Leserbrief: Quo Vadis Bringsystem – rettet Bürgerbegehren die Biotonne?

Nachdem die Studie des Witzhausen Instituts nicht mehr zur Beurteilung der Akzeptanz der Biotüte herangezogen wird – fragt sich nur warum! – verbleibt nunmehr noch eine weitere vom A.R.T. in Auftrag gegebene Studie als Hoffnungsträger. Hier geht es um eine Studie, die das Bifa Institut zur Ökoeffizienzanalyse, Nachweis der Gleichwertigkeit des A.R.T.-Konzeptes gegenüber der getrennten Erfassung von Bioabfällen in der Biotonne, erstellen soll. Das Biotütenmodell steht also immer noch unter Vorbehalt dieser Analyse. Müsste ein möglicher negativer Bescheid dann nicht die Biotüte stoppen? Warum dauert das so lange, oder ist die Studie längst zugestellt, nur das Ergebnis fiel nicht wie erwartet aus?

Da hat ein anstehendes Bürgerbegehren, gemäß §11e Landkreisordnung (LKO), schon eine andere Gewichtung, könnte es doch in letzter Sekunde noch die Wende zum Guten schaffen. Es geht zurzeit noch um die Abklärung einiger rechtlicher Dinge, auch um Verfahrensfehler zu vermeiden. An die 3.000 Stimmen werden benötigt um damit erfolgreich zu sein. In der Kürze der Zeit – am 02.01.2020 ist Abgabeschluss – nicht leicht, aber zu schaffen. In einer weiteren Abklärung ist zu prüfen, ob das Bringsystem überhaupt rechtskonform ist. Einem erfolgreichen Bürgerentscheid kommt da die gleiche Wirkung zu wie einem Kreistagsbeschluss und muss daher zwingend von der Verwaltung umgesetzt werden. Auch hat ein erfolgreicher Bürgerentscheid einen höheren Bestandsschutz als ein Kreistagsbeschluss, der jederzeit vom Kreistag wieder geändert werden kann. Das soll als kurze Erklärung reichen. Deshalb auch gleich die Weiterleitung an den Kreistag wegen einer möglichen Beschlussänderung, oder ob es erst einer, für den Kreis kostspieligen Durchführung eines Bürgerentscheids bedarf. Vielleicht sollte man sich da auch einfach einer gefühlten 99 % Meinung der Bürger/innen für den Erhalt der Biotonne anschließen. Schließlich haben diese Bürger/innen die Mitglieder als ihre Vertreter in den Kreistag gewählt, und mit Sicherheit nicht um solch bürgerfeindliche Entscheidungen zu treffen. Der Ausgang eines Bürgerbegehrens/Bürgerentscheids dürfte wohl unstrittig sein.

Der erfolgreiche Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses, d.h. er muss von der Verwaltung genauso umgesetzt werden, wie ein Gemeinderatsbeschluss. Also werte Kreistagsmitglieder/innen, widerruft eure Fehlentscheidung bei der Müllentsorgung betreffs der Biotonne, jeder hat ein Recht auf Irrtum, aber nur solange man es nicht besser weiß, und schafft dieses „Irrsinnssystem“ wieder ab. Denn ihr habt es in euren Händen unseren gewohnten Tagesablauf wieder herzustellen, habt sozusagen die A.R.T.‘sche Fernbedienung, inklusive der „ON“- aber auch der „Off“-Taste. So lange die alten Tonnen weder abgeholt noch geschreddert sind, bleibt Zeit zur Schadensbegrenzung. Im Zusammenhang des Begehrens wurden auch zielgerichtete Fragen zum Thema Biotonne versus Biotüte an drei unabhängige Umweltinstitute gerichtet. Man darf bespannt sein, wie die Biotüte da abschneiden wird. Nichts destotrotz sollten dem Landrat bei seiner Werksbesichtigungsfahrt am 13.12.2019 nach Mertesdorf zur Herzkammer des A.R.T., zur mechanisch biologischen Trocknungsanlage (MBT), weiter unbequeme Fragen gestellt werden, sofern überhaupt jemand mitfährt. Findet dort vielleicht der Glaube an die schöne heile Welt der in der A.R.T. Abfallfibel propagierten, mehr als vorbildlichen Müllverwertung, ein jähes Ende? Landet am Ende doch alles wieder im gierigen Maul der MBT? Warum behauptet der A.R.T. auch weiterhin, die längst widerlegte Mär, die MBT brauche mindestens 30 % Biomüll zur Verbrennung? Und warum kann der A.R.T. eigentlich als einziger Entsorger Deutschlands nichts mit einer Biotonne anfangen? Ist es ernst gemeint, sich der Biotüte zwischen Einkauf und Arztbesuch zu entledigen, wegen des Klimaschutzes? Allein der Gedanke daran danach dem Arzt die Hand zu reichen… Vielleicht plaudert der Landrat ja auch etwas aus dem Nähkästchen, erklärt warum der A.R.T. bei der Auftragsvergabe gesetzt war, man keine weiteren Mitbewerber haben wollte. Die verbraucherunfreundliche Gebührenstruktur besteht nur, weil der A.R.T. sich nicht einem wirtschaftlichen Wettbewerb stellen musste? Erklärt wird nicht, wie hoch der Anteil des Vulkankreises an den 18 Millionen Euro der Müllumsiedelung ist und was die Anschaffung der Sammelcontainer, Eimerchen und Tüten den Gebührenzahler kosten? Warum braucht man fünf Jahre Planwirtschaft, um die unterschiedliche Gebührenstruktur in den fünf Mitgliedslandkreisen anzupassen? Werden alle Verbraucher alternativlos die 9,45 Euro für eine Zusatzleerung zahlen, oder werden eigene „Wegwerfsysteme“ getestet? Man möchte das nicht näher ausführen, wegen den schlafenden Hunden. Oder ist es da besser überzähligen Müll gleich direkt vor den Rathäusern abzulegen, wegen der besseren Auffindbarkeit und Entsorgungsmöglichkeit? Wird man jemals den Landrat oder den A.R.T. Doktor beim ausführen ihres Bio Eimerchens beobachten können? Wohl eher nicht. Allenfalls vielleicht als PR-Gag.

Was aber machen ältere, kranke oder behinderte Menschen ohne Auto mit ihrem Biomüll oder mit ihrem Rasenschnitt ohne die gewohnte Biotonne? Ist es da, wie vom A.R.T. empfohlen, nicht dreist, dieses dem Nachbarn zu übertragen? Und vor allen Dingen wer haftet auf dem Weg zur Sammelstelle? Jemand, würde sich des Winters die Haxen brechen, an Schlimmeres möchte man da erst gar nicht denken. Ist man dann Opfer und Täter zugleich, somit selber schuld? Oder richten die Gemeinden eine externe Kasse zur Opferentschädigung ein, Krankenhausfahrt eingeschlossen? Oder zahlt gar der A.R.T., weil sich schuldig fühlend? Oder gibts was aus der „prall“ gefüllten Kreiskasse? Auch sollte darüber hinaus das „Grundrecht auf eine Biotonne“ im Grundgesetz verankert werden; allein schon um weitere Kommunen vor solch Eifeler Narretei zu bewahren. Oder wird am Ende doch nur wieder, politisch korrekt, viel geredet aber so gut wie nichts gesagt bzw versucht die vergangenen Beschlüsse schön zu reden? Also gehts nur wieder um Vergangenheitsbewältigung, wie schlecht das doch mit geräumigen 120 Liter Biotonnen und den 240 Liter Restmülltonnen war, und vor allem so ungerecht, weil viel zu preiswert. Jeder wollte da Müll trennen, oh wie schrecklich das doch alles war. Aber dieses Horrorszenario für den A.R.T. ist nun vorerst zu niemanden Zufriedenheit gelöst. Und bitte nicht vergessen, liebe Mitfahrer/innen bei der Landratstour nehmt die Eimerchen, gefüllt mit einer Überraschungstütenfüllung eurer Wahl, und möglichst auch viele Windelsäcke mit, koste es was es wolle, als Dankeschön und zum Gruppenbild mit Landrat hervorragend geeignet, auf dass es Letzterem auf ewig in Erinnerung bleibt. Das ein oder andere Protestplakat würde dem Bild dann noch die nötige Tiefenschärfe verleihen.

Fazit: Diese Kungelei, von Kreistag und A.R.T. beim Kampf gegen die Biotonne ist gefühlte DDR 2.0 pur. In einer mit Leben erfüllten Demokratie hätte man zumindest eine Schamfrist eingehalten und die Ergebnisse der beiden Studien sowie die vier Monate währende Einspruchsfrist der Bürger/innen durch ein Bürgerbegehren abgewartet anstatt im Vorfeld schon des Gebührenzahlers Gelder für unzählig viele Sammelbehälter und Eimerchen wohlmöglich in den Sand zu setzen. Das ist an Anmaßung und Überheblichkeit wohl nicht mehr zu toppen. So verkommt das Gemeinwesen.

Karl Hüppeler, Esch

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen