Ex-FIFA-Schiedsrichter Herbert Fandel gab Einblicke hinter die Kulissen

Waxweiler. Man nehme eine fundierte Qualifizierung, Erfahrung, Persönlichkeit und Akzeptanz – und fertig ist der erfolgreiche Schiedsrichter? „So einfach ist das nicht“, gab der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Herbert Fandel auf einer Kundenveranstaltung der Raiffeisenbank Westeifel in Waxweiler zu verstehen. „Ein Job, den jeder kann? Nein! Man muss Entscheidungen in Sekunden treffen, denn daran wird man gemessen“, so der Chef der deutschen Schiedsrichter aus dem Eifelstädtchen Kyll-
burg.

Ein Normalverdiener unter Millionären, Tausende im Stadion und Millionen „Fachleute“ am Bildschirm, das ist Druck – und mittendrin ein Amateur. Alle wollen den Erfolg, es geht um Vieles, um Existenzen, Sein oder Nicht-Sein.
Und dann „Sichere Entscheidungen in Stresssituationen“, so das Thema des Vortragsabends. „Sie können richtig, aber auch falsch sein. 5% bestimmt das Regelwerk, der Rest sind Fingerspitzengefühl, Ermessen und Grauzonen“, so der erfolgreiche Referee, der vor zwei Jahren als 43-Jähriger vor der offiziellen Altersgrenze seinen Job an den Nagel gehangen hat. Schiedsrichter müssten nicht geliebt, aber akzeptiert werden. Ohne Akzeptanz kein Erfolg.

Fandel sprach unverblümt von den Tränen im Schiedsrichterraum aber auch von den Ängsten vor dramatischen Spielen, obwohl der das Wort Angst nicht in den Mund nahm. Er war in vielen Stadien der Welt zuhause, aber vergaß nicht, auch über die Anfänge seiner 30-jährigen Schiedsrichterkarriere zu sprechen. Das machte ihn sympathisch, denn viele alte Gefolgsleute waren gekommen, um „ihren Herbert“ zu hören und zu sehen. Es klang wie Musik in den Ohren der Zuhörer, wenn er über Großkampenberg, Waxweiler oder Mehren sprach und ihm genauso wie Ballack und Klose auch die Namen der Eifeler Kreisklassenkicker über die Lippen gingen. Und dann sein großes Geständnis: „Auch ich habe Fehler gemacht. Am besten bin ich gefahren, wenn ich sie später eingestanden habe. Denn für die Medien waren Fehlentscheidungen und Skandale wichtig, und dazu zu stehen, hat den Dampf herausgelassen.“

Mit der gleichen Leidenschaft wie auf dem Platz agierte er auf der Vortragsbühne. Ab und an hatte man den Eindruck, seine Körpersprache gelte einem Spieler, den er gerade zur Raison rufe. „Und wenn mir bei internationalen Spielen mal nicht das passende Wort einfiel, habe ich Eifeler Platt gesprochen – da wussten die Spieler auch, wo sie dran waren.“ Das kam an. Eben einer von uns.

Fandel bezeichnete den Schiedsrichter als Führungskraft. Die 22 Spieler nannte er liebevoll seine „Mitarbeiter“ und die Helfer an der Linie seine Berater. Nur konnte man auf dem Platz nicht die Lösungen und Entscheidungen aussitzen oder einen Tag später eine Sitzung einberufen. Sie mussten in Sekundenschnelle getroffen werden. „Und dann auch noch richtig, sicher und – was ich im Laufe der Zeit gelernt habe – unauffällig. Wenn nach dem Spiel niemand von mir etwas wollte, dann war ich zufrieden, dann war es anscheinend gut gelaufen und ich hatte das Spiel in der Balance gehalten“, gestand der bekennende Eifeler. Und so ließ er sich noch bei der anschließenden Talk-Show entlocken, dass er für den „Chip im Ball“ ist, aber gegen den Video-Beweis.

Herbert Fandel wird seinen Weg weiter gehen, denn er will bereits im Sommer bei der FIFA anklopfen.

Der studierte Pianist und heutige Kulturamtsleiter im Eifelkreis Bitburg-Prüm beklagte, dass immer weniger Geld für die Kultur da sei. Daher sein Arrangement mit den Banken: „Denn die Wurzel des gesellschaftlichen Zusammenlebens darf nicht herausgerissen werden.“ Hier würde Herbert Fandel den Verantwortlichen sicherlich die Rote Karte zeigen.

Heinz-Günter Boßmann

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