Wie es damals war! – Das neue Kreisjahrbuch 2019 berichtet vom Alltagsleben in der Heimat

Bernkastel-Wittlich.  „Wie war das damals?“, wer diese Frage stellt, taucht ein in Welten, die ein ganz anderes Bild als unser gewohntes vom Leben, Arbeiten, Glauben und Lieben der Menschen in früheren Zeiten zeichnen. Das neue Jahrbuch des Landkreises Bernkastel-Wittlich gewährt wieder spannende Einblicke. Das 200 Seiten starke und reich bebilderte Buch ist ab 6. November in den Buchhandlungen im Landkreis zum Preis von 7,50 Euro erhältlich. Dank der breiten Unterstützung heimischer Unternehmen und der Sparkasse Mittelmosel – Eifel-Mosel-Hunsrück kann das führende Nachschlagewerk für Kultur, Geschichte und aktuelles Geschehen der Heimat zu diesem günstigen Preis angeboten werden.

Das Kreisjahrbuch begeistert wieder einmal mit seiner vielfältigen Mischung: Mit welcher Kreativität Liebende oder Freunde ihre Gefühle oder Eindrücke schriftlich hinterließen, ist staunenswert. Ein selbstgereimtes Liebesgedicht, in schöner Form mit der Hand niedergeschrieben wird wohl heute kaum noch Bestand haben. Es war einmal ein Kommunikationsmittel im zwischenmenschlichen Miteinander. Der Angebeteten heimlich zugesteckt, wurde es wohl von ihr in späteren Jahren auf den Speicher verbannt. Überlebt hat das Briefchen vielleicht, weil es die Empfängerin an eine heimliche Romanze erinnerte? Ein Zufalls-Dachbodenfund lässt es mutmaßen…

Das „Album amicorum“ von 1774 war ein Freundschaftsbuch, in das sich Gäste des Hauses mit Sprüchen, Zeichnungen und Verzierungen eintragen konnten. Einblicke in dieses schöne historische Hausbuch der Traben-Trarbacher Familie Böcking mit zeitgenössischen Illustrationen gibt das neue Kreisjahrbuch.Über die wohl zufällig entdeckte große künstlerische Kreativität eines Kindes informiert ein anderer Artikel. Ein an der Mosel geborener Junge bekam von einem unbekannten Förderer, der sein Talent entdeckte, die Möglichkeit, eine Malerausbildung in holländischen Ateliers zu absolvieren. Aus ihm wurde ein bedeutender Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, der im süddeutschen Raum wirkte.

Der Autor des Artikels, Professor Erwin Schaaf, bereichert mit seinen eigenen Zeichnungen und Aquarellen nicht nur seine übrigen Beiträge, sondern auch das gesamte Kreisjahrbuch.Technischer Fortschritt kann spannend nachzulesen sein. So erfahren die Leser von den Anfängen unserer heutigen Buslinien im Jahr 1913: Von Bernkastel-Kues in den Hunsrück oder von Wittlich in die Eifel wurde mit „neuartigen motorgetriebenen“ Bussen, die ca. zehn Personen aufnehmen konnten, der Kraftpost-Linienverkehr in Betrieb genommen.

Statt der ausgemusterten Postkutschen beförderten die neuen Fahrzeuge mit wesentlich kürzeren Fahrtzeiten – Höchstgeschwindigkeit 30 Stundenkilometer – ihre Passagiere auf „gepolsterten Ledersitzen“, ausgestattet mit „elektrischer Beleuchtung“, zu ihren Zielen. Welch ein Fortschritt! Doch der Erste Weltkrieg machte wieder alles zunichte. Busfahrer sowie ihre Fahrzeuge dienten nun der Armee, die „alte Postkutsche“ musste erneut mobilisiert werden. Wer hätte das gedacht!

Mit Muskelkraft von heimischen Männern und mittels Spitzhacken und Schaufeln ist der 20 Meter hohe Salmrohrer Bahndamm Anfang des letzten Jahrhunderts aus unbrauchbarem Boden für Ackerbau und Viehzucht entstanden. Ihre vollgeladenen Schubkarren transportierten sie auf langen Strecken durch den Ort zur Baustelle und bekamen pro Ladung zwei, war zu wenig aufgeschaufelt, nur einen Pfennig! Über damals bewunderte und geschätzte, aber vor einigen Jahrzehnten zerstörte und heute in Vergessenheit geratene Bauwerke, gibt es einen weiteren interessanten Beitrag.

Aus dem „vollständig verwilderten“ Alfbach sollte Mitte des 19. Jahrhunderts durch das Pilotprojekt der preußischen Regierung ein für die Landwirtschaft optimal zu nutzendes Gewässer werden. Es entstanden die Alfbachwehre, tatsächlich eine große Hilfe für die Bauern, aber auch eine Bereicherung des Landschaftsbildes. Sie ermöglichten zusätzlich die neue Nutzung des Baches für Freizeitaktivitäten. Man konnte nun darin baden oder an den mehrstufigen Wasserfällen sonntags entlangspazieren.

Besonders im bäuerlichen Alltagsleben änderte sich im Zeitenlauf einiges. So erinnert der Artikel „Die vergessenen Gärten von Gipperath“ daran, dass es einmal in dieser Eifelgemeinde Gemeinschaftsgärten weit außerhalb des Ortes gab, die zur Anzucht von Runkelrüben dienten, weil sie in klimatisch geschützter Tallage frühe Setzlinge für die Äcker auf kalter Höhenlage hervorbrachten. Auch zum zusätzlichen Gemüseanbau für den heimischen Kochtopf wurden sie genutzt.

Jeder Haushalt durfte vom gemeindeeigenen Land eine Parzelle bewirtschaften. Noch vor 50 Jahren waren die Gärten Realität, heute erinnern sich nur wenige an sie. Die Autoren begaben sich auf Spurensuche ins zugewachsene Gelände und fanden unter anderem durch die Hinweise der Zeitzeugen einen Brunnen, den man heute dort nicht mehr vermutet. Gefeiert wurde schon immer, auch in der nationalsozialistischen Zeit. Wie und vor allem warum das „Weinfest der Westmark“ in Bernkastel-Kues 1937 aus der Taufe gehoben wurde, ist eine ganz eigene spannende Geschichte, die Dr. Christof Krieger mit erstaunlichen Hintergrundfakten schildert.

All dies sind nur kleine Einblicke in einige der 62 Artikel des Kreisjahrbuchs, darunter wie in jedem Jahr neue Biografien von interessanten Persönlichkeiten aus dem Landkreis, viele lokalgeschichtliche Berichte und schöne informative Naturbeiträge. Hervorzuheben ist der ausführliche grundlegende Artikel von Dr. Elisabeth von den Hoff über die Entstehung unserer heutigen wunderschönen Terrassenlandschaft Mosel während der Eiszeit. Für die Leserinnen und Leser gibt es viel zu entdecken in der neuen Ausgabe des Kreisjahrbuchs.

 

 

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