Kreisübergreifende Gesundheitsversorgung mit Modellcharakter

Lokales Gesundheitszentrum Mittelmosel als Förderprojekt bei supPORT ausgewählt

Mittelmosel. Analysen zeigen, dass die Gesundheitsversorgung insbesondere in ländlichen Regionen in der jetzigen Form nicht mehr zukunftssicher ist. Ländlichkeit definiert sich nach der OECD Typologie der Region über die Bevölkerungsdichte, d.h. eine Kommune gilt als ländlich, wenn sie weniger als 150 Bewohner pro Quadratkilometer aufweist. Mit 89 Bewohnern/qkm liegt die Mittelmosel deutlich unter dieser Grenze.

Verbunden mit dieser Charakterisierung der Ländlichkeit sind (lt. Sachverständigenrat Gesundheit 2014) Megatrends wie Überalterung, Entleerung, infrastrukturelle Schrumpfung und die Gefahr der gesundheitlichen Unterversorgung. Hinzu kommen Nachwuchsmangel bzgl. der Fachkräfte und einhergehend mit der steigenden Lebenserwartung eine Zunahme der Erkrankungen bei gleichzeitig abnehmender Mobilität der Bürger.

Gesundheitsversorgung ist zentrale Herausforderung

Damit steht die Gesundheits- und Pflegeversorgung als Kernbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge vor einer grundlegenden Herausforderung. „Wir müssen neue Wege suchen und beschreiten, um die medizinische und pflegerische Versorgung auch zukünftig wohnortnah gewährleisten zu können“, führt die Geschäftsführerin der Katharina Kasper ViaSalus GmbH, Elisabeth Disteldorf, in die Thematik ein.

2014 bis Mitte 2016 nahmen kreisübergreifend die VG’s Traben-Trarbach und Zell sowie das Klinikum Mittelmosel als eine von sechs Modellregionen an der Zukunftsinitiative des Landes Rheinland-Pfalz „Starke Kommunen – Starkes Land“ teil. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern wurden Lösungswege gesucht, mit denen in ländlichen Regionen die Gesundheits- und Pflegeversorgung, die Mobilität/Infrastruktur sowie das Ehrenamt für die Zukunft zu sichern und dem absehbaren Fachkräftemangel entgegenzuwirken ist. Hieraus entwickelte sich das Konzept zum Lokalen Gesundheitszentrum Mittelmosel in Traben-Trarbach als patientenorientiertes Zentrum für Primär- und Langzeitversorgung.

supPORT durch die Robert Bosch Stiftung

Zur Weiterentwicklung dieses Konzeptes erfolgte die Bewerbung um eine Förderung durch die Robert Bosch Stiftung. Dabei wählte eine Expertenjury in einem mehrstufigen Verfahren aus rund 100 Bewerbern die Pläne zum „Lokalen Gesundheitszentrum Mittelmosel“ aus; insgesamt haben es bundesweit acht Initiativen in das zweijährige Förderprogramm „supPORT“ geschafft. Daraus stehen Fördermittel in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung. Im Rahmen des supPORT-Programms wird ein sogenannter „Kümmerer“ eingesetzt und die Weiterentwicklung des Lokalen Gesundheitszentrums Mittelmosel zusätzlich wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

Lokales Gesundheitszentrum Mittelmosel

Mit dem Lokalen Gesundheitszentrum Mittelmosel sollen neue Wege zur Sicherung der wohnortnahen ambulanten medizinischen und pflegerischen Versorgung in der Region Mittelmosel beschritten werden.

Beispielsweise sollen Versorgungsassistenten im Zusammenhang mit der hausärztlichen Versorgung zum Einsatz kommen. Die sogenannten VERAHs (Versorgungsassistenten in der Hausarztpraxis) und NäPAs (Nichtärztliche Praxisassistenten) suchen Patienten zuhause auf. Dies birgt gleich zwei Vorteile. Der Arzt könnte sich mehr auf seine originären Tätigkeiten konzentrieren und den Patienten wäre das Transportproblem zur Arztpraxis genommen.

Mit Hilfe von Case-Managern sollen chronisch kranke und multimorbide Patienten in ihrem Behandlungsverlauf individuell begleitet werden. Durch die fachliche Führung des Patienten soll einer Krankheitsverschlechterung und Komplikationen entgegengewirkt werden. Dabei erstreckt sich die Unterstützung nicht nur auf den medizinischen und pflegerischen Bereich, sondern auch auf den jeweiligen Versorgungsbedarf des Patienten quer über die unterschiedlichen Zuständigkeiten von Einrichtungen, Ämtern und Dienstleistungen hinweg.

Elisabeth Disteldorf, Geschäftsführerin Katharina Kasper ViaSalus GmbH:
„Mit der Förderung durch die Robert Bosch Stiftung erfährt das Lokale Gesundheitszentrum Mittelmosel einen zusätzlichen Schub. Es kann ein Quartierskoordinator eingesetzt werden, und die Umsetzung des Projektes wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert durch das Institut für Allgemeinmedizin der Johann Goethe Universität Frankfurt/Main.“

Damit der Patient seine Gesundheits- und Pflegeversorgung aus einer Hand erhält, d.h. ohne spürbare Übergänge zwischen den strukturell unterschiedlichen Versorgungseinheiten für Prävention, ambulanter und stationärer Versorgung, Nachsorge sowie ambulanter bzw. stationärer Pflege, ist eine Vernetzung über die Sektorengrenzen hinweg erforderlich. Zu den weiteren Maßnahmen zählen Fahrdienste für Patienten, Telemedizin sowie Kooperationen mit bereits bestehenden Netzwerken, beispielweise mit den Schwerpunkten Demenz oder Palliativversorgung.

Ziel nur gemeinsam erreichbar

Eine zukunftsfähige Gesundheits- und Pflegeversorgung ist nur gemeinsam zu erreichen. Das heißt, nicht nur die Akteure des Gesundheitswesens, sondern gleichermaßen sind auch Kommunen und Gesellschaft gefordert.

Karl-Heinz Simon, Verbandsbürgermeister Zell:
„Die Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen zukunftsfähig zu gestalten, stellt eine sehr komplexe Herausforderung dar, für das es entscheidend ist, dass mehrere Partner zusammenarbeiten. Wir freuen uns, verstärkt Gesprächsbereitschaft feststellen zu können.“

Am Beispiel des Fachkräftemangels zeigt sich dies sehr schnell: Für eine potenzielle Fachkraft sind die Arbeitsplatzbedingungen ebenso entscheidend wie die Attraktivität der Region mit einer passenden Infrastruktur für die Lebensqualität.

Marcus Heintel, Verbandsbürgermeister Traben-Trarbach:
„Bereits seit fast drei Jahren haben wir dieses Thema im Fokus. Durch die Unterstützung durch die Robert Bosch Stiftung sind wir sehr zuversichtlich, eine umfassende zukunftsgerichtete und tragfähige Lösung zu finden.“

Das Gesamtpaket muss der Prüfung der zukünftigen Fachkraft standhalten. Für ein Gelingen müssen sich Bürger, Gebietskörperschaften, Politik und Leistungserbringer ebenfalls einbringen. Bereits heute herrscht ein politischer Konsens im Hinblick auf die Entwicklung eines solchen Zentrums.

 

Lokales Gesundheitszentrum Mittelmosel

supPORT

Die Initiativen, die das supPORT-Programm fördert, zeichnen sich durch eines oder mehrere der folgenden Merkmale aus: Sie sind auf den regionalen Bedarf abgestimmt, setzen eine patientenzentrierte, koordinierte, kontinuierliche Versorgung um und arbeiten als multiprofessionelles Team aus Gesundheits-, Sozial- und anderen Berufen auf Augenhöhe.

 

Die Förderung wird begleitet durch Vernetzungstreffen, internationale Fachtagungen, Expertenberatung und Studienreisen zu vorbildlichen Einrichtungen im Ausland.

Zu den acht Initiativen gehören:

– Gesundheitszentrum Dornhan, Baden-Württemberg
– Medizinisches Versorgungszentrum Dachau, Bayern
– Thomas-Müntzer-Gesundheitszentrum/Krankenhaus Lutherstift, Brandenburg
– Poliklinik Veddel, Hamburg
– Zentrum der Medizinischen Versorgung Darmstadt-Dieburg, Hessen
– Heilhaus Kassel gGmbH, Hessen
– Hausarztzentrum Brüggen, Nordrhein-Westfalen
– Lokales Gesundheitszentrum Mittelmosel (Medizinisches Versorgungszentrum/Klinikum Mittelmosel, Rheinland-Pfalz)

 

Über die Robert Bosch Stiftung

Die Robert Bosch Stiftung gehört zu den großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. In ihrer gemeinnützigen Arbeit greift sie gesellschaftliche Themen frühzeitig auf und erarbeitet exemplarisch Lösungen. Dazu entwickelt sie eigene Projekte und führt sie durch,. Außerdem fördert sie Initiativen Dritter, die zu ihren Zielen passen.

Die Robert Bosch Stiftung ist auf den Gebieten Gesundheit, Wissenshaft, Gesellschaft, Bildung und Völkerverständigung tätig.

In den kommenden Jahren wird sie darüber hinaus ihre Aktivitäten verstärkt auf die drei Schwerpunkte ausrichten:

  • Migration, Integration und Teilhabe
  • Gesellschaftliche Zusammenarbeit in Deutschland und Europa
  • Zukunftsfähige Lebensräume

Die Robert Bosch Stiftung bekennt sich zu den Werten und dem Vorbild des Stifters, Robert Bosch, und setzt dessen philanthropisches Wirken fort. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung verfügt sie in ihren Fördergebieten über ein breites Wissen, die Qualifikation zur Entwicklung von Lösungen und ein umfangreiches Netzwerk von Partnern, Experten und Praktikern.

Die Robert Bosch Stiftung ist alleinige Trägerin des Robert Bosch Krankenhauses und der zugehörigen Forschungsinstitute in Stuttgart, Institut für Geschichte der Medizin (IGM) und Dr. Margarethe Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie (IKP), sowie des International Alumni Center (iac) in Berlin. Sie ist Gesellschafterin des UWC Robert Bosch Colleges in Freiburg und der Deutschen Schulakademie in Berlin. Die Robert Bosch Stiftung hält rund 92 Prozent der Geschäftsanteile an der Robert Bosch GmbH und finanziert sich aus den Dividenden, die sie aus dieser Beteiligung erhält. Seit ihrer Gründung 1964 hat die Robert Bosch Stiftung mehr als 1,4 Milliarden Euro für die gemeinnützige Arbeit ausgegeben.

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