Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte“

Eine höchst informative Weinprobe in der Stadtbücherei Wittlich

Kunsthistoriker und Weindozent Jens Baumeister (Foto: Carl Münzel).

Wittlich. Im Rahmen der Bibliothekstage Rheinland-Pfalz 2018 und als Wittlicher Beitrag zum Karl-Marx-Jahr 2018 lud die Stadtbücherei Wittlich den Kunsthistoriker, Weindozenten und Autor Jens Baumeister ein, um sein Buch „Wie der Wein Karl Marx zum Kommunisten machte“ (Berlin, 2017) vorzustellen. Eine trockene „Wasserglaslesung“ kam für den Autor und die Stadtbücherei nicht in Frage; den Besucherinnen und Besuchern wurden gekonnt die Geschichte des Weinbaus an der Mosel erläutert, und fünf Beispiele moselanischer Winzerkunst kredenzt, so dass trotz aller Tristesse der Geschichte das Lachen nicht zu kurz kam.

Baumeister schilderte die soziale Lage der Moselwinzer im 19. Jahrhundert. Nach guten Anfangsjahren während der französischen Besetzung bis 1815 wurde die Situation unter preußischer Herrschaft für die Winzer beängstigend schwierig. Zu schlechten Weinjahren zum Ende der kleinen Eiszeit kamen erschwerend politische Bedingungen wie eine hohe Weinsteuer und eine rabiate Zollpolitik innerhalb Europas. Auch ließen die Preußen die traditionellen und für den Weinbau wichtigen Eichenbestände abholzen und durch z.B. für Stützpfosten für die Weinreben ungeeignete Fichten ersetzten.

Der informative und unterhaltsame Abend begeisterte das Publikum (Foto: Carl Münzel).

Die selbstvermarktenden Moselwinzer verarmten völlig. Da sie nichts zum Essen hatten, tranken sie den Wein, den sie nicht verkaufen konnten. In manchen Moseldörfern lagen Männer, Frauen und Kinder trunken auf der Straße, spürten aber ihren Hunger nicht mehr. Karl Marx‘ Vater Heinrich besaß auch Weinberge an Mosel und Ruwer als Kapitalanlage, so dass der junge Karl Marx das Elend der Winzer hautnahe kennenlernte. Als 24jähriger Journalist bei der „Rheinischen Zeitung“ in Köln schrieb der bereits promovierte Philosoph anklagende Artikel über das soziale Elend der Winzer an der Mosel.

Bald musste Marx Deutschland aus politischen Gründen verlassen. Das Elend der Moselwinzer änderte sich erst in den 1880er Jahren, als in Berliner Lokalen Moselwein zu horrenden Preisen verkauft und genossen wurde und die Winzer sich großartige Villen wie z.B. in Traben-Trarbach, Bernkastel-Kues und –Wehlen bauen lassen konnten.

Der Autor wies zwar nach, dass das Elend der Moselwinzer Marx‘ soziales Gerechtigkeitsgefühl ansprach und ihn motivierte, sich mit ungerechten Besitzverteilungen im Kapitalismus auseinanderzusetzen, sparte aber auch nicht aus, dass Marx, der immer über seine Verhältnisse lebte, sein Leben lang gerne und häufig Wein trank, vor allem Mosel, den sein Freund und Mitstreiter für soziale Gerechtigkeit und ein besseres politisches System, den Kommunismus, Friedrich Engels, ihm regelmäßig ins Exil nach London sandte.

Der hoch informative und unterhaltsame Abend begeisterte das Publikum, welches seitens der Stadtbücherei auf die nächste Lesung zur Situation der Moselwinzer im 19. Jahrhundert aufmerksam gemacht wurde: „Mosel, Mörder, Revoluzzer“ heißt das Buch, welches der Autor Peter Wierichs am  25. Januar 2019, um 19:00 Uhr, in der Stadtbücherei Wittlich vorstellen wird. Es handelt sich um die Revolution von 1848 – auch Wittlicher kämpften für die gerechte Sache!

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