Leserbrief „Ich habe Anspruch!“ – Spaltpilz der Gesellschaft

Ansprüche ohne Gegenleistung stellen ein moralisches Prinzip auf den Kopf: Einerseits sind sie die Basis einer Solidargemeinschaft, andererseits verleiten sie zu Anspruchsdenken an den Sozialstaat, für den eine breite Schicht keine individuelle Verantwortung empfindet. Anspruchsdenken ohne Eigenverantwortung ist asozial und vergiftet das soziale Klima, weil es die, die diese Ansprüche erwirtschaften müssen, verbittert.

Im Konkurrenzkampf der politischen Parteien suggerieren irreale Wahlversprechen, alles sei machbar und der Staat sei für Alles und Jedes verantwortlich – eine der Ursachen kollektiver Verblödung. Man hat den Eindruck, dass der Staat sogar für schlechtes Wetter verantwortlich gemacht wird: Beobachten Sie doch mal die Wetter-Moderatoren, wie sie  ängstlich den Kopf einziehen, wenn sie ein paar „harmlose Regenwolken“ ankündigen müssen.

Ich mag sie nicht mehr hören, die tendenziösen Berichte,, mag die vorwurfsvollen Mienen der Diskutanten nicht mehr ertragen, wenn  – mit einem Seitenhieb auf das „Versagen der Politik“ – moniert wird, in den Städten fehlten Millionen „bezahlbarer Wohnungen“ Ganz bewusst wird suggeriert, jeder habe einen Anspruch darauf, in der Stadt zu wohnen und nur in der Stadt sei das Leben akzeptabel. Fügt man das ernsthaft diskutierte bedingungslose Grundeinkommen hinzu, ist die staatlich subventionierte Spaßgesellschaft bald Realität.

Für sehr viele Zeitgenossen wäre das nur selbstverständlich; es würde sie nicht im Geringsten stören, dass Andere dafür „blechen“ müssten. Wem werden die Folgen leichtfertiger Lebensentwürfe, leichtfertiges Schuldenmachen, die Flut der Privatinsolvenzen, für abgebrochene  Schul- und Berufsausbildung aufgebürdet?

Wer hat für den Ausbildungs- und Arbeitsplatz mit Spaßgarantie vor Ort, die günstige voll ausgestattete aber günstige Single-Wohnung in der Stadt, den bequemen  Zugang zu Kneipe und Disko (bald auch zu Cannabis, und Metadon?) – für Lohnfortzahlung, medizinische Vollversorgung, Wohngeld und Rente zu sorgen?  Was für eine unanständige Frage – natürlich der Staat!

Bleibt die Frage: „Wer ist der Staat?“  Für Viele ein unbekanntes Wesen und doch verantwortlich für ihre Rundumversorgung! Kenntnis von Zusammenhängen ist ihnen fremd, und dass Häuser und Wohnungen wegen gestiegener Ansprüche, Wärmedämmung, hoher Baupreise und Grundstückskosten irre teuer sind, ist ihnen völlig egal; ihr Credo: „Ich habe Anspruch!“ – Aber auch das muss gesagt werden:

In der „Oberklasse“ wird unanständig viel Geld verdient, unanständig ist auch die Schere zwischen Arm und Reich. Der Staat ist gewiss  nicht schuld an der Dickleibigkeit und Früh-Diabetes unserer Kinder, lässt  aber Kinderarmut zu. – Anspruchsdenken ist asozial und würdelos. Wer sich bemüht, so gut er kann, darf nicht im Stich gelassen werden, wer sich nicht anstrengen will, soll nicht auf Kosten Anderer leben dürfen.

Manfred Schmitz,  Flußbach (Jan. 19)

 

 

 

 

 

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