Leserbrief: „Orden wider den tierischen Ernst“ für Horst Seehofer

Ein belustigtes, genüssliches Lächeln auf den Lippen Horst Seehofers sprach Bände, als er kurz nach seinem flotten Spruch „Die Migration ist die Mutter aller Probleme!“ gut gelaunt vor die Presse trat. Ich habe über diesen Spruch Tränen gelacht, fühlte mich in die Zeiten eines geistig brillanten, Franz-Josef Strauß, eines scharfzüngigen Herbert Wehner zurück versetzt und  empfand unverhohlen Häme über den gezielten Blattschuss Seehofers auf die spitzmäuligen, überkandidelten  Hysteriker, Haarspalter und Langweiler der Nation, die aufheulten wie getroffene Hunde, weil sie keinen Spaß vertragen. – Wie einfach ist es doch, in die tristen Fettnäpfchen der Humorlosen zu treten und ihre kraftlosen Tretminen hoch gehen zu lassen. Auch unser Staatsoberhaupt mahnte mal wieder tiefernst zur Mäßigung und sogar die Bundeskanzlerin zeigte sich betroffen vom bewusst inszenierten Spektakel Horst Seehofers und meinte, sich äußern zu müssen: „Ich würde das anders ausdrücken!“ Hätte sie geschwiegen, hätte man sie für – (Sie kennen den antiken Spruch?) – gehalten.

Wie arm und kleinkariert ist doch das Leben ohne scharfsinnige Ironie, ohne hintergründigen Humor, ohne Spott und ohne die Größe, sich auch selbst mal auf den Arm nehmen zu können! Wann haben Sie zuletzt deutsche Politiker oder Politikerinnen  herzlich laut und befreit lachen sehen, womöglich sogar über sich selbst? – Noch nie? – Tierischer Ernst und Humorlosigkeit bestimmen die politische Kultur: Man lauert auf jede noch so belanglose verbale Unachtsamkeit, um sie zu verdrehen und den Gegner damit fertig zu machen. Fakten sind nebensächlich; es kommt nicht darauf an, was gesagt, sondern wer es sagt und wie es gesagt wird. Und wer es wagt, nicht genehme Wahrheiten auszusprechen, die von der herrschenden politischen Meinung –  z. B. von der Migrationspolitik – abweichen, wird nicht mit Argumenten widerlegt, sondern isoliert, geschasst oder auch kurzerhand für unfähig erklärt. – Trifft es etwa nicht hundertprozentig zu, dass die Migration ein monströses Problem ist und ist die von Seehofer einsam und  mutig vertretene Auffassung von einer Obergrenze nichts anderes als die nackte Wahrheit? Alle wissen es, fallen aber über den her, der es ausspricht; das nenne ich hochgradige Verkommenheit. – Wer  auch nur einen Funken Humor und Format hat, wird die verbale Anlehnung an einen Spruch des ehemaligen ebenso bösartigen wie lächerlichen irakischen Diktators Saddam Hussein  (…….die Mutter aller Schlachten“) als bewussten Scherz Seehofers verstehen; darüber kann ein souveräner Mensch doch nur lachen.

Wenn der Staat die Sprache kontrolliert, und wenn  man sich keinen groben Scherz mehr erlauben darf, sind Meinungsfreiheit und Humor tot.  – Was die Sprachkultur anbelangt: Geht Ihnen die Überschwemmung unseres Alltags mit Anglizismen (Talkshow, sale,  noname, nogo, fake news, location, usw.) auch so auf den Senkel,  die groteske Anglisierung der Schlagerwelt auch so auf die Nerven? – Weil ich das Aufheulen der Überkandidelten, Pinscher und Kleinkarierten so sehr genieße, wünsche ich mir noch viele flotte Sprüche von Horst Seehofer und ganz speziell für ihn den „Orden wider den tierischen Ernst!“

Manfred Schmitz, Flußbach

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