Schülerin bei Bildungsausschus: Flut verfolgt uns lange

Grafschaft (dpa/lrs) – Vier Monate nach dem tödlichen Hochwasser im Ahrtal rechnen auch junge Flutopfer mit langwährenden Auswirkungen. Die starke psychische Belastung der Anwohner «wird uns, denke ich, noch weiterhin verfolgen», sagte die 16-jährige Realschülerin Bleona Syleimani vor dem Bildungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags am Montag in einer auswärtigen Sitzung in Grafschaft-Lantershofen oberhalb des Katastrophengebiets.

Mit Blick auf ihre eigenen Fluterlebnisse mit einer späten Rettung über einen Balkon sagte Syleimani: «Das Schlimmste war für mich, die Schreie und Hilferufe der Nachbarn zu hören» Die Todesfälle in vielen Familien seien eine große Belastung. Auch der 15-jährige Realschüler Adem Prebeza bezeichnete Hilfeschreie in der Flutnacht als seine schlimmsten Erinnerungen an die Katastrophe. «Wir müssen das immer noch verarbeiten», ergänzte er.

In manchen Schulen im Ahrtal hatte das Hochwasser mit 134 Todesopfern am 14. und 15. Juli nach extremem Starkregen mehrere Meter hoch gestanden. Die Strömung ließ Scheiben zersplittern, Trümmer und Schlamm bedeckten nach der Flut den Boden. Viele Mädchen und Jungen mussten in andere Schulen ausweichen und einen teils weitaus längeren Schulweg in Kauf nehmen.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte kürzlich im Landtag an, alle Schüler sollten im Januar wieder am Ort ihrer Schule oder in einem Ausweichquartier als Gemeinschaft gemeinsam Unterricht haben, Ausnahme seien noch die beiden Förderschulen. 17 Schulen wurden massiv beschädigt, rund 8000 junge Menschen sind betroffen.

Laut Bildungsministerium war es bei der Verteilung von Mädchen und Jungen auf andere Schulen gerade wegen ihrer teils traumatischen Erlebnisse wichtig gewesen, «dass die Klassengemeinschaften möglichst zusammenbleiben. Dies ist in allen Fällen gelungen». Eine Reihe von Schülern müsse indes wohl «noch eine Weile» in Containern unterrichtet werden, «weil beispielsweise einzelne Gebäudeteile noch nicht wieder nutzbar sind beziehungsweise saniert werden».

Zudem sind laut Bildungsministerium alleine im Kreis Ahrweiler zehn Kindergärten sanierungsbedürftig oder müssen neu gebaut werden. Sehr zügig seien Notlösungen gefunden worden: Im Kreisgebiet «wurden für fast alle der rund 860 zerstörten Betreuungsplätze bereits im September stabile Betreuungslösungen gefunden».

Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) betonte im Bildungsausschuss, Schule und Kita seien Heimat für Kinder. Sie sei dankbar, wie viele Helfer bei der Entkernung dieser beschädigten Gebäude mit angepackt hätten, darunter auch Menschen außerhalb des Schulbetriebs.

Die Rektorin der flutgeschädigten Grundschule Bad Neuenahr, Ursula Bell, schilderte die Provisorien und Probleme, die nun ihren Alltag bestimmten. «Heute ging das Wasser nicht», sagte sie beispielsweise. «Das hat Folgen, wie gehen dann über 300 Schüler auf Toilette?» Auch der Förderschulrektor der Janusz-Korczak-Schule in Sinzig, Andreas Schmitt, erklärte: «Fast nichts ist wie vorher, vieles ist ein Provisorium.» Aber strahlende Kinderaugen seien das Wichtigste.

Mehrere Mitglieder der Schulgemeinschaften im Ahrtal betonten in der Anhörung des Bildungsausschusses, die Katastrophe sollte trotz allem auch als Chance genutzt werden, etwa mit innovativem Wiederaufbau von Schulgebäuden und einer engen Verknüpfung von Grundschulen und Kindergärten. Der Schüler Adem Prebeza schlug am Rande der Sitzung eine modernisierte Digitalisierung bei den Schulsanierungen vor.

 

 

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