Mit Ach und Krach

Landscheid. Vor gut 40 Jahren wurde die Schießanlage in Landscheid erbaut und dort von den Anwohnern über lange Zeit geduldet. Als aber 2014 die geplanten Ausweitungsarbeiten an die Öffentlichkeit gelangten, regte sich bald darauf erster Widerstand aus der Bevölkerung gegen eine geplante Vergrößerung. Noch heute findet sich eine Vielzahl von Protestschildern gegen den Ausbau auf den Straßen in Landscheid und Umgebung, wodurch deutlich wird, dass dieser Fall noch lange nicht abgeschlossen ist.

Klar ist jedoch, dass sich auf dem Gelände der momentan genutzten Schießanlage etwas tun muss, da die Bleiablagerungen von 40 Jahren Schussbetrieb die Grundstücke belasten. Das ist übrigens der einzige, wirklich notwendige Grund der Um- oder Ausbaumaßnahmen, deren Planung seit Jahren immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen führen. Doch was sagen die einzelnen Parteien dazu? Was spricht für einen Ausbau und was dagegen? Die Eifel-Zeitung war vor Ort und hat sich informiert.

Der Investor:

Michael Ostendorf lautet der Name des Mannes, bei dem sich bei vielen besorgten Anwohnern schon die Nackenhaare sträuben. Gemeinsam mit Geschäftsführer Bernd Bahr plant dieser einen Ausbau des jetzigen Schießstandes zur Target World Landscheid (TWL). Auf 15,3 ha soll das Gelände erweitert werden, damit der offene Schießplatz um 200m verlegt, vergrößert und um 90 Grad gedreht werden kann. Die Schussrichtung ginge dann nach Norden, anstatt nach Osten. Der Kostenpunkt liegt bei ca. 3,5 Millionen Euro. Die Aufbereitung der bleibelasteten Nachbargrundstücke (in etwa ein Hektar) würde bei einem Ausbau übernommen werden, da  diese Grundstücke bei einer Vergrößerung sowieso von der Gemeinde dazugekauft werden müssten. Somit entstünde laut Investor eine Anlage sowohl für die Aus- und Weiterbildung von Jägern als auch für Hobby- und Sportschützen. Sogar von internationalen Wettkämpfen ist die Rede, sowie von neuer Gastronomie, einem Outdoor-Geschäft und einem Waffenreparaturbetrieb.

Der Verein:

Dem Wurftaubenclub Landscheid e.V. käme solch ein Ausbau entgegen, da der Zuwachs im Verein stetig zunimmt. Axel Burkel, der Leiter des Schießstandes, betonte, dass aktuell rund 150 Mitglieder verzeichnet sind, Tendenz stark steigend. Allein in den letzten 7 Jahren sei die Mitgliederzahl um 50% gestiegen. Aufgrund dieses Andrangs müsse der Schießstand vergrößert werden, so Burkel. Dabei kämen nicht nur Jäger, sondern vor allen Dingen Hobby- und Sportschützen und sogar die Polizei. Viele Schießstände seien bereits geschlossen worden, wodurch der Schießplatz Landscheid sogar einer der letzten großen Schießstände in Rheinland-Pfalz mit Wurfscheiben (sog. Tauben) sei. Wo es anfangs noch zwei Tage in der Woche waren, wird nun schon an 4 Tagen geschossen. Dabei besteht sogar eine Schießgenehmigung für alle sieben Tage in der Woche.

Der Gemeindevorstand:

Dass das geplante Schießsportzentrum allerdings zur Pilgerstätte für Sportschützen wird, bezweifelt auch Walter Raskop, 1. Beigeordneter des Bürgermeisters Landscheid. Hauptsächlich würde die Anlage wohl von Jägern zum Nachweis ihres Jagdscheins genutzt werden, welcher zudem alle 3 Jahre erneuert werden muss. Ein Schießtourismus sei zumindest fraglich, genauso wie hohe bevorstehende Einnahmen durch die Gewerbesteuer. Generell vertrete die Gemeinde den Standpunkt: „Wenn anders, dann leiser.“, so Raskop. Somit werde viel zur Lärmminderung getan. Das Gelände soll abgesenkt werden, der Kugelstand soll sogar ganz in der Erde verschwinden und mit einer Raster- oder Kassettendecke zur Schallminderung überzogen werden. Zudem soll, wie bereits erwähnt, die Schussrichtung geändert werden, um den Lärm des Mündungsknalls nicht in die Richtung der Gemeinde Landscheid zu lenken. Auch Netze zum Auffangen der Bleireste beim Schussbetrieb sind geplant, um einer erneuten Bleibelastung anderer Grundstücke vorzubeugen.

Die Anwohner:

Der größte Streitigkeitspunkt ist aber nach wie vor die Schallemission. Zwar sprechen Burkel, Raskop und Ostendorf alle von einer geplanten Lärmreduktion (von aktuell 55 Dezibel zum geplanten Grenzwert von 50 Dezibel für die neue Anlage), die Bewohner der Gemeinde Landscheid sehen das aber mit Bedenken. Somit wurde eine Bürgerinitiative gegründet, von welcher bis zum Juli 2017 insgesamt 75% der 436 Beschwerden bei der Planungskommission eingereicht wurden. Denn selbst wenn der einzelne Knall unter einem gewissen Grenzwert bleibt, so würde sich dennoch die Schussfrequenz durch die zunehmende Zahl der Schützen drastisch steigern. Die Folge wären mehr Tage, an denen zwar nicht lauter, dafür aber öfter geschossen werden würde. Der erhöhte Lärm mindere laut den Bürgern zudem den Wohnwert und zerstöre vollends die Ruhe der Region, insbesondere des Klosters Himmerod. Kein Sonn- und Feiertag wäre mehr ohne Schießlärm.

Das Kloster:

Dieses setzte sich schon im Jahr 2014 mit etlichen Briefen zur Wehr und fürchtete aufgrund der potenziell sinkenden Besucherzahlen um seine Existenz. Die Abtei unter diesem Aspekt noch als Ort der Stille zu vermarkten, wäre zumindest bedenkenswert. Nicht ohne Grund schrieb Walter Densborn bereits vor drei Jahren als Vertreter der Abtei: „Der Konvent würde ohne Zweifel die wirtschaftlichen Grundlagen verlieren.  Herr Dr. Thomas Simon – Vorsitzende des Fördervereins Himmerod – startete eine Online Petition und sammelte mehr als 5000 Unterschriften gegen den Ausbau des Schießplatzes.

Die Gesundheits-Experten:

Dass Lärm auf Dauer gesundheitsschädigend ist, sollte jedem bekannt sein. Die Folgen sind ein erhöhtes Risiko vieler Langzeiterkrankungen, insbesondere des Herz-Kreislauf-Systems. Dies betonte auch der umweltmedizinische Experte Dr. med. Matthias Schilling, welcher sich ebenfalls bereits 2014 pejorativ gegenüber der geplanten Erweiterung äußerte. Schon damals plädierte er für eine Einhausung der gesamten Anlage und brachte zudem den Vorschlag einer Verlegung des Schießstandes an einen anderen, geeigneteren Ort.

Die Landwirte:

Dass die ganze Diskussion auch Formen annehmen kann, welche sich jenseits des eigentlichen Themas abspielen, zeigt eine Betrachtung des aktuellen Standes der anliegenden Bauernhöfe Altenhof und Hof Heeg. Aufgrund ihrer Nähe zu der Schießanlage leiden die Höfe mitsamt Nutz- und Zuchttieren nicht nur an der Schallemission, sondern auch indirekt in der Landwirtschaft. Falls es zu einem Ausbau käme, müssten, wie bereits erwähnt, Grundstücke von der Gemeinde hinzugekauft werden. Diese waren allerdings verpachtet, weshalb den Landwirten die Pachtverträge gekündigt wurden. Da aufgrund einer zweijährigen Kündigungsfrist ein schnelles Bauen aber nicht möglich war, drohte Ortsbürgermeister Heck den Besitzern des Hofs Heeg mit weiteren Flächenkündigungen, falls sie die Kündigungsfrist in Anspruch nehmen sollten. Dass dieses Vorgehen nicht gerade das passendste war, erkannte der Gemeindevorstand selbst relativ schnell und ruderte diesbezüglich zurück. Doch auch der Plan des Investors, Flächen in 20 km Entfernung zum Hof zum Tausch anzubieten, um die 200m davon entfernt liegenden Ackerflächen zu ersetzen, scheint bei objektiver Betrachtungsweise wenig elegant. Immerhin konnte so behauptet werden, dass ein Angebot zum Tausch gemacht und dieses vom Bauer abgelehnt worden war. Die Betrachtung macht hier, wie so oft, den Unterschied.

Ernsthafte Sorgen

Dass sich Tanja Jung, Landwirtin und Mitbesitzerin des Hofs Heeg, von der Politik nicht wahrgenommen fühlt, ist vor diesem Hintergrund wenig verwunderlich. Hinzu kommen die häufigen Änderungen, welche anscheinend mehr eine Verunsicherung und Ablehnung bei den betroffenen Menschen hervorrufen als eine Freude über die Umsetzung von eingebrachten Ideen. „Die dauernden Planänderungen sind irreführend!“, so Tanja Jung. Dass ihre Befürchtungen über eine intensivere Nutzung und Frequentierung des Schießstandes, besonders in Verbindung mit dem Lärm des nahegelegenen Militärflughafens und der anliegenden Autobahn, valide begründet sind, leuchtet ein. Es geht nicht um ein bloßes „ich will nicht“. Hinter der Negation stehen ernsthafte Sorgen.

Es zeigt sich, dass es viele unterschiedliche Parteien bei diesem Streitthema gibt. Welche Meinung sich der Leser dieses Artikels darüber bildet, sei ihm freigestellt, denn durchaus gibt es sinnvolle Gründe auf beiden Seiten. Fakt ist allerdings, dass der Zulauf zum Landscheider Schießplatz zunehmen und folglich auch seine Nutzung steigen wird. Die Entscheidung jedoch betrifft die Art des genutzten Platzes. Auch für die Anwohner könnte ein Ausbau deutlich positive Folgen haben, da der komplette Kugelstand in die Erde verlegt und mit einer Schallschutzdecke gedämmt werden würde. Dadurch könnte man die dadurch verursachte Schallemission ad acta legen.

Ratssitzung am 24. August

Das größte Problem auf dem Schießplatz sind aber nach wie vor die Wurftauben. Da das Gelände hierfür stark vergrößert werden müsste und es zudem nicht gegen Schall gedämmt werden kann, wird klar, warum dieser Schießstand einer aussterbenden Art angehört. Eine Anlage ohne Wurftauben wäre sicherlich eine Erleichterung für alle umliegenden Parteien, gleichwohl aber auch ein Graus für den Verein. Ob sich darin aber vielleicht ein Kompromiss verbirgt, der möglicherweise allen Parteien einiges an juristischer Arbeit ersparen würde, könnte  bei der nächsten Ratssitzung am 24. August 2017 zum heiß diskutierten Thema werden. Ω

Text: Admear

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