Kinder kopfüber ins Klo gehalten

Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen ehemalige
Mitarbeiterinnen einer Jugendhilfeeinrichtung in Daleiden

Trier. Die Staatsanwaltschaft Trier hat gegen zwei ehemalige Mitarbeiterinnen einer Jugendhilfeeinrichtung in Daleiden im Alter von 26 und 29 Jahren Anklage wegen Nötigung in jeweils zwei Fällen zum Amtsgericht Prüm erhoben. Gegen zwei weitere Mitarbeiter im Alter von 39 und 51 Jahren hat die Staatsanwaltschaft jeweils den Erlass eines Strafbefehls wegen Nötigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.400 Euro bzw. wegen Körperverletzung und Nötigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 700 Euro beantragt.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen besteht der hinreichende  Verdacht, dass in mehreren Einzelfällen Mitarbeiter der Jugendhilfeeinrichtung auf verschiedene Verhaltensweisen der untergebrachten Kinder mit unangemessenen erzieherischen Maßnahmen reagierten, die nach Auffassung der Staatsanwaltschaft die Straftatbestände der Nötigung bzw. der Körperverletzung erfüllen. Die Jugendhilfeeinrichtung mit Sitz in Daleiden betreibt mehrere Wohngruppen an verschiedenen Orten, in denen Kinder und Jugendliche untergebracht sind. Die Tatvorwürfe betreffen Ereignisse, die sich sämtlich in einer der von der Einrichtung betriebenen Wohngruppen, einer Wohngruppe in Daleiden, zutrugen.

Die beiden ehemaligen Mitarbeiterinnen, gegen die Anklage erhoben worden ist, waren als Erzieherinnen in der Wohngruppe in Daleiden tätig. Ihnen wird vorgeworfen, in einem bzw. in zwei Fällen untergebrachte Kinder gegen deren Willen kopfüber in eine Toilettenschüssel gehalten zu haben. In einem der beiden Fälle sollen beide Angeschuldigten gemeinschaftlich, in dem anderen Fall die 26jährige Angeschuldigte gemeinsam mit einer jugendlichen Heimbewohnerin gehandelt haben. Auslöser für die Vorfälle soll in einem Fall gewesen sein, dass das betroffene Kind zu laut war; der andere Fall soll sich aus einer Art „Wasserschlacht“ heraus entwickelt haben, die sich Kinder nach dem Mittagessen geliefert hatten. Nach den bisherigen Erkenntnissen wurden die betroffenen Kinder jeweils an Armen und Beinen ergriffen und kopfüber bis zum Haaransatz in eine Toilettenschüssel gehalten. Hierbei wurde die Spülung betätigt, so dass die Haare der Kinder nass wurden. Die Angeschuldigten ließen sich hierbei zwar offenbar von dem übermütigen Verhalten der Kinder anstecken. Die Anklage geht jedoch davon aus, dass sie sich des entgegenstehenden Willens der Kinder bewusst waren.

Der 29-jährigen Angeschuldigten wird darüber hinaus zur Last gelegt, einem untergebrachten Minderjährigen, der sie provoziert und beleidigt hatte, befohlen zu haben, sich in einem Zimmer im Nebengebäude der Wohngruppe aufzuhalten und dort auf einer auf dem Boden liegenden Matratze zu übernachten. Der fragliche Gebäudetrakt befand sich gerade in Renovierung. Die Angeschuldigte soll außerdem angeordnet haben, dass das Kind während der Dauer des Zimmerarrests statt der üblichen Mahlzeiten als Nahrung nur Wasser und Brot erhalte.

Mit diesen Maßnahmen wollte sie unter anderem erreichen, dass sich das Kind bei ihr entschuldige. Der Junge verbrachte zwei Tage in dem Zimmer, das allerdings nicht abgeschlossen war und zu den Mahlzeiten verlassen werden durfte. Nachdem er sich entschuldigt hatte, wurde die Maßnahme aufgehoben. Hunger musste er nicht erleiden, da ihn eine andere Erzieherin heimlich mit Essen versorgte. Ein weiterer Mitarbeiter der Wohngruppe, der dort als Hausmeister beschäftigt war, ist nach dem Ergebnis der Ermittlungen hinreichend verdächtig, ein untergebrachtes Kind, über das er sich wegen respektlosen Verhaltens geärgert hatte, ergriffen, zu Boden gebracht und dort gewaltsam fixiert zu haben. Gegen ihn besteht nach Auffassung der Staatsanwaltschaft der hinreichende Tatverdacht der Körperverletzung und Nötigung. Der Leiterin einer anderen Wohngruppe der Einrichtung in Arzfeld, die zugleich Mitgesellschafterin der Jugendhilfeeinrichtung ist, wird vorgeworfen, einen untergebrachten Jungen, der geäußert hatte, die Wohngruppe verlassen zu wollen, in die Wohngruppe nach Daleiden verlegt zu haben. Um ihn von seinem Vorhaben abzubringen, sei er dort in dem unbewohnten Nebengebäude unter Zimmerarrest gestellt worden und habe das Zimmer, das nicht abgeschlossen war, nur zu den Mahlzeiten verlassen dürfen. Der Junge soll drei Tage in dem Nebengebäude verbracht haben, bis er unter dem Eindruck der Maßnahme wieder um Rückverlegung nach Arzfeld gebeten habe. Wegen dieses Sachverhalts hat die Staatsanwaltschaft Trier den Erlass eines Strafbefehls wegen Nötigung beantragt.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen