DLI-Sommerakademie thematisiert Gottesdienstformen in neuen Lebensräumen

Trier – Die Seelsorgeräume vergrößern sich, und das nicht allein im Bistum Trier. Neben der Eucharistiefeier – für die meisten Gläubigen noch immer das Herzstück aller Gottesdienste – haben sich in den deutschen Bistümern vielfältige Feierformen entwickelt, die das Glaubensleben vor Ort weiterhin lebendig halten, etwa Wort-Gottes-Feiern und Andachten. Neue Formen, neue Orte und neue Akteure – wie kann die Pastoral darauf reagieren, aktiv gestalten und zugleich die Qualität der Gottesdienste sichern? Ideen, Forschungsergebnisse und konkrete Beispiele haben rund 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 18. Sommerakademie des Deutschen Liturgischen Instituts mit dem Titel „Liturgie und Lebensraum“ vergangene Woche in Trier ausgetauscht. Eine Entwicklung fällt dabei besonders ins Auge: Immer mehr Ehrenamtliche übernehmen Verantwortung bei der liturgischen Gestaltung.

„Gottesdienst soll begeistern“, erklärte Manuel Uder vom Deutschen Liturgischen Institut (DLI) Trier im Abendgespräch, bei dem er mit Dr. Michael Dörnemann (Bistum Essen) und Pfarrer Carsten Rupp (Bistum Trier) über „Liturgie im Lebensraum“ diskutierte. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Dr. Nicole Stockhoff, die die Fachstelle Gottesdienst und das Referat für Liturgie im Bistum Münster leitet, und Dr. Marius Linnenborn, Leiter des DLI. „Der Bezug zum aktuellen Lebensraum eines jeden Einzelnen im Gottesdienst ist ein unabdingbarer Faktor für dessen Gelingen“, sagte Uder mit Blick auf die Ergebnisse der Teilprozessgruppe Liturgie im Bistum Trier, die im Mai ihren Abschlussbericht veröffentlicht hat. Es komme darauf an, die unterschiedlichen Lebenswege und -räume der Menschen im Blick zu haben und sie auf ihrem jeweiligen Weg zu stärken, so Dörnemann, der gleich ein konkretes Beispiel lieferte: Unabhängig von der Taufe bietet die Ruhrdiözese Segensfeiern für Babys und werdende Eltern an. So komme man auch mit denjenigen in Kontakt, die unsicher seien, ob sie ihren Nachwuchs überhaupt taufen lassen möchten. Dabei sei vor allem wichtig, „die Freiheit der Menschen zu achten“. Das Angebot, das auf die spezifische Lebenssituation des Paares eingeht, habe sich bereits mehrfach bewährt.

Es gelte, die Vielfalt der Gottesdienste zu entdecken und zugleich die Qualität der Liturgie zu sichern, erklärte Stockhoff. Ebenso wichtig sei es, die Qualität des Sonntagsgottesdienstes in den Blick zu nehmen, ergänzte Linnenborn. „Beides ist wichtig. Aus der Spannung, die zwischen der Bedeutung der zentralen Eucharistiefeier und den speziellen Gottesdienstformen vor Ort entsteht, Energie zu schöpfen, ist eine aktuelle Herausforderung.“

So strukturell verschieden die Diözesen, so unterschiedlich sind auch die Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen im Hinblick auf sinkende Mitgliederzahlen und gesellschaftliche Wandlungsprozesse. Im Ruhrbistum etwa identifizieren sich die Menschen stark mit den Ortsteilen, in denen sie leben, so Dörnemann. Die Herausforderung, vor der die Pastoral in Essen stehe, sei, mit der Diskrepanz zwischen ärmeren und reicheren Stadt- und Ortsteilen umzugehen. In Ersteren seien sozial-pastorale Formen besonders nachgefragt, in Letzteren legten die Gläubigen eher Wert auf „ganz traditionelle Formen“. Im Bistum Trier erlebt Pfarrer Rupp eher eine Kluft zwischen ländlichen und städtischen Räumen. Gerade auf dem Land beschäftige die Gläubigen die Frage nach der regelmäßigen Durchführung von Gottesdiensten in immer größeren pastoralen Räumen. „Daran sieht man allerdings, dass das primäre Erkennungsmerkmal für die Katholische Kirche in Deutschland immer noch der Gottesdienst ist.“

Einige liturgische Dienste, die früher Priestern und Diakonen vorbehalten waren, werden inzwischen von ehrenamtlichen Laien geleistet. Ein Beispiel: Seit 2015 haben sich im Bistum Essen 45 Ehrenamtliche dafür qualifiziert, Begräbnisse zu leiten. Dies entlaste nicht nur die Hauptamtlichen, sondern zeige auch, dass der Begräbnisdienst eine ureigene Aufgabe der Gemeinde ist, schreibt das Bistum Essen in einer Pressemeldung vom Mai 2019. „Bislang haben wir zahlreiche positive Rückmeldungen dazu bekommen“, berichtet der Pastoraldezernent des Ruhrbistums Dörnemann. Auch im Bistum Trier sollen Ehrenamtliche bald Beerdigungen durchführen dürfen, so steht es im Synodenabschlussdokument von 2016. Ein Pilotprojekt im Dekanat Neunkirchen hat die Arbeit im März 2019 aufgenommen.

Am Vorabend von Mariä Himmelfahrt hatten die Tagenden die Gelegenheit, das Kirchenprojekt sredna der Trierer Herz-Jesu-Kirche zu besuchen. Unter dem Motto „anders. sehen, hören, schmecken“ organisieren dort engagierte Menschen aus der Pfarrei St. Matthias, der Katholischen Gehörlosengemeinde und dem Dekanat Trier gemeinsam mit Pfarrer Ralf Schmitz inklusive Gottesdienste und schaffen Raum für Begegnungen. Im Anschluss feierten die Gläubigen mit Bischof Dr. Stephan Ackermann die Eucharistie. „Gott kommt, um sich einzumischen in den Lebensraum der Menschen. Und Sie ahmen diese Bewegung nach, indem Sie auf die Menschen zugehen“, sagte er den Anwesenden in seiner Predigt.

Das Deutsche Liturgische Institut mit Sitz in Trier widmet sich der Liturgieforschung, ist Mitherausgeber der Zeitschrift GOTTESDIENST, veröffentlicht Gottesdiensthilfen sowie aktuelle Anleitungen zur Arbeit mit dem Gotteslob und fördert Forschungsprojekte von Theologiestudierenden.

Weitere Informationen gibt es unter www.liturgie.de, per E-Mail an dli@liturgie.de oder Tel.: 0651-948080.

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