Corona-Regeln in Pflege- und Seniorenheimen gelockert

Trier (dpa/lrs) – Bewohner von Pflegeeinrichtungen in Rheinland-Pfalz dürfen seit Montag wieder häufiger besucht werden und mehr gemeinsam machen. Das sorgt für ein Aufatmen auch bei den Trägern. «Wir haben die Lockerungen mit Erleichterung aufgenommen», sagte etwa der Geschäftsleiter des Geschäftsbereiches Altenhilfe bei der Cusanus Trägergesellschaft Trier, Bernd Wienczierz. Das sei ein weiterer Schritt in Richtung Normalität. Cusanus betreibt zehn Einrichtungen in Rheinland-Pfalz.

Wie konkret die Lockerungen in den Häusern ausfallen, hängt von der Immunisierungsquote in den Einrichtungen ab. Liege diese bei 90 Prozent sei es nun möglich, die Speiseräume zu öffnen und größere Gruppenangebote wie Gedächtnistraining stattfinden zu lassen, erklärte Wienczierz. Die Einrichtungen könnten jetzt wieder wohnbereichsübergreifend arbeiten, die soziale Teilhabe stehe im Vordergrund.

Auch andernorts sind die Lockerungen willkommen. «Wir begrüßen sehr, dass gemeinsame Aktivitäten für alle wieder möglich sind, auch wenn das in Einrichtungen mit niedriger Quote nur unter Einhaltung der Abstandsregelungen möglich ist», sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des AWO-Bezirksverbands Pfalz in Neustadt, Susanne Becker. In den meisten Einrichtungen liege die Quote zwischen 70 und 98 Prozent.

Bei einer Immunisierungsquote der Bewohnerschaft von über 75 Prozent und unter 90 Prozent sieht die neue Regelung vor, dass Besuche von maximal vier Personen pro Bewohnerin oder Bewohner aus maximal zwei Haushalten pro Tag möglich sind – ohne zeitliche Begrenzung. Erst bei einer Quote von über 90 Prozent gibt es keine Einschränkungen der Besuche mehr. Wenn mindestens 90 Prozent der Bewohner einer Einrichtung immunisiert sind, kann auf das Abstandsgebot und das Tragen von Masken verzichtet werden.

Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis oder der Stadt über 100, müssen alle Besucher getestet werden, wie Sebastian Rutten, Geschäftsführer der Pflegegesellschaft Rheinland-Pfalz mit Sitz in Mainz, erklärt. Ausgenommen sind hier laut Verordnung nur Besucher und Besucherinnen, die immunisiert sind.

Die neuen Regelungen seien ein guter Schritt in die richtige Richtung, meint Rutten. Die Menschen in den Einrichtungen hätten unter sehr harten Einschränkungen gelebt. Die schnellen Impfungen Anfang des Jahres müssten jetzt wieder Zugänge zur Familie und Gruppenaktivitäten ermöglichen.

Der größte Vorteil sei, dass mehr Flexibilität bei den Besuchen reinkomme, findet der Sprecher von Pro Seniore, Peter Müller. Das Unternehmen mit Sitz in Saarbrücken verfügt über mehr als 30 Einrichtungen in Rheinland-Pfalz und im Saarland. «Jetzt muss nicht mehr lange vorher ein Termin geplant werden.» Tägliche Besuche seien nun wieder möglich.

Eine Durchimpfung von praktisch allen älteren Menschen in einem Alten- oder Pflegeheim sei fast nicht zu erreichen aufgrund der Fluktuation, berichtete Melanie Müller von Klingspor, Sprecherin des Caritasverbands für die Diözese Speyer. Die Erst- und Zweitimpfungen hätten bereits von Januar bis März stattgefunden, bestätigte auch Katharina Benlioğlu, Sprecherin des DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz in Mainz. Seitdem seien in den Pflegeeinrichtungen beispielsweise Bewohner oder Bewohnerinnen verstorben und neue dazu gekommen. Diese würden gegebenenfalls noch geimpft.

Die soziale Isolation sei für manche Bewohner schlimm und vor allem unverständlich gewesen, sagte Wienczierz von Cusanus. Andere Träger oder Einrichtungsleiterinnen berichten von einer gewissen Gelassenheit der Älteren. «Unsere Bewohner haben das besser getragen als die Angehörigen», sagte zum Beispiel Michaela Sebastian, die das Maternusstift in Altenahr (Landkreis Ahrweiler) leitet. Allerdings sei niemand isoliert worden, viele Angebote hätten auch schon im vergangenen Jahr im Freien und mit Abstand stattfinden können.

Die Einrichtungen seien über sich selbst hinausgewachsen, ist Müller von Klingspor überzeugt. In einem Haus gebe es seit dem vergangenen Jahr eine «Gute-Laune-Beauftragte», die für ebenjene Sorge trage, Jugendliche hätten Post geschickt und Rätselbücher entworfen. «Die Stimmung war nie so ganz schlecht.» Jetzt hätten jedoch manche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ebenso wie Bewohner oder Bewohnerinnen Respekt vor den Lockerungen. «Vorher hatte man
durch die Restriktionen Kontrolle und Sicherheit, dieser Verlust wird von manchen nicht nur positiv gesehen.»

Die meisten hätten die Situation hingenommen, ergänzt Müller. Natürlich freuten sich jetzt alle über etwas mehr Normalität. «Alle wissen aber, dass es noch nicht vorbei ist.»

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