Trotz Risiko, Rausch und Gewalt bleibt Raum für den Humor

Wittlich. 150 Fachleute und weitere Interessierte aus Rheinland-Pfalz, den angrenzenden Bundesländern, Luxemburg und den Niederlanden haben an der Fachtagung „Drogenhilfe im ländlichen Raum“ am 23.09.2015 in der Synagoge in Wittlich teilgenommen. Die Veranstaltung wurde von der Suchtberatung des Caritasverbandes Mosel-Eifel-Hunsrück e. V. in Wittlich organisiert und von der Stiftung der Stadt Wittlich, der Landeszentrale für Gesundheitsförderung Mainz und der AOK unterstützt.

Prof. Dr. Heino Stöver von der FH Frankfurt a. M. hat in seinem Vortrag über den Zusammenhang von Männlichkeit, Rausch und Risikobereitschaft gesprochen. Männer seien vielfältigen, sich zum Teil widersprechenden Erwartungen im beruflichen und privaten Bereich ausgesetzt und spüren, dass bisherige genderbezogene Verhaltensweisen nicht mehr zu zufriedenstellenden Lösungen für den Mann selbst und sein Umfeld führen. Alkoholkonsum sei ein Teil des männlichen Risikoverhaltens und Männer seien generell stärker bereit Risiken zu tragen als Frauen. Männer trinken dreimal soviel Alkohol wie Frauen und leben weitaus seltener abstinent. Sie suchen aber viel seltener einen Arzt auf, haben laut Stöver einen „unerschütterlichen Glauben in ihre Selbstheilungskräfte und denken, was von allein kommt, geht auch von allein wieder“. Seit langem sei bekannt, dass das Geschlecht eine zentrale Bedeutung in der Erklärung der Erlangung und Beibehaltung von Gesundheit bzw. der Entstehung und Überwindung von Krankheit einnehme. Es sei notwendig, dass sich eine spezifische Männergesundheitsbewegung und eine männerspezifische Suchthilfe entwickle.

Die Diplom-Pädagogin Nina Roth referiert zum Thema Sucht und Elternschaft und berichtet von Untersuchungen, die belegen, dass ca. 1/3 der Kinder suchtkranker Eltern selbst eine Abhängigkeitserkrankung entwickele und ca. 1/3 der Kinder psychische Störungen (z. B. Ängste, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen) zeige, aber auch ca. 1/3 keine relevanten Probleme entwickele oder psychisch vollkommen gesund und stabil bleibe. Suchtkranke Eltern wollten wie alle Eltern gute Eltern sein, doch die ohnehin hohen Anforderungen des Familienalltags seien mit der Suchterkrankung eines Elternteils oft noch mühsamer zu erfüllen. Für das Hilfesystem sei es wichtig zu beurteilen, ob die Eltern trotz Suchterkrankung die Fähigkeit besitzen, der kindlichen Entwicklung und den Bedürfnissen des Kindes vor den eigenen Bedürfnissen Vorrang zu geben.

Der Psychiater Dr. Herbert Lenhart stellt in seinem Vortrag „Sucht und Gewalt“ dar, dass eine Suchtmittelabhängigkeit wie die Mutterbindung tiefgreifend und emotional nicht zu lösen sei. „Wer die Bindung gegen den Willen des Süchtigen angreift, begibt sich in die Gefahr durch ihn als Aggressor wahrgenommen zu werden und wird bekämpft. Sucht verändert den Menschen auf allen Ebenen der Persönlichkeit und damit auch seine moralischen Überzeugungen. So entsteht eine suchtmittelspezifische „neue Moral“, die das (aggressive) Handeln des Abhängigen vor ihm selbst stets als notwendig rechtfertigt“.

Bereichert wurde die Veranstaltung durch das Improvisationstheater sponTat e.V. aus Trier, das kreativ, originell und temporeich die Zurufe des Publikums darstellerisch spontan und vielseitig auf der Bühne umsetzte und die Teilnehmenden trotz ernster Themen herzhaft lachen ließ.

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