Aus der Postkutschenzeit

Kein Handwerk, aber eine Dienstleistung – das verbindet man mit den Postkutschen und denen, die sie fuhren. Eisenbahn und Auto haben die Postwagen und -kutschen längst abgelöst, aber dennoch erinnert noch manches an diese Zeit der Romantik und  – so mancher Beschwerden.

Mit der Verbesserung der infrastrukturellen Verhältnisse in Deutschland nach den napoleonischen Wirren, vor allem mit der Verbesserung der Straßenverhältnisse sah man die Postkutsche als ständigen Gast auf den Wegen der Eifel. Im Jahre 1817 wurden bei uns die ersten Fahrpostverbindungen eingeführt. Mittlere und große Orte erhielten damals ein Postwärteramt, das zumeist mit einer Posthalterei, Station genannt, verbunden war. Dieses Amt unterstand dem Oberpostamt. Bis zum Jahr 1830 besaßen fast alle größeren Ortschaften des Eifelgebietes ein Postwärteramt. Unter amtlicher Fürsorge entstanden hier auch ansehnliche Gaststätten, oft mit dem Zusatz „Zur Post“.

Die große Postverbindung Köln – Trier führte mitten durch die Eifel zunächst über Wittlich, seit 1830 über Stadtkyll – Prüm. Eine sog. Karriolpost (Briefpostwagen) verkehrte dreimal wöchentlich in jeder Richtung. Daneben gab es Stichlinien, die zumeist zweimal pro Woche gefahren wurden. Karriolposten dienten in erster Linie dem eigentlichen Postversand, nicht der Beförderung von Reisenden. Gab es einmal freien Platz, konnten auch eine oder drei Person(en) mitreisen. Zu der großen Postverbindungsstrecke Trier – Köln fuhren täglich ein bis zwei „Zubringer“, damit der Anschluß gewährleistet war.

Das Postwärteramt wurde geleitet vom Posthalter, dem ein Postverwalter zur Seite stand. Dieser führte die Postkasse und hatte Annahme und Zustellung der Pakete und Briefe zu überwachen. Postboten hatten die Zustellung im Ort und über Land zu erledigen.

In den Stallungen der jeweiligen Posthalterei standen immer mehrere Pferde, die einem Pferdeknecht zur Pflege anvertraut waren. Die oft mühsamen und weiten Fahrten verlangten des Öfteren einen Wechsel der Pferde.

Im „Hotel zur Post“ wurden derweil die Gäste betreut und bewirtet. Eine Magd sorgte für höchste Ordnung, während die Köchin dem leiblichen Wohl der Reisenden diente. Oft angeschlossen: eine Herberge, in der der Gast preiswert übernachten konnte.
Eine Fahrt mit der Postkutsche kostete je nach Bedeutung der Strecke unterschiedlich viel. So schwankten die Fahrpreise zwischen sechs und zwölf Silbergroschen je Meile, dabei waren 20 bis 30 Pfund Gepäck frei. So betrug beispielsweise 1873 der Fahrpreis von Stadtkyll nach Losheim 1,30 Mark, von Stadtkyll nach Hallschlag 0,80 Mark und von Stadtkyll nach Jünkerath oder Kronenburg 0,50 Mark. Gepäck konnte auf diesen Strecken ohne Zuzahlung mitgeführt werden.

Wintertags wurden die Postkutschen umgerüstet. Dann löste man flugs die Wagenräder und ersetzte sie durch Kufen. Aus einer Kutsche wurde so ein Schlitten, der leicht zu hantieren war. Dennoch ist in hohen Verwehungen oft genug ein Unglück geschehen, wenn die Wege nicht ausreichend mit Stangen und Strohbüscheln markiert waren.

Im Zielort angekommen, wurden die Pferde zur Tränke geführt. Dazu ging es an den Bach oder Mühlenteich. Während der Landpostbote die Pakete und Briefe zustellte, warteten die Pferde in einem Schuppen oder im Gelände. Kam eine Postkutsche im Dorf an, blies der Postillion in sein Horn, und die erwartungsfrohen Kinder sangen mit dem Klang des Hornes:

„Trari, trara, die Post ist da!
Ich habe euch was mitgebracht –
mitgebracht,dass euer Herz vor Freude lacht –
Freude lacht,aber kein Geld – aber kein Geld!“

Zumeist war eine Fahrt mit der Postkutsche kein Vergnügen. Eine Federung gab es nicht, und bei weiten Touren auf steinernen Wegen und Straßen hatte ein gewisses Körperteil doch manche blauen Flecken. Der Innenraum der Kutsche fasste bis zu zehn Personen, die Fenster blieben meist geschlossen und der Laderaum war mit Paketen gefüllt. So zog es der ein oder andere Fahrgast vor, dem Postillion auf dem hohen Bocksitz Gesellschaft zu halten. Hatte man dann einen „Flachmann“ zur Hand, konnte die größte Kälte nichts mehr ausrichten.

Am Pferdegeschirr bimmelten die Glöckchen, hin und wieder knallte die Peitsche; denn nicht selten war man weit außerhalb der angegebenen Zeit, wenn wegen Schneefalls oder Regen eine Verspätung unvermeidlich war. Dann wurde in den Dörfern die Postkutsche sehnsuchtsvoll erwartet, zumal wenn man neue Nachrichten aus dem Umkreis erhoffte oder es ein Wiedersehen mit Verwandten gab.

Als ein hochangesehener Wandergewerbeberuf in der Eifel galt der Postillion. Er hatte die volle Verantwortung für seine Reisegäste und den Inhalt des Postsacks. Im Sommer war die Arbeit eine angenehme. Jetzt fühlte sich der Postillion hocherhaben auf seinem stolzen Bock, ließ das Horn erklingen und sammelte gutes Trinkgeld von den Reisenden.

Verdienstvolle Postillione – sie trugen eine dunkelblaue Uniform, einen schwarzen Lederhelm mit Adler, das gekrümmte Posthorn über der Schulter- erhielten bei ihrem Abschied aus dem Dienst die „Ehrenpeitsche“ oder das „Ehrenposthorn“. Die letzten Ehrungen gab es meines Wissens nach 1834, nachfolgend erlosch die Zeit der Postkutschen. Eisenbahn und private Fahrzeuge waren als Konkurrenten zu stark geworden.

Diese Eifeler Reiseromantik mit Postillionsweisen, knatterndem Fuhrwerk, winkenden Mädchen und frohen Passagieren endete jäh mit der aufkommenden Technisierung und Motorisierung.


Verfasser:  Joachim Schröder
 

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