Staatsmonopolisten haben sich verzockt

Gute Zeiten für Zocker. Nicht etwa, weil die Pläne zur Einführung der Finanztransaktionssteuer vom Tisch wären, es Erleichterungen beim Wetten mit Börsenmänteln gäbe oder der Dax über 6000 gestiegen wäre.

Nein, viel profaner: Das staatliche Monopol für Glücksspiel und Sportwetten in Deutschland ist unzulässig und gilt nicht mehr. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) vergangene Woche entschieden.

Zuletzt bewegte sich das Glücksspiel in Deutschland in einer Grauzone. Nun stellen die höchsten EU-Richter zwar fest, grundsätzlich dürfe ein Land freien Dienstlei-
stungsverkehr und Niederlassungsfreiheit beschränken. Voraussetzung sei aber, dass in diesem Fall damit die Spielsucht bekämpft werde. Den Richtern, die vor wenigen Wochen für die Niederlande ein gegenteiliges Urteil gefällt hatten, ist die intensive Bewerbung des staatlichen Glücksspiels ein Dorn im Auge. Dies widerspreche der Suchtprävention.

Dass staatliche Anbieter wie Oddset oder die Lotto-Gesellschaften auf Online-Angebote verzichteten, hat da nicht geholfen. Die Staatsmonopolisten haben sich verzockt und die Karlsruher Richter offenbar aufs falsche Pferd gesetzt.

Dass die Aktien des SDax-Mitglieds Tipp24 und der österreichischen Bwin mit starken Aufschlägen von der Entscheidung aus Luxemburg profitierten, verwundert nicht. Der private Online-Spielmarkt steht ohnehin vor einer Neuordnung, die beflügelt wird von schleichender Liberalisierung. So haben sich zwei führende Anbieter dieser bislang eher in der Schmuddelecke angesiedelten Branche entschlossen, im Rahmen einer Fusion unter Gleichen künftig auf einer Seite des Tisches zu sitzen: Bwin und die britische Partygaming möchten sich zum europäischen Marktführer im Geschäft mit Poker, Casino, Bingo und Sportwetten per Internet aufschwingen.

Gelingt dies, entsteht die weltgrößte Online-Zocker-Gesellschaft in einem Markt, den die Akteure auf 20 Mrd. Euro für 2012 schätzen. Die obersten Richter helfen dem neuen Riesen nun auf die Sprünge.

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