Bewusst das Handwerk gewählt: Lehrlinge berichten über ihre Motive und Ziele

KOBLENZ. Mit der Woche der Berufsbildung stellen Wirtschaft und Politik die Ausbildung, Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe wie auch Bildungsstätten in den Mittelpunkt. Die klare Botschaft lautet: Eine Ausbildung im Handwerk bietet weitreichende Chancen und ist ideale Grundlage für die weitere Karriere, ob als Geselle oder Meister, Betriebsführung oder Studium eingeschlossen. Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt traf zum Auftakt Lehrlinge und Vertreter des Handwerks und von Bildungseinrichtungen.

Lehrlinge, Ausbilder und Leitung des Bundesbildungszentrums des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Mayen tauschten sich im Rahmen der „Woche der Berufsbildung“ mit Wirtschaftsstaatssekretärin Daniela Schmitt (4.v.l.) sowie HwK-Präsident Kurt Krautscheid (5.v.r.) und Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich (3.v.r.) aus, rechts Peter Dinkelbach, der jüngst seine Ausbildung mit dem besten Prüfungsergebnis unter 100 Absolventen beenden konnte.

Im Bundesbildungs-zentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Mayen, im Kfz-Unternehmen Autohaus Scherhag wie auch im Autolackierzentrum am Mittelrhein in Koblenz gab es Informationen aus erster Hand und viele interessante Gespräche. Denn nicht nur die Spitze der Handwerkskammer (HwK) Koblenz und die Geschäftsführungen an beiden Orten standen zusammen mit Ausbildern Rede und Antwort, auch die Lehrlinge oder frischgebackenen Gesellen informierten über ihre Pläne und den Ausbildungsalltag.

Daniela Schmitt machte bei diesen Gesprächen klar, dass „Ausbildung eine hervorragende Grundlage für eine erfolgreiche Berufskarriere ist – auch und insbesondere für Abiturienten.“ Denn mit dem 21-jährigen Peter Dinkelbach, der im Unternehmen von HwK-Präsident Kurt Krautscheid zum Dachdecker ausgebildet wurde, unterstrich ein Abiturient: „In der Schule wurde mir von einer Handwerksausbildung abgeraten. Ich solle lieber studieren gehen.“ Nun hat Peter Dinkelbach als bester Absolvent unter 100 Prüfungsergebnissen seine Ausbildung zum Dachdecker beendet und ist froh, diesen Weg eingeschlagen zu haben.

Hat ein Herz fürs Handwerk: Daniela Schmitt (von rechts) mit dem jahrgangsbesten Junggesellen Peter Dinkelbach und weiteren Lehrlingen des Dachdeckerunternehmens Krautscheid um ihren Geschäftsführer und Kammerpräsidenten Kurt Krautscheid (2.v.l.).

Eine Ausbildung öffnet alle Türen für eine erfolgreiche Berufslaufbahn. Darauf hat Daniela Schmitt bei ihrem Besuch im Bundesbildungszentrum des Deutschen Dachdeckerhandwerks in Mayen hingewiesen. Sie sprach anlässlich der vom Wirtschaftsministerium initiierten Woche der Berufsbildung mit Lehrlingen und ihren Ausbildern. Viele haben nach dem Abitur eine handwerkliche Ausbildung begonnen und diese Beispiele zeigen, dass das Handwerk eine Perspektive auch nach dem Gymnasium oder dem Studium sein kann, so Schmitt. „Handwerk liegt im Trend und die Karriereaussichten sind sehr gut. Wer seinen Meister macht, kann ein eigenes Unternehmen gründen oder als Nachfolger ein bestehendes übernehmen, sich seine eigene Existenz aufbauen und Berufs- und Arbeitsleben den eigenen Bedürfnissen entsprechend gestalten. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal und nicht in jedem Beruf möglich“, sagte Schmitt und motivierte alle jungen Menschen, sich um eine der noch rund 5.000 freien Ausbildungsstellen im Handwerk in Rheinland-Pfalz zu bewerben.

„Als Kammerpräsident ist mir wichtig, nicht nur über Ausbildungsengagement und hohe Ausbildungsqualität zu reden. Das leben wir im eigenen Betrieb auch vor und stellen jedes Jahr mindestens einen Lehrling ein“, ging Kurt Krautscheid auf den Wert der Ausbildung ein. Nun freut er sich zusammen mit Mitarbeiter Peter Dinkelbach über dessen Spitzenergebnis bei der Gesellenprüfung. Dass das Handwerk gerade in den Bauberufen bei den Jugendlichen punktet, unterstreicht die Zahl neuer Ausbildungsverhältnisse. So kann das Dachdeckerhandwerk im Kammerbezirk auf ein Plus von zehn Prozent verweisen. Ähnlich gut schneiden andere Bauberufe ab wie Straßenbauer oder Tischler.

Mit Blick auf alle 130 Handwerksberufe wird aber auch deutlich, wie schwierig die Gewinnung von Jugendlichen in diesem Jahr ist. „Wir haben aufgrund der Corona-Auflagen viele Veranstaltungen und Ausbildungsmessen nicht durchführen können. Praktika und Bewerbungsgespräche waren ebenso betroffen und natürlich hatte auch die Handwerksbetriebe mit Beginn des Shutdowns damit verbundene strukturelle und organisatorische Herausforderungen zu lösen“, erklärt HwK-Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich die Hintergründe des Rückgangs neuer Lehrverhältnisse. Zwar hat sich die Zahl in den zurückliegenden Wochen – auch dank neuer Veranstaltungsformate und zusätzlichem Engagement des Handwerks – leicht verbessert, „doch Stand heute reden wir über ein Minus von rund zehn Prozent. Natürlich nutzen wir auch die Woche der Berufsbildung, um das Handwerk und seine Karrierechancen ins Rampenlicht zu stellen. Und wenn man den Jugendlichen zuhört, die eine handwerkliche Ausbildung gewählt haben, sind das absolut nachvollziehbare und konsequente Entscheidungen und jede einzelne mit einer deutlichen Botschaft verbunden. Handwerk bietet Vielfalt, Abwechslung, Zukunft und Befriedigung im Wissen um das, was man leistet. Auch dieses Gefühl ist den Jugendlichen wichtig: Man sieht abends, was man tagsüber geschaffen hat und damit verbindet sich Stolz und Zufriedenheit“.

Gelungenes Beispiel für Integration: Daniela Schmitt (4.v.l.) im gemeinsame Dialog mit Fahrzeuglackierer Abdelmesih Awad (2.v.l.), HwK-Vizepräsident Mark Scherhag (3.v.r), Betriebsleiterin Nina Oertel von Premium Automobile aus Koblenz (2.v.r.), Geschäftsführer des Autohauses Ford Foerster aus Koblenz Dr. Manfred Oertel (r.), Geschäftsführer des Autohauses Opel Fröhlich Patrik Fröhlich (l.) und dem stellvertretenden Betriebsleiter des Autolackierzentrums am Mittelrhein Kevin Thomas (3.v.l.).

Genau das bestätigt auch Awad Abdelmesh. Der 32-jährige Ägypter, der 2015 seine Lehre als Fahrzeuglackierer im Autolackierzentrum Mittelrhein begonnen und 2018 als zweitbester Prüfling abgeschlossen hat, darf als ein Beispiel gelungener Integration gesehen werden und ist für viele andere Vorbild. „Das war anfangs im theoretischen Bereich durch die sprachliche Barriere sehr fordernd. Aber rückblickend bin ich sehr stolz darauf, diese Herausforderung gemeistert zu haben.“

Das Thema Ausbildung wird im Koblenzer Autohaus Scherhag ebenfalls großgeschrieben. Aktuell bildet Inhaber Mark Scherhag fünf Jugendliche zu Kfz-Mechatronikern aus. „Der Fachkräftemangel im Handwerk gibt es nicht erst seit dem Virus, aber er bleibt gerade auch in Zeiten von Corona ein Problem. Wir bilden konsequent aus, denn wir werden langfristig qualifizierte Mitarbeiter benötigen“, bringt der Unternehmer und Vizepräsident der HwK Koblenz Unternehmens- und Kammerphilosophie zum Thema Ausbildung auf einen Nenner.

Weitere Informationen zur Ausbildung im Handwerk bei der Handwerkskammer Koblenz, Tel.: 0261/ 398-351, jens.fiedermann@hwk-koblenz.de

(Fotos: HWK Koblenz)

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