt in das Regiment seines Vaters. Erste Erfahrungen mit der Realität des Krieges machte er in den nahezu permanenten Gefechten gegen die Osmanen in Ungarn und auf dem Balkan. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde Graf Wirich, inzwischen General, für das habsburgische Herrscherhaus als Heerführer immer unentbehrlicher. Im Jahr 1706 gelang es den Österreichern unter seiner Führung überraschend, in der Schlacht um Turin monatelang gegen eine französische Übermacht standzuhalten und schließlich unter dem Oberkommando Prinz Eugens den Sieg zu erringen – ein Erfolg, der sich erheblich auf die weitere Entwicklung der Machtverhältnisse in Italien auswirkte. Hinzu kam, dass die habsburgischen Truppen auch in den Folgejahren unter Dauns Kommando erfolgreich vorrückten. Nach dem Triumph von Turin gelang der Vormarsch bis in das spanisch-habsburgisch beherrschte Neapel. Trotz familieninterner Konkurrenz im Haus Habsburg konnte deren Position in Italien insgesamt gefestigt werden, zumal unter Feldmarschall Dauns Führung auch die Eroberung Sardiniens gelang. Die europaweit Aufsehen erregenden Erfolge Dauns wurden neben höchsten anderen Ehrungen mit der Ernennung zum Vizekönig in Neapel belohnt, wo Graf Wirich von 1713 bis 1719 residierte. Nach seiner Rückkehr trug er als oberster Land- und Hauszeugmeister Verantwortung für die österreichische Artillerie und amtierte in der Hauptstadt Wien als Stadtkommandant.

Mitte der 1720er Jahre ging es dann darum, die noch junge österreichische Herrschaft in den Südlichen Niederlanden – also auch im Herzogtum Luxemburg und damit in Teilen der Eifel – zu stabilisieren. Mit dieser Aufgabe wurde der militärisch und administrativ gleichermaßen qualifizierte Graf Wirich beauftragt und im Januar 1725 zum Interimsstatthalter in Brüssel ernannt. Seine Amtszeit währte zwar nur bis zum November, wird aber von Historikern trotz ihrer kurzen Dauer als bedeutsam bewertet. Nach Ansicht von Klaas Van Gelder und Sandra Hertel bildete die Amtszeit Dauns einen erfolgreichen Wendepunkt in der Regierung der Österreichischen Niederlande. Neben seinen allgemeinen Aufgaben war Graf Daun in einer geheimen Instruktion verpflichtet worden, die Statthalterschaft der Erzherzogin Maria Elisabeth vorbereiten. Graf Daun war in Brüssel in Personalunion Generalgouverneur, Obersthofmeister, Erster Minister und Hoffourier. Zu seinen sehr vielfältigen Aufgaben gehörte sogar die Einrichtung der Zimmer für die Hofdamen: „Damit war der ehemalige Militär und Stadtkommandant von Wien restlos überfordert. Er kannte sich mit der Einrichtung der Frauenzimmer in der Hofburg nicht aus – der Zutritt dort war ihm strengstens untersagt und wurde von der Obersthofmeisterin des jeweiligen Frauenhofstaates überwacht.“ (Van Gelder/ Hertel).

Sein letztes Spitzenamt erhielt Graf Wirich im Jahr 1728, als er zum Gouverneur des Herzogtums Mailand berufen wurde. Seine Gouverneurszeit dauerte bis 1733, dann musste er sich teils wegen der militärischen Lage, teils aufgrund interner Konkurrenzkämpfe innerhalb des habsburgischen Machtgefüges, zurückziehen. Die letzten Lebensjahre verbrachte er wieder in Wien. Dort hatte er Jahrzehnte zuvor durch den Barockbaumeister Lukas von Hildebrandt für sich und seine Familie das prachtvolle, heute so genannte Kinsky-Palais errichten lassen. Wirich Philipp von Daun starb im Juli 1741 und wurde in der Wiener Augustinerkirche, der Pfarrkirche des Kaiserhofs, beigesetzt. Dort befindet sich in der zweischiffigen Georgskapelle sowohl sein Grabmal als auch das seines Sohnes Leopold.

Verfasser: Gregor Brand

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