Priester wegen Kindesmissbrauchs vor Gericht

Prozessauftakt
Von Petra Albers, dpa 

Köln (dpa) – Beim Computerspielen, beim Baden, beim Fernsehen: Mehr als 30 Mal soll ein katholischer Priester aus dem Erzbistum Köln Mädchen missbraucht haben, als sie bei ihm zu Besuch waren. Am Dienstag begann vor dem Kölner Landgericht der Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern gegen den 70-Jährigen.

Gleich zu Beginn beantragt sein Verteidiger den Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch die 2. Große Strafkammer entscheidet: Bei der Anklageverlesung dürfen die Zuschauer dabei bleiben. «Das öffentliche Interesse an dem Verfahren ist groß und höher zu bewerten als die schutzwürdigen Interessen des Angeklagten», sagt Richter Christoph Kaufmann zur Begründung.

Der Staatsanwalt verliest die Anklage. Demnach soll der Priester zwischen 1993 und 1999 seine drei Nichten missbraucht haben. Die damals zwischen sieben und 13 Jahre alten Mädchen hatten regelmäßig einzeln bei ihrem Onkel, der damals in Gummersbach tätig war, übernachtet. In der Badewanne oder auf seinem Schoß sitzend soll er sie dann an Genitalien, Brust und Po berührt oder sie sogar vergewaltigt haben. Drei der 31 Fälle stuft die Staatsanwaltschaft als schwer ein.

Zudem soll der Geistliche im Jahr 2011, während seiner Zeit als Krankenhausseelsorger in Wuppertal, eine Elfjährige missbraucht haben, die mit ihrer Freundin bei ihm zu Besuch war. Die Staatsanwaltschaft hatte hierzu erst vor gut zwei Wochen Anklage erhoben, das Gericht hat nun beide Verfahren verbunden. Der bärtige Angeklagte im grauen Pullover sieht während der detaillierten Schilderungen des Staatsanwalts nicht auf und liest die Vorwürfe in seinen Unterlagen mit.

Unter den 38 Zeugen, die die Kammer für die 20 Prozesstage geladen hat, sind auch prominente Kirchenvertreter, die im Kölner Erzbistum früher Verantwortung trugen. Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, einst Personalchef in Köln, soll am 18. Januar vor Gericht erscheinen. Auch den ehemaligen obersten Kölner Kirchenrichter Günter Assenmacher will die Kammer hören.

Der angeklagte Priester war im Jahr 2010 – als Heße Personalchef war – schon einmal angezeigt worden. Doch die Anzeige wurde zurückgezogen und es geschah zunächst nichts. Erst 2019 wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen und führten dann zur Anklage. Somit dürfte auch die Frage eine Rolle spielen, ob Heße seinerzeit den Anschuldigungen gegen den Angeklagten mit der gebotenen Gründlichkeit nachgegangen ist.

Heße selbst hat alle Vorwürfe zurückgewiesen. Als ein im März veröffentlichtes Missbrauchsgutachten im Auftrag des Kölner Erzbistums ihm mehrere Pflichtverletzungen bescheinigte, bot er Papst Franziskus seinen Rücktritt an. Doch der Papst lehnte ab.

Als am ersten Verhandlungstag der Angeklagte aussagen soll, schließt das Gericht die Öffentlichkeit aus. Doch ehe die Zuschauer den Saal verlassen, ergreift der Verteidiger noch kurz das Wort. Und zwar gehe es hier nicht um Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs im Rahmen der Institution Kirche, betont der Rechtsanwalt. «Mein Mandant soll außerdienstlich im privaten Bereich gehandelt haben»

 

 

 

 

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