Schmitt: Solidarität und Priorisierung Gebot der Stunde

Mainz (dpa/lrs) – Für den Aufbau im Ahrtal wird nach Ansicht der rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) die Solidarität aller Menschen in dem Bundesland und auch im gesamten Bundesgebiet gebraucht. «Das gilt für die Vergabe von privaten Aufträgen, wenn Bauherren möglicherweise Verständnis dafür aufbringen müssen, dass es etwa mit einer Badsanierung länger dauern kann, weil Handwerker zunächst ein Haus aufbauen», sagte die 49-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Und das gelte auch bei öffentlichen Vorhaben. Allerdings betonte sie, dass weit fortgeschrittene Infrastrukturprojekte des Landes auch umgesetzt würden. «Hier wird es keine Verzögerung geben.»

Es werde darum gehen, wie die Gesellschaft in der Krise zusammengehalten werden könne, sagte Schmitt. «Wir müssen Vorhaben priorisieren», betonte sie. Dabei werde die Landesregierung nicht vergessen, dass in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz ebenfalls Herausforderungen angepackt und Entwicklungen vorangetriebenen werden müssen. «So wird beispielsweise die Innovationsförderung nicht wegen des Krisenmanagements auf der Strecke bleiben.»

Die wichtigen Vorhaben aus dem erst wenige Monate alten Koalitionsvertrag sollten zwar umgesetzt werden, sagte die Ministerin. «Vielleicht wird das eine oder andere «Wohlfühlprojekt» etwas warten müssen», erklärte sie. Wichtig sei es, bei staatlichen Ausgaben zum Wiederaufbau deren Folgewirkung auf private Investitionen im Blick zu haben. So sei der Bau einer Straße die Grundvoraussetzung dafür, dass Menschen ihren Arbeitsplatz erreichen könnten und Unternehmen handlungsfähig seien.

Nach ihrer Einschätzung wird es eine «Herkulesaufgabe», geeignetes Personal zu finden, auch wenn das nötige Geld dafür vorhanden sei. «Innerhalb der Landesregierung überlegen wir beispielsweise, einen Aufruf an andere Bundesländer zu starten, Rheinland-Pfalz mit Fachkräften aus den eigenen Verwaltungen und landeseigenen Betrieben zu unterstützen. Denkbar wären beispielsweise Patenschaften mit bestimmten Regionen.»

Die Regierung in Mainz habe die Landesgesetze überprüft, damit beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur kein neues Planfeststellungsverfahren nötig sei. «Und das fordern wir auch vom Bund, zum Beispiel bei Brücken und Straßen, die in seiner Verantwortung liegen.»

Die Abstimmung in dem vom rheinland-pfälzischen Innenministerium koordinierten Wiederaufbaustab mit Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Fachministerien laufe sehr gut. «Wichtig ist, dass das auch auf der Bundesebene gut klappt», sagte Schmitt. Bundes- und Landesministerien stünden in engem Kontakt, teils würden die Maßnahmen auch im Kanzleramt gebündelt, da es auch noch um die jüngsten Unwetterkatastrophen in Nordrhein-Westfalen und Bayern gehe.

Die unmittelbar nach der Flutkatastrophe aufgelegten Soforthilfen für Kommunen, Privathaushalte und Unternehmen sind nach Einschätzung der Ministerin das richtige Instrument für eine schnelle, unbürokratische Unterstützung von Betroffenen. «Es ist ein schlanker Prozess, der reibungslos läuft und gut umgesetzt wird. Wir werden dafür sorgen, dass die Mittel dafür ausreichen», sagte sie.

Es gebe in dem Katastrophengebiet mehr als 40.000 Betroffene – und jeder Fall sei individuell. «Wir müssen schnell handeln. Deswegen ist es beispielsweise wichtig, eng mit der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer in der Region zusammenzuarbeiten», erklärte Schmitt. Ihr Ministerium stehe in ständigem Austausch mit den Verantwortlichen dort. Wichtig sei ihr auch, dass die Auszubildenden in geschädigten Betrieben im Hochwassergebiet eine Perspektive hätten. Daher werde das Land Unternehmen unterstützen, die Auszubildenden aus diesen Betrieben zu übernehmen.

Für die Tourismusbranche im Ahrtal, die wie in anderen Urlaubsregionen nach dem Corona-Lockdown gerade wieder Tritt zu fassen begann, bedeute die Katastrophe einen schweren Rückschlag. Ermutigend für andere Tourismusregionen in Rheinland-Pfalz sei es, dass die anfängliche Verunsicherung von Urlaubern unmittelbar nach dem Hochwasser an der Ahr, die sich auf geplante Reisen in ganz andere Gebiete ausweitete, inzwischen wieder ausgeräumt sei.

Die geplante Tourismuskampagne des Landes werde an die jetzige Situation angepasst, die Beratungen im Einzelnen liefen noch, sagte sie. «Wir gehen jedenfalls davon aus, dass der Tourismus in Rheinland-Pfalz insgesamt in den nächsten Jahren von dem seit der Corona-Pandemie gestiegenen Interesse der Deutschen am Urlaub im eigenen Land profitieren wird.»

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