Das Handwerk steht vor immensen Zukunftsherausforderungen

Die zentralen Themen des diesjährigen Jahresempfangs der Kreishandwerkerschaft Trier-Saarburg bildeten aktuelle Herausforderungen des Handwerks sowie Modernisierungs- und Zukunftspläne in Bezug auf Ausbildung, Umwelt- und Klimaschutz. Als Gastrednerin durfte das Handwerk die Präsidentin der Hochschule Trier Prof. Dr. Dorit Schumann begrüßen.

Foto: Kreishandwerkerschaft Trier-Saarburg

TRIER. „Corona-Pandemie, Materialengpässe, Flutkatastrophe – Diese Themen bewegen uns seit Monaten und stellen das Handwerk vor riesige Herausforderungen. Die Auswirkungen sind fatal und haben uns allen Grenzen aufgezeigt“, so eröffnete Kreishandwerksmeister Gerd Benzmüller seine Rede am Freitag, 05.11.2021, beim Jahresempfang der Kreishandwerkerschaft Trier-Saarburg. Er zeigte sich beeindruckt und dankbar im Hinblick auf die Solidaritäts- und Unterstützungswelle, die die betroffenen Handwerksbetriebe im Zuge des Hochwassers in der Eifel, an der Ahr und in Trier-Ehrang erreicht hat. Noch immer sei die Hilfsbereitschaft enorm, „allerdings werden die Soforthilfen, so wichtig und richtig sie auch sind, keinesfalls reichen; dafür ist das Ausmaß der Zerstörung zu gravierend.“ Zudem sei es notwendig, dass Soforthilfen – wie der Name schon sagt – sofort bei den Betroffenen ankommen und sofort helfen. Dass Novemberhilfen erst im März eintreffen, ist laut Benzmüller inakzeptabel. Auch appellierte der Kreishandwerksmeister an die Politik, hinsichtlich der Versteuerung der Spendengelder nachzujustieren, sodass die Hilfen möglichst vollständig ankommen. Durch Wiederaufbauhilfen sollen Betriebe so schnell wie möglich wieder in die Normalität zurückfinden. Einige Kolleginnen und Kollegen, so Benzmüller, seien jedoch aufgrund des Umfangs ihrer Schäden gezwungen, ihre Betriebe zu schließen. Sie seien „entmutigt, noch mal bei Null anzufangen. Hier müssen wir Mut machen!“

Die Materialengpässe machten allen Bereichen des Handwerks zusätzlich schwer zu schaffen. Durch das Fehlen von Rohstoffen, Vorprodukten und Waren entgehen Betrieben notwendige Umsätze, die gerade nach dem Ende des Corona-Lockdowns dringen benötigt werden. Dazu kommen die stetig steigenden Materialpreise, die zu einer erheblichen Verteuerung beim Bauen führen. Hier ist wiederum die Politik gefragt: „Es muss dringend mit einer Erhöhung der Förderbeiträge nachgesteuert werden. Andernfalls droht ein Einbruch des privaten Wohnungsbaus und der klimapolitisch erforderlichen Sanierungsdynamik“, so Benzmüller.

Zukünftig steht zudem die Modernisierung von Infrastruktur und Verwaltung im Handwerk an, um den Anforderungen der Digitalisierung gerecht zu werden. Auch bedarf es der Sicherung der zwingend notwendigen Fachkräfte. Die berufliche Ausbildung muss attraktiv gemacht werden, nicht zuletzt durch eine stärkere finanzielle Förderung, die die Gleichwertigkeit zur akademischen Bildung hervorhebt. Das Handwerk spielt eine bedeutende Rolle im Voranbringen von Umwelt- und Klimaschutz in Deutschland. „Im Handwerk schreiben wir Umwelt- und Klimaschutz: Alle Techniken und Innovationen, die dafür erforderlich sind, bauen Handwerkerinnen und Handwerker.“ In Zukunft wird beispielweise auch der Bereich Smart-Home und E-Mobility immer stärker werden. Diese Voraussetzungen bieten für junge Menschen eine attraktive und vor allem sichere berufliche Perspektive. Bundesweit gibt es zurzeit 31.000 offene Ausbildungsplätze; im Kammerbezirk Trier sind 500 Stellen noch unbesetzt. Das Handwerk stehe vor „immensen Zukunftsherausforderungen“, so fasst Benzmüller die aktuelle Lage zusammen.

 

Hochschule und Handwerk – Eine „Verzahnung von Wissenschaft und Anwendung“

Prof. Dr. Dorit Schumann stellte im Rahmen ihrer Präsidentschaft an der Hochschule Trier und des diesjährigen 50. Jubiläums der Hochschule den Zusammenhang zum Handwerk heraus. Die Hochschule Trier gehört zu den größten Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Rheinland-Pfalz und steht damit, so Schumann, für die „Verzahnung von Wissenschaft und Anwendung“. Im Fokus stehen neben Praxis- und Zukunftsorientierung in erster Linie die Studierenden selbst, die nach der langen Zeit coronabedingter Distanzierung und Einschränkungen nun geradezu nach Aktivität „lechzen“.

In den handwerklich-orientierten dualen Studiengängen, wie beispielsweise Maschinenbau, Wirtschaftsinformatik und Elektrotechnik, findet das hochschulische Leitkonzept der Vernetzung von Theorie und Praxis seinen Ausdruck. Dahingehend lädt Schumann die Anwesenden aus allen Bereichen des Handwerks dazu ein, Kontakt zu der Hochschule herzustellen und ihren Beitrag zu der anwendungsorientierten Forschung zu leisten sowie den Studierenden die Möglichkeit zur praktischen Anwendung des Erlernten zu geben. So kann eine direkte Verknüpfung zwischen Praxis und Wissenschaft stattfinden, von der beide Seiten profitieren.

Ebenso zentral für die Hochschule sind die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, welches sich in dem Aufbau der Studiengänge widerspiegelt und die Studierenden somit optimal auch auf die Zukunftsziele des Handwerks vorbereitet. Schumann sieht in der starken Kooperation zwischen Hochschule und Kreishandwerkerschaft eine Chance, die Ausbildung anwendungsorientiert und praxisbezogen zu gestalten und damit das Handwerk für junge Menschen sowohl attraktiv als auch zukunftsfähig zu machen.

Ehrung des Ehrenamts

Zum Abschluss des Jahresempfangs verliehen Gerd Benzmüller und die Hauptgeschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Bärbel Schädlich die Goldenen Ehrennadeln für jahrzehntelange ehrenamtliche Arbeit im Handwerk. Auszeichnungen erhielten Bäcker- und Konditormeister Reiner Lind, Karosserie- und Fahrzeugbauermeister Alwin Wagner, Kraftfahrzeugmechanikermeister Helmut Zöllner, Oberstudienrat
Helmut Birkel, die Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister Karl-Heinz Lauterbach und Willi Mattes, Schreinermeister Paul Roth, Steinmetz- und Steinbildhauermeister Konrad Schmitt sowie Landrat Günther Schartz.

 

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