Föderation – heilige Kuh?

80 Millionen Deutsche müssen ohnmächtig zusehen, wie die, denen sie bei den Länderwahlen ihre Stimme gaben, ihren Kindern die Teilhabe am digitalen Fortschritt verweigern. Sie ziehen die föderale Trumpfkarte, in Wirklichkeit geht es ihnen aber um eiskalte Egoismen: Die 5 Milliarden vom Bund für die digitale Ausstattung der Schulen würden sie schon gerne einkassieren, aber nur, wenn sie damit machen könnten, was sie wollten. Der Bund weiß um die Schwachstellen, kennt das katastrophale Bildungsgefälle zwischen den einzelnen Ländern, könnte allemal bei den Bayern der richtigen Verwendung der Gelder trauen, nicht aber bei den meisten SPD-geführten Ländern. Föderalismus widerlegt sich selbst, wenn er sich in einer Situation, in der zentrale Regelungen objektiv vorteilhafter wären, zur heiligen Kuh hoch stilisiert. Es wäre endlich an der Zeit für den großen Wurf, statt sich in Kleinstaaterei zu verzetteln. Die Zeiten haben sich geändert; von einem deutschen Zentralstaat ginge keine Gefahr mehr aus, dazu sind wir militärisch zu unbedeutend und vor allem fest in Europa und die Nato eingebunden.

Die deutsche Wirklichkeit ist geradezu grotesk: 16 Zwergländer in einem geografischen Ministaat kochen – bei einem gravierenden Leistungsgefälle innerhalb der Länder – jeweils ihre eigenes, lächerlich kleines Mini-Süppchen. Beispiel: Während man für ein bayerisches Abitur noch wirklich Leistung bringen muss, ist ein Reifezeugnis in Bremen oder Hamburg seinen Namen nicht wert. Und das in ein und demselben Staat, der als rohstoffarme Exportnation auf ein einheitlich hohes Bildungs- und Ausbildungsniveau angewiesen ist. 16 Mini-Regierungen mit 16 Mini-Landtagen samt Verwaltungsunterbau „verbraten“ auf Zwergniveau unnötig viele Milliarden schwer erarbeiteter Steuergelder, machen den deutschen Staat zur lahmen Ente und zum ineffizienten Diskutierclub. Ein Zentralstaat könnte mit einem Bruchteil des finanziellen Aufwands hohe Standards durchsetzen, Klein- und Großkriminalität eliminieren, mit Missmanagement und kleingeistigen Länderegoismen aufräumen, asoziale, bildungsferne Sümpfe austrocknen, die unseren Kindern die Zukunft stehlen und noch vieles andere mehr; er könnte unser fähiges Land zum Blühen bringen. Warum soll man das Grundgesetz nicht ändern, wenn es objektiv von Vorteil ist?

Aber: Glauben Sie an Wunder, bei so viel trägem Egoismus, Kleingeist, Eigentümelei und Stammtischmentalität, der es sogar gelungen ist, alte Autokennzeichen wie BKS, ZEL, PRÜ usw. wieder zum Leben zu erwecken? Glauben Sie, das fest im Sattel sitzende dezentrale Establishment wäre bereit, zum Wohle des Gesamten eigene Zuständigkeiten aufzugeben? Sie würden eher „den Karren in den Dreck fahren“ als einen einzigen fett bezahlten Posten aufzugeben.

Manfred Schmitzt, Flußbach

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