Trierer Amokfahrt aus Frust? Anklage wegen fünffachen Mordes

Trier (dpa/lrs) – Knapp fünf Monate nach der Amokfahrt in Trier hat die Staatsanwaltschaft den Fahrer wegen fünffachen Mordes angeklagt. Zudem wirft die Behörde dem 51-jährigen Deutschen versuchten Mord in 18 weiteren Fällen vor, davon 14 Mal in Tateinheit mit gefährlicher oder schwerer Körperverletzung, wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Trier mitteilte.

Der Amokfahrer war am 1. Dezember 2020 mit seinem Sportgeländewagen (SUV) durch die Trierer Fußgängerzone gerast. In der Absicht, «möglichst viele Menschen zu töten oder zumindest zu verletzen», sei er «wahllos und gezielt auf Passanten» zugefahren, die «arglos» unterwegs waren, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bei der Tat wurden fünf Menschen getötet: ein neun Wochen altes Mädchen, dessen Vater (45) und drei Frauen im Alter von 73, 52 und 25 Jahren.

Das Motiv des Mannes sei weiter unklar, teilte Oberstaatsanwalt Peter Fritzen mit. «Er hat im Wesentlichen behauptet, an Einzelheiten des Tatgeschehens keine Erinnerung zu haben.» Die Staatsanwaltschaft gehe derzeit davon aus, dass er aus persönlichen Motiven gehandelt habe. Er sei alleinstehend, arbeitslos, ohne festen Wohnsitz und offenbar durch seine persönlichen Lebensumstände frustriert gewesen, hieß es.

Nach vorläufiger Einschätzung eines psychiatrischen Sachverständigen leide er zudem an einer Psychose. Über die Frage der Schuldfähigkeit werde das Landgericht Trier in der Hauptverhandlung entscheiden, sagte Fritzen. Das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen liege noch nicht vor. Anhaltspunkte für eine vollständige Aufhebung der Schuldfähigkeit hätten sich bislang nicht ergeben.

Nach den Ermittlungen war der 51-Jährige am Tattag gegen 13.45 Uhr mit dem schweren SUV in die Fußgängerzone eingebogen und hatte stark beschleunigt. Unter anderem raste er von hinten auf eine Familie zu, die zu einem Einkaufsbummel unterwegs war. Er hielt auf eine Frau auf einem Fahrrad und fuhr ein Ehepaar um. Eine Studentin erfasste er von hinten: Sie wurde durch die Luft geschleudert und war sofort tot.

Die Menschen, die den Angriff überlebten, erlitten erhebliche Verletzungen unterschiedlicher Schwere. Mehrere Personen seien so schwer verletzt, dass sie bis heute klinisch behandelt werden müssten. So befindet sich eine 14-Jährige immer noch in stationärer Reha-Behandlung. Ein 63-jähriger Mann liege seit der Tat in einer Art Wachkoma in einer Klinik. Zudem seien viele der Opfer psychisch traumatisiert.

Der Amokfahrer sei zur Tatzeit alkoholisiert gewesen: Die Alkoholkonzentration im Blut betrug 1,12 Promille. Bei der Fahrt über die 800 bis 900 Meter lange Strecke war er teils mehr als 80 Stundenkilometer schnell. Er habe das Auto als «gemeingefährliches Mittel» eingesetzt, sagte Fritzen. Daher seien die Mordmerkmale der Heimtücke und der Tatbegehung mit gemeingefährlichen Mitteln erfüllt. Der 51-Jährige konnte kurz nach der Tat festgenommen werden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Die Amokfahrt hatte in Trier einen tagelangen Schockzustand und anhaltende Trauer ausgelöst. Bürger stellen vielerorts Kerzen auf: an den Stellen, wo Menschen in den Tod gerissen wurden, und an der Porta Nigra – in Gedenken an die Opfer und deren Angehörige. Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) hatte in den Tagen danach gesagt: «Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht.»

Damit Taten wie diese nie wieder in Trier passieren können, hat der Stadtrat am Mittwochabend ein Konzept beschlossen, um die Innenstadt sicherer zu machen: Die City wird in zehn Zonen aufgeteilt, die durch Barrieren voneinander abgetrennt sind. Eine «Überfahrt» von einer Zone in eine Nachbarzone ist damit nicht mehr möglich. «Damit soll verhindert werden, dass Fahrzeuge auf langen geraden Strecken eine hohe Geschwindigkeit aufnehmen können», sagte ein Sprecher der Stadt. Dazu werden an 38 Orten Poller, massiv verankerte Bänke und Sitzsteine platziert.

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