Meinungsfreiheit? – „Trau, schau wem!“

Im Streit zwischen Seehofer und Merkel bzw. CSU und CDU um die Grenzsicherung wurden Begriffe wie Asylflut, Asylindustrie, Asyltourismus usw. verwendet, die man eher der AfD zuordnet. Zweifellos meinte der Bundespräsident solche Schlagworte, als er kürzlich einen vorsichtigeren Umgang mit der Sprache anmahnte. Darf man vermuten, dass er damit die Kritiker der Migrationspolitik disziplinieren bzw. einseitig die Vertreter der offiziellen Flüchtlingspolitik stärken will? In diesem Falle hätte er seine Neutralität verletzt. Eine rote Linie demokratischen Umgangs ist zweifellos überschritten, wenn prinzipiell alles, was von der AfD kommt, diskriminiert wird, auch dann, wenn es politisch korrekt und obendrein noch sachlich zutrifft. „Wehret den Anfängen“ – sagt das Sprichwort! Wenn die „Dinge nicht mehr beim Namen genannt“ werden dürfen bzw. der Staat die Sprache kontrolliert, ist die Meinungsfreiheit tot.

Gott sei Dank kann man sich in Deutschland frei äußern, ohne gleich im Gefängnis zu landen. Was soll man aber von den Mitbürgern halten, die trotzdem zu feige sind, ihre Meinung zu äußern? – Absolute Meinungs- und Medienfreiheit ist eine Illusion, denn am Recht vorbei findet permanent Zensur statt. Z.B. wird kein Moderator, kein Redakteur der öffentlich-rechtlichen Medien etwas „durchlassen“, was nicht im Sinne der politischen Korrektheit ist. – Der berühmte Autor und Medienfachmann Peter Scholl-Latour musste es wissen: Bei der Vorstellung eines seiner Bücher vor ein paar Jahren in Daun äußerte er, dass nur einige, wenige einflussreiche „graue Eminenzen“ im Hintergrund darüber bestimmten, was, ob und wie etwas veröffentlicht werde; er meinte wohl die mächtigen Geldgeber bzw. Inhaber großer Medienkonzerne und Verlage; das sind die potentiell stärksten Meinungsmacher.

Die dramatischste und perfideste Beeinflussung der öffentlichen Meinung geht von den so genannten Think Tanks (Meinungsfabriken) aus. Das sind Institute, die durch Erforschung, Entwicklung und Bewertung von politischen, wirtschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Konzepten und Strategien Einfluss auf die öffentliche Meinung nehmen. Man sollte ihren Publikationen (z.B. Gutachten von angeblich unabhängigen Wissenschaftlern) nicht blind trauen, denn die dienen in der Regel den eigenen und den Interessen ihrer Klientel. Ihr Einfluss reicht bis in die Spitzen der Politik, weshalb wir besonders der political correctness wachsam misstrauen sollten. Denn auch sie kann uns zu geistigen Sklaven machen.

Meinungsmanipulation im großen Stil ist Teil unserer Lebensrealität. Freiheit des Denkens gibt es nicht ohne die Möglichkeit, sich öffentlich risikofrei äußern zu können. Bei uns muss man nicht fürchten, eine unbequeme Meinung zu haben, aber man muss Angst haben, mit ihr allein da zu stehen. Denn Unbequeme werden nicht fair widerlegt, sie werden von denen, die an den Hebeln der Meinungsmacht sitzen, isoliert bzw. platt gemacht.

Manfred Schmitz, Flußbach

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