Ortschefs, Handlanger der Politik an der Basis?

In 195 Orten der Region fehlen Bürgermeister-Kandidaten – Dörfer suchen verzweifelt Ortschefs

Wenn nur noch verwaltet wird und der Spielraum zum Gestalten einer Gemeinde immer kleiner wird, dann ist es kein Wunder, dass den Ortsgemeinden die Chefs abhandenkommen und den Räten die Motivation zum Ehrenamt verloren geht. Nach 50 Jahren ununterbrochen Ratsmitglied, davon 15 Jahre als Ortsbürgermeister und 12 Jahre als 1. Beigeordneter in einer aufstrebenden Gemeinde mit rd. 1.400 Einwohnern kann ich diese Entwicklung nur zu gut nachvollziehen. Der Ortsbürgermeister wird mehr und mehr zum Hilfssheriff degradiert und damit zunehmend Handlanger der Politik. Was bleibt den Gemeinden noch finanziell für die Gestaltung im Rahmen freiwilliger Leistungen und zur Verbesserung der Infrastruktur? Viele Projekte und Initiativen in einer Gemeinde sind nur noch über das Ehrenamt zu leisten.

Dörfer suchen deshalb verzweifelt Ortschefs. Rheinland-Pfalz hinkt anderen Bundesländern noch hinterher. Da hilft auch nicht die angekündigte Erhöhung der Aufwandsentschädigung durch das Innenministerium. Zur Übernahme eines solchen Amtes gehört soziales Engagement in den Vereinen, Bürgernähe, den Anliegen und Problemen der Bürgerinnen und Bürger zuhören können, Entscheidungen so treffen, dass sie in gleichgelagerten Fällen auch Bestand haben, ja gehört in erster Linie Herzblut für die Weiterentwicklung der anvertrauten Gemeinde. Der Umgang mit neuen Technologien ist wünschenswert und erleichtert die Arbeit. Bei der Bewältigung des Verwaltungsaufwandes wäre es dringend geboten, dass die Verbandsgemeindeverwaltungen und die Kreise, die dafür fast die Hälfte der haushaltsmäßigen Aufwendungen einer Kommune kassieren, mehr und intensiver beratend eingreifen und die Arbeit der Kommunen unterstützen. Ich möchte Mut machen und sagen, es gibt auch schöne Momente im Leben eines Ortsbürgermeisters, z.B. anderen helfen zu können, Ratschläge geben, Hilfe und Unterstützung leisten bei der Lösung von Problemen. In den Räten sollen und müssen Leute sitzen, die sich für das Wohl und die Entwicklung ihrer Heimat interessieren und einsetzen. Die Realität vor Augen, keine Traumtänzerei und selbst anpacken heißt die Devise für eine erfolgreiche Arbeit als Ortsbürgermeister, dazu gehören unter anderem: Gemeinde gestalten, den Bürgern/innen vertrauensvoll und offen mit Rat und Tat zur Seite stehen und vordergründig Teamfähigkeit. Nicht Salär, nein Motivation ist der Schlüssel zum Erfolg und zur Weiterentwicklung der Gemeinde auf dem Weg zu einer lebens- und liebenswerten Dorfgemeinschaft nach dem Motto „Achtsam miteinander – füreinander“.

Ossi Steinmetz, Bausendorf

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen