Weltmeister ohne Charakter

Ob Farbiger oder Weißer, ob deutschstämmig oder nicht, ob Jerome Boateng, Mario Gomez oder Manuel Neuer, die ganze Nation ist stolz auf sie, weil sie uns in der deutschen Fußball-Nationalelf Deutschland international so exzellent und würdig vertreten. Das ist kein Nationalstolz von früher, das ist legitimer, gewollter, stinknormaler Stolz einer großen Fußballnation, eines amtierenden Weltmeisters. Als deutsche Bürger sind wir stolz auf unsere Nationalspieler, weil sie aus unserer Mitte sind, weil man voraussetzen darf, dass sie sich aus innerer Überzeugung mit Deutschland identifizieren, zu unserer Lebensart und Kultur stehen. Was könnte also einen Nationalspieler daran hindern, die deutsche Nationalhymne zu singen?

Empfinden Sie es auch als äußerst befremdlich und peinlich, wenn gewisse Nationalspieler – wie zum Beispiel Özil – die Hymne nicht mit singen, wenn sich in ihrem Gesicht die Ablehnung dagegen ablesen lässt? Hier stellt sich die Frage nach Charakter, sowohl beim DFB als auch bei den betreffenden Spielern, die sich offensichtlich nicht mit Deutschland identifizieren. Die Antwort ist: Geld verdirbt den Charakter! Hätten diese Spieler Charakter, würden sie sich klar von der Nationalelf distanzieren, hätten die Verantwortlichen des DFB Charakter, würden sie solche Spieler aus der Nationalelf aus der Nationalelf ausschließen.

Wie tief die Fußballnation Deutschland charakterlich gesunken ist, wird an der Reaktion auf das Treffen der türkischstämmigen Spieler Özil und Gyndogan mit Erdogan deutlich. Sie bekundeten ihrem Präsidenten, der gerade dabei ist, die Türkei in eine Diktatur und einen mittelalterlichen Gottesstaat umzuwandeln, öffentlich ihre tiefe Ergebenheit. Hätte die Führungsriege des DFB Charakter, dann hätten die beiden schon auf dem Rückflug nach Deutschland ihren Rausschmiss aus der Nationalelf erfahren müssen. Doch kaum zurück, wurden sie sogar vom Bundespräsidenten empfangen, eine populistische Verbeugung des Staatsoberhaupts vor der fußballtrunkenen Masse, die von wenig Niveau zeugt. Ein lockeres Lippenbekenntnis, und schon war die Fußballwelt wieder in Ordnung! Özil und Gyndogan werden weiter spielen, wie wenn nichts gewesen wäre und man wird Özil weiterhin erlauben, mit trotziger Miene die Nationalhymne zu verweigern – Schande über Deutschland!

Charakter ist etwas für kleine, naive Leute, für Sie (?) und für mich, aber nicht für die Macher von Sport, Politik und Wirtschaft. Für die ist Charakter so überflüssig und hinderlich wie ein Kropf. Abgesehen von den brillanten sportlichen Leistungen geht es im Fußball nur noch ums große Geld und man fühlt sich an „Panem et circensis (Brot und Spiele) im alten Rom erinnert, wo die Cäsaren sich auch vor dem konsum- und vergnügungsgeilen Plebs verbeugten, indem sie ihn ständig mit Brot und Sensationen ruhig stellten.

Dabei hätten wir es in der Hand, die verkommenen Systeme DFB und FIFA durch öffentlichen Druck auf die Politik lahm zu legen, wenn wir uns ihnen verweigerten und sie auf jede nur mögliche Weise boykottierten. Wenn wir z.B. bei der kommenden Fußball-WM Krimis statt Spiele anschauten, Werbung des Systems ignorierten, nicht in die Stadien gingen, Medien, die über Fußball berichten, mieden usw. könnten wir die amoralischen Systeme in die Insolvenz treiben. Dazu gehört allerdings Charakter und der ist in einer beliebigen Spaßgesellschaft schlichtweg nicht vorhanden. – Mit systemgefährdender Kritik macht man sich auf beiden Seiten Feinde. Nennen Sie mich ruhig einen Querulanten und Spielverderber und schelten Sie mich der Arroganz und Verachtung; ich wäre stolz darauf.

Manfred Schmitz, Flußbach

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