Die Welt verändert sich rasant…

…nur in den Schulen nicht. Dort wird in vielen Fällen noch gepaukt wie vor 40 Jahren. Lehrer verteilen massenweise Papiere mit Aufgaben, Schüler schleppen Ranzen mit veralteten Büchern zwischen Kinder- und Klassenzimmer hin und her, und „bildungsschädliche“ Smartphones werden zu Beginn des Unterrichts eingesammelt. Frontalunterricht, bei dem der Lehrer der Klasse den Stoff vorträgt, ist nach Angaben von Pädagogen noch vielerorts Alltag.

Die neue, digitale Welt dagegen hält nur langsam und scheibchenweise Einzug in die Schulen. Sogenannte Tablet-Klassen haben – zumindest an staatlichen Bildungseinrichtungen – Versuchscharakter und funktionieren nur dann, wenn die Lehrer mit Engagement und Herzblut dabei sind. Insofern ist das Ergebnis der Bertelsmann-Studie, nach der die Digitalisierung an Schulen noch keine große Rolle spielt, nichts Neues. Doch in einem Punkt lässt sie aufhorchen. Schulleitungen und Lehrer sagen: Wir würden ja gerne, aber die Rahmenbedingungen stimmen nicht.

Das heißt nichts anderes als: Die Politik hat bislang kläglich versagt, Lehrer, Schulen und Schüler fit zu machen für die Zukunft. Auf der einen Seite: veraltete Technik, kaum vorhandene und langsame WLAN-Netze, fehlende Endgeräte. Auf der anderen Seite: Es fehlen Konzepte, und es gibt viel zu wenig brauchbare Software, die die Möglichkeiten von Handys und Tablets für den Einsatz im Unterricht nutzt. Stattdessen werden Schulbücher in PDFs umgewandelt. Fünf Milliarden Euro vom Bund sollten in die digitale Infrastruktur fließen. Doch dann passierte nichts – und inzwischen ist eine entsprechende Bund-Länder-Vereinbarung auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben worden. Seltsam übrigens, dass die großen Parteien das Thema aus dem Wahlkampf herausgehalten hatten.

Wohin es führt, wenn die digitale Revolution verschlafen wird, zeigt sich nicht nur im Bereich der Elektromobilität, wo Firmen wie Tesla die Deutschen abgehängt haben. Im September wurde bekannt, dass der Siemens-Konzern, eines der urdeutschen Traditionsunternehmen, die digitale Zukunft in Fernost sieht und eines seiner globalen Forschungs- und Entwicklungszentren nach China verlagert.

Bislang konnten wir uns als Land der Dichter und Denker darauf verlassen, mit unseren Ideen und Tugenden im internationalen Wettbewerb auf vielen Gebieten die Nase vorn zu haben. Doch wir sind dabei, unsere Zukunftschancen zu verspielen – und das fängt genau dort an, wo die Grundlagen für den deutschen Wohlstand gelegt werden: in den Schulen, auch wen sie noch so klein sind! (ots)

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen