Feiertage für Flutopfer im Ahrtal: Weihnachten am Wasser

Bad Neuenahr-Ahrweiler (dpa) – Maria, hochschwanger, und Josef suchen vergeblich eine Herberge. Jesus wird daher in einem Stall geboren. So steht es in der Bibel. Auch zwei Jahrtausende später, an Weihnachten 2021, sind im flutgeschädigten Ahrtal zahlreiche Familien immer noch auf Notunterkünfte angewiesen. Das extreme Hochwasser Mitte Juli hat hier 134 Menschen getötet, mehr als 750 verletzt und Tausende Häuser beschädigt oder zerstört. Wie feiern die Anwohner Heiligabend?

Ganz unterschiedlich, sagt der evangelische Pfarrer Bernd Bazin, Koordinator des Teams der Diakonie Katastrophenhilfe an der Ahr. Manche verbrächten Weihnachten in ihren Ausweichquartieren ganz woanders etwa bei Verwandten, manche wohl vor Ort in Notunterkünften wie Tiny Houses (Minihäuser), manche in ihren unbeschädigten Häusern weiter oben an den Hängen des Ahrtals.

Bazin vermutet, «dass es für manche ein unvergessliches Weihnachten wird: Wir haben in der Flut so zusammengehalten, wir haben so viel Solidarität erlebt» Für andere Talbewohner dagegen könnte Heiligabend «ganz furchtbar werden» mit der Wiederkehr traumatischer Erinnerungen an die Hochwassernacht, so dass sie eine Weihnachtsfeier als «pervers» empfinden könnten. Viele haben in der Nacht auf den 15. Juli in Todesangst auf Dächern ausgeharrt, Hilfeschreie von Nachbarn gehört und Zerstörungen an den eigenen Häusern erlebt, als von der Sturzflut mitgerissene Autos und Heizöltanks dagegen geprallt sind.

Danach sind im Ahrtal zahlreiche soziale Anlaufstellen entstanden, darunter der Verein «Die Ahrche» in Bad Neuenahr-Ahrweiler. An Heiligabend ist hier ein festliches Essen geplant. Die freiwillige Helferin Claudia Kreuser sagt: «Wir wollen den Leuten ein bisschen Heimat schenken und für sie ein offenes Ohr haben» Gerade an Weihnachten. Kreuser vermutet, «dass die Flut Kinderängste der Menschen geweckt haben könnte, die jetzt wieder hochkommen».

 

 

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