Dem Nachwuchs eine Chance geben

Wittlich. Achtes Schuljahr, Zeit für ein anständiges Betriebspraktikum: In den kleinen und großen Unternehmen der Stadt sind sie gerade unterwegs, die Achtklässler der Realschule Plus. Und sie sind neugierig, motiviert und „stellen sich gut an“ – auf jeden Fall die, die wir bei ihrer Arbeit besucht haben.

Mit Pinsel und Farben beschäftigt sich Steven Helling im Malerbetrieb Hartmut Huwer. Obwohl er den ganzen Tag so richtig geschafft hat, wirkt er nicht erledigt, als wir ihn abends an der Werkstatt am Mesenberg treffen, dem Treffpunkt, von dem aus am Morgen alle ausgeschwirrt sind. Gleich geht er noch ins Training, lacht er gut gelaunt. Da freut sich auch der Chef, der mit diesem Praktikanten froh ist. „Er stellt sich gut an“, berichtet er. Noch sind Arbeiten im Inneren angesagt, die Witterung erlaubt noch kaum Außenanstriche. Da ist es eng und deshalb besonders wichtig, dass der Nachwuchs nicht in den Füßen herumsteht, sondern sinnvoll mit anpackt.

Und Steven tut das, bescheinigen ihm auch die Kollegen, die mit ihm arbeiten – und mit ihm Feierabend machen. Heute hat er geholfen, in einer Wohnung die alte Tapete runterzuholen. Das sah gut aus, wie er da auf der Leiter stand, lobt auch der Chef. Einmal erklärt und gleich verstanden und umgesetzt – das ist nicht selbstverständlich. „Ich beschäftige mich gerne mit Raumgestaltung“, sagt er, und hat auch sein eigenes Zimmer schon gestrichen. So kann es was werden mit dem Beruf, den Steven sich durchaus für seine Zukunft vorstellen kann.

Win-win-Situation

Genau aus diesem Grund nimmt Hartmut Huwer regelmäßig Praktikanten an. „Die Mädchen und Jungen können feststellen, ob das, was sie sich vorgestellt haben, überhaupt zu ihnen passt. Und ich kann sehen, ob jemand das notwendige Geschick für den Malerberuf mitbringt.“ Schließlich braucht er gute Auszubildende, auf die er sich verlassen kann. Und dass es in Kürze einen erheblichen  Fachkräftemangel geben wird, ist ein offenes Geheimnis.  

Die zweite Schülerin, die wir besuchen, heißt Melanie Koch. Sie verbringt ihre beiden Praktikumswochen bei Michael Wächter im Haardesgin M1 in der Kurfürstenstraße. Einmal Friseurin werden – warum nicht? „Ich wollte mal reinschnuppern.“ Klar fegt sie den Boden, aber sie darf auch schon an den Kopf: zumindest an den aus Kunststoff. Der Chef macht ohnehin viel Innungsarbeit, steht mit den Schulen in Verbindung, aus denen der berufliche Nachwuchs kommt, und betreut regelmäßig Projekte. Bisher hat er noch keine Nieten gezogen mit seinen Azubis – die Berufspraktika tragen dazu maßgeblich bei. Den Friseurberuf empfindet Wächter selbst als einen sehr interessanten. Meister, Visagisten, Farbspezialisten: Sie alle haben mal als Friseur begonnen.

In die Welt der Versicherungen hat es Vanessa Neis gezogen. Unter der Anleitung von Nicole Kiel, Kauffrau für Bürokommunikation, erledigt sie die anfallenden Arbeitsschritte in der AXA-Agentur in der Neustraße: neue Akten anlegen, Kopien machen, Ablage abheften. Abends dokumentiert sie den Tag dann in Stichworten in der obligatorischen Praktikumsmappe. Der Kontakt kam über die eigene Verwandtschaft zustande. Vanessas Familie schließt ihre Versicherungen bei AXA ab. Nicole Kiel sagt, dass Praktikanten für sie keine Last, sondern „eine echte Arbeitserleichterung“ sind. Und die SchülerInnen wissen später, ob ihnen die Büroarbeit wirklich liegt: die klassische win-win-Situation.
 

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