Leserbrief: Corona- und Klimakrise gemeinsam, solidarisch, gerecht und ökologisch bewältigen!

Die Corona-Krise ist neben der Klimakrise die wohl größte Herausforderung der Menschheit nach dem zweiten Weltkrieg. Die Corona-Krise führt uns vor Augen, wie fragil unser Leben auf diesem Planeten ist und wir nur eine Überlebenschance haben, wenn Kriege beendet werden und solidarisch zusammengearbeitet wird, um weltweite Krisen zu bekämpfen. Es braucht einen radikalen Bewusstseinswandel, damit die nationalistische neoliberale kapitalistische Globalisierung beendet und der Welthandel an ökologischen und sozialen Mindeststandards ausgerichtet wird. Wir befinden uns an den Kipppunkten des Planeten und es gibt keine zweite Chance eine nachhaltige Wirtschaftsweise umzusetzen.

Lobbyisten stoppen – Gemeinwohl stärken!

Die Autolobby will Kaufprämien für den Autokauf ohne Umweltauflagen. Die Autokonzerne haben in der Vergangenheit z. B. mit dem Dieselskandal und der Nichteinhaltung und dem Betrug bei den Abgaswerten gegen das Gemeinwohl verstoßen. Deshalb darf es auf jeden Fall keine Kaufprämie (Neuauflage der Abwrackprämie nach der Finanzkrise 2009) für den Verkauf von Verbrennern geben. Vor dem Hintergrund der Klimakrise muss das Gemeinwohl und der Gesundheitsschutz Vorrang haben. Bei der Transformation der Automobilindustrie müssen Umwelt- und Verbraucherverbände beteiligt werden, damit ein ökologischer Strukturwandel zu einer zukunftsfähigen Mobilität erfolgen kann. Autokonzerne wie BMW, Daimler und VW, die Milliarden auf der hohen Kante haben, Milliarden für Dividenden an ihre Aktionäre zahlen, Managerboni auszahlen und Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen, müssen mit eigenen Mitteln die Krise überwinden. Dänemark zahlt keine Staatshilfen an Unternehmen, die Dividenden ausschütten. Zudem dürfen Konjunkturhilfen nicht für Industrien von gestern verpulvert werden, das Geld brauchen wir für unsere Zukunft, nicht für unsere Vergangenheit!

Die absolute Spitze dieses Lobbyistendrucks vertreten die Fußballvereine der Bundesliga. Ca. 20.000 Corona-Tests sollen für Fußballspieler verwendet werden, die bis zu 20 Millionen jährlich verdienen, während für schlecht bezahlte systemrelevante Berufe nicht ausreichend Tests zur Verfügung stehen.

Flugverkehr begrenzen – in nachhaltige Mobilität investieren!

Für die Lufthansa sind ca. 10 Mrd. Staatshilfen im Gespräch. Hilfe für die Lufthansa darf es nur geben, wenn dies mit klaren klima- und sozialpolitischen Bedingungen verknüpft wird. Statt mit „Miles and More“ die Vielfliegerei zu fördern, müssen Steuerprivilegien der Flugbranche abgeschafft, eine Kerosinsteuer und eine Vielflieger*innenabgabe eingeführt werden. Notwendig ist die Verlagerung der innerdeutschen Kurzstreckenflüge und der ins benachbarte Ausland auf die Bahn, die heute schon die zeitliche Alternative bietet. Voraussetzung für die Hilfe wären weiter der Einsatz von C02-armen Treibstoffen auf Langstreckenflügen. Damit die Fluggesellschaften nicht zu ihrem Geschäftsmodell mit rasant steigenden Emissionen und Steuervergünstigungen für Flugbenzin zurückkehren, muss die Luftfahrt zu einer ökologischen Wende mit ökologischer Rahmensetzungen gezwungen werden. Dies kann z. B. mit einer Sperrminorität und Aufsichtsratsmandaten bei der Lufthansa abgesichert werden.

Notwendig ist ein klimagerechter Strukturwandel in der Mobilität, indem Verkehrsnetze umgebaut, klimafreundliche Alternativen wie der Schienenverkehr begünstigt, Umsteigemöglichkeiten stark optimiert und Verkehrsvermeidung gefördert werden. Sämtliche Subventionen, vor allem für Regionalflughäfen müssen gestrichen werden. Eine „Pooling“ von Passagieren und/oder Cargo ist anzustreben, so dass Leerflüge oder gering ausgelastete Flugbewegungen vermieden werden.

Umbau des Tourismus

Einer der Sektoren mit den größten Einschnitten und daraus folgenden Veränderungen wird der Tourismus und der Reiseverkehr sein. Davon wird das Inland in gleichem Maß betroffen sein wie der Verkehr ins und aus dem Ausland, allerdings mit unterschiedlichen Vorzeichen. Während der Reiseverkehr ins Ausland, vor allem nach Übersee in den nächsten Jahren weitgehend kollabieren wird, wird sich der Tourismus in Deutschland sehr schnell erholen können, wenn die Unternehmen bis dahin gestützt werden. Die nicht kapital-finanzierten Reisebüros, Agenturen, Hotels, Pensionen, Ferienwohnungsvermieter brauchen eine Überbrückung für die unverschuldete Ausfallzeit, und zwar nicht als Darlehen, sondern als nichtrückzahlbaren Zuschuss.

Dagegen kann auf eine vergleichbare Förderung der großen kapitalbasierten Unternehmen wie Ryanair, Condor oder FTI verzichtet werden. Die Anteilseigner kannten das Risiko der Branche und mussten einen Totalverlust in ihre Renditeträume einkalkulieren!

Das Wiederbeleben der bisher ungebremsten Zunahme von Kurztourismus, Kreuzfahrten und sog. „Cluburlauben“ führt – nicht nur klimapolitisch – in eine unverantwortbare Richtung und ist so zu beschneiden und zu verteuern, dass die wahren Kosten von den Reisenden und nicht von den Steuerzahler*innen und den Bewohner* innen der Zielländer zu tragen ist. Diese Reisen verursachen in den Zielgebieten enorme soziale, ökologische und ökonomische Verwerfungen. Der Profit wird nahezu ausschließlich bei Großveranstaltern, Reedereien und Billigflugairlines verbucht.

Staatliche Hilfen müssen sich an diesen Fakten orientieren und dafür Sorge tragen, dass sowohl in den Zielgebieten als auch hierzulande Mindeststandards eingehalten werden und keine Preiskämpfe auf Kosten anderer und des Klimas ausgefochten werden können. Die Konzentration auf wenige Großkonzerne im Tourismus kann nicht weiter ignoriert oder gar gefördert werden.

Für den (leider sehr wahrscheinlichen) Fall einer nötigen Wiederholung der beispiellosen Rückholaktion deutscher Reisenden ist schnellstmöglich eine verpflichtende, kostendeckende Versicherung für alle Reisen außerhalb der EU und in Übersee einzuführen. Aus den Einnahmen wird zunächst die benötigte Infrastruktur aufgebaut und mit Personal ausgestattet, und zwar so, dass es im Krisenfall schnell aufgestockt werden kann.

Letztlich fordern wir umgehend – zumindest vorübergehend für die nächsten Jahre – die Schaffung der Stelle einer*s „Beauftragten für Touristik“ (vergleichbar dem Beauftragten für Kultur der Bundesregierung), welche*r die genannten Aufgaben angeht. Dabei ist der Tourismus in Deutschland grundlegend auf eine ökologische Ausrichtung umzubauen, die Zusammenarbeit der Reisegebiete innerhalb Deutschlands und der EU zu fördern und zu verstärken, Jugendprogramme schnellstens zu reaktivieren und zu fördern. In Zusammenarbeit mit den betroffenen anderen Ministerien werden z.B. EU-weite bezahlbare (!) engmaschige Nachtzugverbindungen geschaffen, Austauschprogramme für Jugendliche mit Nicht-EU-Ländern initiiert und gefördert sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze für die in der Fernreise-Industrie wegfallenden koordiniert.

Kein Geld der Steuerzahler*innen für den Finanzsektor!

Nach der Finanzkrise 2008 wurde versprochen, dass die Finanzunternehmen nicht wieder durch den Staat gerettet werden sollen. Jetzt wird wieder darüber diskutiert Banken zu retten, obwohl die für die Realwirtschaft zu vergebenden Kredite in großen Teilen vom Staat garantiert bzw. von der Notenbank subventioniert werden. Genauso wie beim Automobilsektor kann es nicht sein, dass der Bankensektor wieder Milliardenhilfen bekommt, um damit die Managerboni und die Dividenden der Aktionäre zu finanzieren. Die Aktionäre müssen für Verluste haften. Für den Börsenhandel ist eine Finanzmarkttransaktionssteuer einzuführen. Leerverkäufe, d. h. Spekulation auf fallende Aktienkurse, sind in dieser Krise zu verbieten. Die EZB sollte staatliche Anleihen in Europa nur dann aufkaufen, wenn sie nachhaltigen und sozialen Zwecken dienen.

Sozial-Ökologisches Konjunkturprogramm zur Bewältigung der Corona- und Klimakrise

Erforderlich ist ein sozial-ökologisches Konjunkturprogramm, ein Green New Deal, um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen. Konjunkturhilfen müssen an den Schutz des Klimas gekoppelt werden, um das Wirtschaftssystem nachhaltig, widerstandsfähiger und zukunftssicherer zu gestalten. Eine Fortsetzung des bisherigen katastrophalen Wachstumsmodells auf Kosten der Natur und der ärmeren Bevölkerungsschichten lehnen wir ab. Die Einkommensmillionäre sowie die Vermögensbesitzenden, die aktuell vom „Staat“ mehr als alles anderen profitieren, müssen – endlich! – ihren Anteil zur Bewältigung aller Krisen, aktuell der Corona- und Klimakrise leisten.

Kein Geld für weitere Aufrüstung – Militärhaushalte in die Bekämpfung der weltweiten Corona- und Klimakrise einsetzen!

Die Bundeswehr braucht keine neuen Kampfflugzeuge für Out-of-Area-Kriege, sie ist laut Grundgesetz ausschließlich eine Verteidigungsarmee. Dafür und für UN-Mandate braucht die Bundeswehr keine Kampfflugzeuge. Der Kauf von Boeings F18-Kampfflugzeugen soll dazu dienen, um die in Büchel stationierten Atombomben zu transportieren. Die F18-Boeings werden nicht benötigt, denn die Atombomben sind ein Verstoß gegen internationales Recht und schon allein deshalb umgehend aus Büchel abzuziehen.

Laut der neuesten Sipri-Studie geben die Staaten fast zwei Billionen Dollar für militärische Aufrüstung aus, davon 5 Länder (USA, Russland, Indien, Russland und Saudi4 Arabien) zwei Drittel dieser Ausgaben, was 2,2 Prozent des globalen Sozialprodukts entspricht. Deutschland liegt mit 50 Mrd. an der siebten Stelle und hat mit 10 Prozent Steigerung den höchsten Zuwachs. Wir wollen Abrüstung und weiterhin eine atomwaffenfreie Welt. Deutschland muss bei der Abrüstung vorangehen und könnte mit dem Abzug der Atombomben den Prozess einer neuen Entspannungspolitik und Abrüstung einleiten. Die so gesparten Mittel werden dringend gebraucht, um die globalen Krisen wie die Corona- und Klimakrise, Hunger und Verelendung in einer nachhaltigen und gerechten Welt zu bekämpfen.

Europäische und internationale Solidarität!

Überall wo Menschen vom Tourismus leben, haben große Teile der Bevölkerung Arbeit und Einkommen verloren. Parallel führt der Abbruch von Lieferketten viele hundert Millionen Menschen in die Armut. Es gib nur wenige 3. Welt-Länder die Sozialsysteme haben, um dem Massenelend zu begegnen. Auch in reichen Ländern sind die ärmeren Bevölkerungsschichten besonders betroffen, ebenso wie kleine Unternehmen und deren Jobs. Durch die Corona- und nach der Wirtschaftskrise kommt es zu politischen Krisen und Hungeraufständen bis hin zu Staatsstreichen (so z.B. Orban in Ungarn) sowie Massenauswanderung in den 3. Welt-Ländern. Die Menschheit befindet sich an den Kipppunkten beim Klima und bzgl. der sozialen Auswirkungen der Corona-Krise. Deshalb ist es unabdingbar bei der Bewältigung der Corona- und Klimakrise die notwendigen billionenschweren Konjunkturprogramme anhand der Klimaziele und an sozialer Gerechtigkeit zu gestalten. In Europa muss die Krise solidarisch gelöst werden, dazu gehören Corona-Bonds. Die Industrieländer stehen in der Pflicht, den Entwicklungsländern zu helfen. Sie selbst haben größtenteils die Umstände dort verursacht, die jetzt vor Ort die Krise verschärfen.

Die Corona- wie die Klimakrise zeigen, dass die politisch Verantwortlichen entsprechend dem wissenschaftlichen Forschungsstand demokratisch handeln müssen, um zukünftigen katastrophalen Zuständen auf diesem Planeten vorzubeugen. Sie zeigt auch, dass die Menschen bereit sind, selbst gravierende Verhaltensänderungen in Kauf zu nehmen und auch Verbote dafür ein legitimes Mittel sind, um den Planeten und die Menschheit zu retten, denn wir alle haben nur ein Leben und keinen Planeten B !

Verantw. für den Inhalt:  Orga-Gruppe Unabhängige Grüne Linke (UGL)

www.grune-linke.de

Klemens Griesehop, Andrea Piro, Mario Hüttenhofer, Barbara Romanowski, Karl-Wilhelm Koch, Lothar Winkelhoch

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